Arztroman Sammelband 8 Romane Februar 2020. A. F. Morland
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Читать онлайн книгу Arztroman Sammelband 8 Romane Februar 2020 - A. F. Morland страница 4
„Was?“ Katja staunte. „Unsere Mutter?“
„Sie hat mich einem pensionierten Telekom-Beamten vorgestellt, und sie hat ihn dabei sehr eigenartig angesehen“, berichtete Jürgen Möhner. Er räusperte sich. „Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich kann mir einen anderen Mann an der Seite unserer Mutter nur sehr schwer vorstellen.“
„Sie ist seit acht Jahren allein, Jürgen. Ich finde, sie hat ein Recht auf eine schöne, erfüllende und harmonische Zweisamkeit und auf ein neues Glück mit einem anderen Mann nach dem allzu frühen Tod unseres Vaters. Soll sie bis an ihr Lebensende allein bleiben und trauern?“
„Sie ist unsere Mutter“, sagte Jürgen Möhner. „Was immer sie tut, wie immer sie ihr Leben in Zukunft gestalten wird – ich werde mir Mühe geben, mich irgendwie damit abzufinden.“
„Das ist die richtige Einstellung“, lobte Katja ihren Bruder. „Bist ein braver Junge, Jürgen.“
5
Nach dem Abendessen holte Dr. Sören Härtling eine Flasche Moselwein aus dem Keller und setzte sich mit seiner Frau Jana auf die Terrasse.
Während er einschenkte, sagte er: „Ich befinde mich in Gesellschaft einer ebenso schönen wie intelligenten Frau, in den Gläsern funkelt goldener Wein, der Abend ist warm, still und friedlich … Ich muss sagen, ich bin rundum zufrieden.“
„Danke für das Kompliment“, sagte Jana Härtling und stieß mit ihm an.
„Auf dein Wohl, Liebes“, sagte der Klinikchef sanft. Da seine Frau Mitinhaberin der Paracelsus-Klinik war (ihr Vater Prof. Dr. Walter Paracelsus hatte das renommierte Krankenhaus vor mehr als vier Jahrzehnten gegründet) und da sie zudem ebenfalls Ärztin war und sich für alles interessierte, was in dem Klinikum geschah, das ihr Mann seit vielen Jahren sehr erfolgreich, umsichtig und souverän leitete, erzählte Sören ihr von der neuen Internistin, die von morgen an zum Team gehören würde.
„Sie ist tüchtig und beliebt, ist eine hervorragende Diagnostikerin, strebsam, zuverlässig und kompetent – ein echter Glücksfall für die Klinik.“
Jana hob die Augenbrauen. „Und sie ist bildschön.“ Sie hatte Dr. Katja Arndt vor zwei Wochen kennengelernt, als sie vor der Paracelsus-Klinik auf ihren Mann gewartet hatte.
„Ja, das ist sie“, bestätigte Sören Härtling, „aber warum erwähnst du das?“
Er musterte seine Frau mit schmalen Augen.
Jana zuckte mit den Schultern. „Nur so.“
Dr. Härtling setzte sich mit einem Ruck gerade. „Schatz, du denkst doch nicht etwa, ich hätte sie nur ihrer Schönheit wegen aufgenommen? Wenn sie sich nicht fachlich qualifiziert hätte, hätte sie ganz sicher keinen Vertrag bekommen.“
Jana Härtling schmunzelte. „Ich werde Schwester Annegret bitten, ein Auge auf dich zu haben.“
„Also hör mal …“
„Kann es schaden?“
„Also, Schatz, ich muss schon sagen …“
Jana legte lachend die Hand auf seinen Arm. „War doch nur ein Scherz, Liebster, reg dich wieder ab. Ich weiß doch, dass Katja Arndt keine Gefahr für unsere Ehe ist.“
„Ist sie auch nicht“, brummelte Sören Härtling.
