Die Giftmischerin. Bettina Szrama

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Die Giftmischerin - Bettina Szrama

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mon aimant! Madame, blumengleich und kaum zu unterscheiden von einer Tulpe oder einem Maiglöckchen. Eure Schultern sind so rund, die Brüste voll, und da ist eine Taille, die sich mit den Händen umspannen lässt. Welch göttliche Schönheit!«, rief er erstaunt. Provozierte sie mit einem ihm eigenen Zynismus und schmeichelte ihr. Aber er meinte es stets ehrlich, wenn er so zu ihr sprach, und hatte auch in diesem Moment das Empfinden, der schönsten Frau, die ihm je begegnet war, gegenüberzustehen.

      »Lass mich dich meinen Kameraden vorstellen, meine Liebe. Besonders meinem besten Freund darf ich ein solches Kleinod nicht vorenthalten«, bat er sie.

      Die schillernden, immer noch kichernden Damen interessierten ihn jetzt nicht mehr. Er wedelte mit den Händen, und sie hörte, wie er den davon schwirrenden Paradiesvögeln ein leises »Scht … scht …!« nachschickte. Dann trat er hinter sie. Sie sah ihn im Spiegel, lässig, mit einem Blick voller Sinnlichkeit und Ironie. Eine seltsame Mischung Mann aus verworfener Weichheit, Eitelkeit und sinnlichem Begehren. »Bleibst du nach dem Fest bei mir?«, fragte sie leise, obwohl sie längst wusste, dass ihre Frage unbeantwortet bleiben würde.

      »Aber Madame, wir haben Verpflichtungen«, lächelte er ausweichend und legte ihr sanft die langen, schmalen Finger um den Hals. Gesche spürte ein feines, betörendes Kribbeln auf ihrer Haut und schloss für einen Moment die Augen. Als sie die Lider vorsichtig öffnete, zierte eine goldene Kette mit funkelnden blutroten Steinen ihr Dekolleté.

      »Ein Geschenk für dich, meine Liebe, als Ausdruck meiner Bewunderung.« Die roten Smaragde, eine wunderschöne Filigranarbeit, ein Meisterwerk, verwandelten ihren weißen Hals in den einer Königin. Augenblicklich hatte sie die Ängste um die Schwangerschaft vergessen. Die blauen Augen bekamen ihren Glanz zurück, und sie betrachtete entzückt das Geschmeide.

      »Oh, wie wunderschön, Gerhard«, hauchte sie, »die Steine passen so gut zu dem roten Spitzenkleid.« Sie schickte einen triumphierenden Blick zu den beiden Damen, die sich nun, eifrig kokettierend, mit zwei Offizieren trösteten.

      Gnädig reichte sie Miltenberg die Fingerspitzen ihrer kleinen Hand. »Du hast mich schon viel zu lange warten lassen, Gerhard«, schmollte sie. »Nun stell mich rasch deinem neuen Freund vor. Ich bin nur allzu begierig darauf, ihn kennenzulernen.«

      Die Klänge zu einer Passacaille, einem spanischen Volkstanz, setzten ein, und die ersten Paare drehten sich in schnellen Menuettschritten, als Gerhard mit Gesche an der Seite in den Saal trat. Gesche suchte mit den Augen nach den Eltern und fand sie an einem der überfüllten Tische längsseits der Tanzfläche. Der Vater und die Gesellen lärmten und prosteten sich gegenseitig zu. Wie die anderen rauchten sie Zigarren und diskutierten, wie es zurzeit üblich war, über den neuen Kaiser, während die Mutter zwischen den älteren Damen der Schneiderzunft steif nach der Tochter Ausschau hielt. Gesche erwiderte den Blick der Mutter, in Gedanken nochmals bei den robengeschmückten Damen in den Gängen. Sie sah den Neid in ihren Blicken, den sie geschickt hinter wedelnden Fächern zu verbergen wussten, und auch die Bewunderung, die ihr ihre Ehemänner entgegenbrachten. Miltenberg aber zog sie eilig hinter sich her, hinauf zu einer Gruppe Kaufleute an der oberen Tanzfläche neben dem Orchester. Dorthin hatte sich eine auffällig gekleidete Gruppe zurückgezogen. An den eleganten, aber auch nachlässigen Anzügen der Herren erkannte Gesche die oberen wohlhabenden Bürger. Als sie an Miltenbergs Arm näher trat, brachte man ihr sogleich die Ehrerbietungen einer Dame ihres Standes entgegen. Wolfgang von Post küsste, erfreut über das Zusammentreffen, ihre Fingerspitzen und meinte laut, damit es alle hören sollten: »Ist Madame nicht ein wunderschönes Kleinod. Schön wie unsere Königin Luise. Aber mir scheint, sie ist momentan ebenso traurig. Liegt es etwa an Euch, Miltenberg?«

      »Mein Freund, Ihre Anbetung für meine Ehefrau geht über das Maß hinaus«, drohte ihm Miltenberg lachend mit dem Finger. »Meine Gattin genießt ihr neues Glück mit mir! Ein solches Juwel ist eines Dichters wert und nicht mit der Königin zu vergleichen.«