„Sag’ ich ja.“ Jana beugte sich zu ihm hinüber und gab ihm einen zärtlichen Kuss. „Ich liebe dich, Sören Härtling, und ich würde keiner Frau raten, ihre rot oder sonstwie lackierten Krallen nach dir auszustrecken, denn ich würde mein Eheglück mit Klauen und Zähnen verteidigen. Du gehörst mir, mir ganz allein. Heute. Morgen. Immer.“
Sören widersprach nicht, denn er war damit sehr einverstanden.
6
Die Spiel- und Wettleidenschaft, die Katjas Bruder vorhin angesprochen hatte, war eine echte Belastung für die Ehe der jungen Ärztin.
Wenn sie ihren Mann nicht so sehr geliebt hätte, wäre dies ein triftiger Grund gewesen, sich von ihm zu trennen, bevor er sie mit in den Abgrund riss, dem er bereits vor geraumer Zeit beängstigend nahe gekommen war. Doch da sie trotz allem Kummer nicht ohne Norbert leben wollte, war es ihr unmöglich, ihn einfach seinem Schicksal zu überlassen und so zu tun, als ginge er sie nichts an, als wäre er für sie nichts weiter als irgendein x-beliebiger Fremder.
Norbert war selbständiger Handelsvertreter. Derzeit ging das Geschäft nicht besonders gut, aber wenn er die Finger von den Karten ließ, so dass sich nicht wieder ein neuer erdrückender Schuldenberg anhäufte, den abzubauen sie in der Vergangenheit jedes Mal sehr viel finanzielle Substanz gekostet hatte, brauchten sie nicht am Hungertuch zu nagen.
Katja ging in die Küche und holte sich ein Glas Orangensaft, dann warf sie einen Blick in Norberts Büro. Walnussgetäfelte Wände, zum Bersten volle Holzregale, auf dem großen Schreibtisch eine pilzförmige Lampe, ein PC, ein Laserdrucker, ein Telefon, ein Faxgerät, ein Modem, ein Laptop, Norberts Handy …
Norberts Handy!
Er ging niemals ohne dieses Ding aus dem Haus, um immer und überall für jedermann erreichbar zu sein, damit ihm kein gutes Geschäft entging. Wenn Norberts Mobiltelefon hier war, musste auch er hier sein. Es war noch nie vorgekommen, dass er das Handy (seit er eines besaß) zu Hause vergessen hatte. Oder doch. Einmal.
Aber da war er fast hundert Kilometer zurückgefahren, um es zu holen.
„Norbert?“ Katja verließ das Büro ihres Mannes. Sie trank den Orangensaft und stellte das Glas weg. War Norbert oben im Schlafzimmer? Hatte er sich hingelegt? War er müde? Fühlte er sich nicht wohl?
Er hatte seit fast einem Monat nicht mehr gespielt, hatte jeglicher Versuchung widerstanden und wacker gegen seine bedrohliche Sucht angekämpft.
„Norbert!“ Katja stand unten vor der Treppe und rief nach oben. Ihr Mann antwortete nicht. Hatte er doch zum ersten Mal sein Handy vergessen? Alles passiert irgendwann einmal zum ersten Mal, dachte die Ärztin, während sie langsam die Stufen hinaufstieg.
Im Obergeschoss blieb sie kurz stehen. Die Stille im Haus war erdrückend. Wie bedauernswert sind Menschen, die das Schicksal zwingt, ihr Leben lang allein zu sein und immer in einer so grausamen Stille leben zu müssen, dachte Katja. Ohne Aussicht, dass sich daran jemals etwas ändert.
Die Tür zum Bad war offen. Das Licht der Sonne durchdrang das gerippte Glas des großen Fensters und ließ die Bodenfliesen auf eine beinahe unnatürliche Weise strahlen. Katja ging daran vorbei und öffnete die Schlafzimmertür. Norbert war da. Er lag angezogen auf dem Bett und schlief. Nicht einmal die Schuhe hatte er abgestreift. Wenn er das in einem dieser amerikanischen Filme sieht, beredet er es immer, dachte die Ärztin, und jetzt macht er es schon selbst.
Katja Arndt trat näher. Norbert schnarchte. Um diese Zeit! Katja beugte sich über ihn. Irgendetwas schien nicht in Ordnung zu sein.