      »Monsieur von Post, ich bin kein Opfer wie unsere Königin«, gab Gesche geschmeichelt zurück. »Mein Gatte hat recht. Natürlich würde auch ich mit meinem hungernden Volk leiden. Aber ich würde mich nicht den Schmähungen und Kränkungen Napoleons aussetzen wie Luise, sondern den Kaiser zu Fuß bewegen, in Preußen Abbitte für die beklagenswerten Opfer in Auerstedt zu tun.«

      Die witzige, geistreiche Antwort rief eine allgemeine Heiterkeit unter den Herren hervor, und augenblicklich wurde Gesche zum Mittelpunkt der Gesprächsrunde.

      »Aber, dem Herrn sei Dank, sind wir nicht von derartigen politischen Ereignissen betroffen. Unsere Schöne hat vollkommen recht. Uns Bremer Bürgern ergeht es doch bisher nicht schlecht unter der Herrschaft des französischen Kaisers. Die Seefahrt steht in ihrer vollen Blüte genauso wie die Handelsverbindungen mit dem jungen Amerika. Wir pflegen unsere Beziehungen zu Paris, und unser Geistesleben erfährt derzeit eine Blüte wie noch nie.«

      Der Mann, der diese Worte gesprochen hatte, beteiligte sich als Letzter an dem geistreichen Wortgeplänkel. Bisher im Hintergrund mit dem Gymnasialprofessor in ein angeregtes Gespräch vertieft, begab er sich nun, neugierig geworden, an die Seite Miltenbergs, wo er sich, der Etikette gemäß, charmant vor ihr verneigte.

      Neugierig legte sie den Kopf etwas in den Nacken und suchte amüsiert seine Augen. Doch der Blick, der sie aus den tiefbraunen Augen traf, verwirrte sie. Verdrossen über die verräterische Röte in ihrem Gesicht, versuchte sie, mit äußerlicher Gelassenheit das Klopfen in der Brust zu beruhigen. Sie lächelte höflich hinter halb geschlossenen Lidern, während er ihre Hand an seine Lippen zog. Ein weiterer Blick aus den geheimnisvollen Augen ließ sie erschauern und ihre Knie weich werden, so weich, dass sie sich an Miltenbergs Arm stützen musste.

      »Übrigens, meine Liebe, darf ich dir hiermit meinen neuen Geschäftsfreund Herrn Gottfried vorstellen? Er wohnt schon seit längerer Zeit unserem Haus gegenüber«, hörte sie Miltenberg sagen und schickte heimlich ein Dankesgebet zum Himmel. Als Herr Gottfried Miltenberg darauf antwortete: »Du gestattest mir doch, beim Bankett neben diesem bezaubernden Geschöpf zu sitzen, Gerhard?«, vergaß sie Miltenberg und die gerade noch durchlebten Ängste. Ja, selbst die Angst vor dem heranwachsenden Kind wurde plötzlich zur Nebensächlichkeit.

      »Es wird mir eine Ehre sein, mein Herr, Sie an meiner Seite zu wissen«, antwortete sie artig und plauderte rasch weiter, in der Furcht, sie könnte sonst seine Aufmerksamkeit verlieren. »Darf ich so vermessen fragen, welchem Broterwerb der Herr nachgeht?«

      Gottfried suchte belustigt ihre Augen und dachte: Sie ist hübsch. Sie ist wunderschön. So müssen Elfen aussehen. Mit einem Seitenblick auf Miltenberg antwortete er: »Sieht man mir das nicht an, Madame?«

      Gesche verneinte und schielte heimlich, erneut bis unter die Haarspitzen errötend, zu der über dem Hinterteil straff sitzenden Hose und den wohlgeformten Waden. Unauffällig wanderte ihr Blick weiter zu dem eng sitzenden zweireihig geknöpften Rock, der sich über einer breiten Brust spannte und einen kräftigen, gesunden Körper erahnen ließ, bis hinauf zu dem Halstuch, welches das energische, etwas vorstehende Kinn umschloss. Gehalten wurde es von einer Brosche aus grünlich schimmerndem Topas, die er mit einer sicheren Handbewegung vom Tuch löste und ihr galant an das Mieder steckte, als er ihre Bewunderung für das schöne Stück bemerkte.

      »Eine schöne Frau sollte sich immer mit Verehrern und Brillanten schmücken. Davon kann es nie genug geben«, lächelte er charmant und ließ Gesche dabei nicht aus den Augen.

      »Nehmt es als Geschenk von einem weiteren Bewunderer Eurer Schönheit«, schmeichelte er und zog ihre Hand erneut an seine Lippen. »Aber ich handele nicht mit Diamanten, Madame, sondern mit edlen Weinsorten, der köstlichsten Freude eines Mannes neben der Schönheit eines Weibes.«

      »Gottfried ist Weinreisender und kommt viel in der Welt umher. Er

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