Schmelzendes Eis. Elizabeth Johns
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Ihr Cousin Easton folgte ihr nach draußen und lehnte sich an eine Balustrade in der Nähe.
„Vergib mir, falls ich unhöflich war. Habe ich überreagiert?“, fragte Jolie ihren Cousin, ohne aufzublicken.
Easton haderte einen Moment mit der Antwort.
„Nein. Wenn er um Erlaubnis gefragt hätte, um dir seine Aufwartung zu machen, vielleicht. Aber einen Heiratsantrag durch einen Anwalt überbringen zu lassen ist sehr antiquiert und zeugt von schlechtem Geschmack, auch wenn er ein Duke ist.“
Jolie räusperte sich zufrieden. Sie hatte sich wegen ihrer dramatischen Ablehnung vor den beiden Anwälten geschämt. Das hatte sie nicht gut gehandhabt.
„Die Sache ist, ich kenne Yardley seit Eton und ich bin erstaunt“, bemerkte Easton.
„Du kennst diesen einsiedlerischen Duke?“ Jolie sah ihren Cousin an, ohne die Bewunderung in ihrer Stimme zu verbergen.
Easton lächelte. „Sogar sehr gut.“
Jolie war trotzdem beeindruckt. „Stimmt es denn, was man über ihn sagt? Ich muss gestehen, ich weiß nur wenig über ihn, nur das eine oder andere, was ich gehört habe, von einer Scheidung und einem Duell. Ich war ziemlich jung damals und Maman wollte mir nicht alles erzählen. In der Stadt wird er kaum erwähnt außer als der einsiedlerische Duke.“
„Wie oft sind Gerüchte zutreffend?“, antwortete Easton mit einer Gegenfrage.
„Etwas davon entspricht sehr oft der Wahrheit“, entgegnete sie.
„Er ist geschieden, aber seine Frau starb. Es ist nicht alles so, wie die Gesellschaft es dargestellt hat.“
„Habe ich einen Fehler gemacht?“ Jolies Laune sank.
„Nein. Würdest du in einer solchen Beziehung glücklich sein?“ Er hielt seine Hände hoch. „Trotz deiner Proteste?“
Jolie dachte einen Moment nach, bevor sie antwortete. „Nein, vermutlich nicht. Aber ich habe auch nie gedacht, dass ich aus Liebe heiraten würde.“
Easton lachte in sich hinein. „Von allen drei Schwestern bist du diejenige, die ich am meisten für eine Liebesheirat geeignet finde. Wenn du dir nur selbst zusehen könntest, wie du mit Tieren umgehst und dabei dein sanftes Herz sehen, dann würdest du vielleicht anders darüber denken.“
„Gut möglich“, sagte sie zweifelnd. „Ich war immer davon ausgegangen, einmal eine gute Ehe zu führen und meinen Ehemann zu respektieren. Ich denke, das reicht mir.“
„Würdest du Yardley nicht als passenden Partner in Erwägung ziehen?“, fragte Easton mit erhobenen Augenbrauen. „Es würde schwierig sein, eine noch bessere Position in der Gesellschaft zu erhalten.“
„Du überraschst mich, Cousin. Gerade dir sind Status und Gesellschaft unwichtig. Ich habe den Mann noch nicht einmal getroffen.“
„Durchaus zutreffend. Allerdings, dein Vater ist nicht hier und ich versuche mein Bestes, weise Ratschläge zu erteilen.“
Sie lachte. „Du hast recht. Meine Schwestern würden nicht glauben, dass ich einen Duke abgelehnt habe.“
„Man hat dich verspottet und ich glaube, du weißt, dass du ein Minimum an Respekt verdienst. Selbst der Titel einer Duchess wäre es nicht wert, sich selbst zu erniedrigen.“
„Danke, Easton“, sagte Jolie leise, dankbar, dass ihr Cousin sie unterstützte.
„Du solltest dir dennoch alle Möglichkeiten offenhalten. Wenn Yardley eine Frau braucht, wird er über kurz oder lang in Erscheinung treten. Wenn er dich will, dann sorge dafür, dass er dich anständig fragt.“
„Er hat vermutlich seinen Anwalt schon zu der nächsten, glücklichen Lady auf der Liste geschickt.“
„Vielleicht hat er das. Aber ich denke, du solltest dich darauf vorbereiten, ihn zu treffen. Vielleicht änderst du dann deine Meinung.“
„Niemals.“
Jolie entschuldigte sich, da sie ihre Reitsachen ausziehen wollte. Easton sah auf den Kanal in der Ferne und überlegte, wie er mit dieser unerwarteten Entwicklung umgehen sollte. Und auch, ob er sich auf der Seite seiner Cousine oder der seines Freundes einbringen sollte. Solange ihre Eltern in Schottland weilten, war er für Jolie verantwortlich.
„Bedrückt dich etwas, Liebling?“, fragte Lady Easton, die von ihren engen Freunden Elly genannt wurde, als sie sich zu ihrem Ehemann gesellte und sich auf die Balustrade stützte.
Easton lächelte sie an und beugte sich zu ihr, um sie auf den Kopf zu küssen. „Ich überlege, ob ich Jolie sagen soll, dass Yardley zu Besuch kommen wird oder nicht.“
„Weil er ein Duke ist?“, fragte Elly mit schelmischem Gesichtsausdruck. Sie wusste von Jolies angeblichem Wunsch, eine Duchess zu werden.
„Ja und nein.“ Easton erzählte Elly, auf welche Art und Weise Yardley einen Heiratsantrag über seinen Anwalt geschickt hatte.
„Kennen sie sich überhaupt nicht?“
„Nein. Jolie kennt nur seinen Ruf. Ich habe keine Ahnung, was ihn dazu veranlasst hat, ihr das anzubieten.“
„Ich kann nicht glauben, dass er das getan hat“, sagte Elly mit gerunzelter Stirn.
„Ich muss gestehen, ich bin auch sehr überrascht. Allerdings, du bist eine der wenigen Frauen, die er toleriert. Er ist einfach nicht mehr derselbe in Gesellschaftskreisen seit seiner ersten Ehe.“
„Ist das der Grund, warum er seinen Anwalt geschickt hat? Ich kann kaum glauben, dass er sich so verhält, nach allem, was ich von ihm kenne. Ich hätte gedacht, dass er und Jolie gut zusammenpassen.“
„Er ist immer noch verbittert und hat eine schlechte Meinung von den meisten Frauen.“
„Aber Jolie ist eine erstklassige Reiterin und liebt Tiere. Von ihrer Schönheit ganz zu schweigen. Er könnte gar nicht anders, als sie lieben. Wenn er sich die Zeit nehmen würde, um sie kennen zu lernen, natürlich.“
„Ich frage mich, warum er Jolie ausgewählt hatte. Eigentlich frage ich mich, warum er sich überhaupt dazu entschieden hat, wieder zu heiraten. Das passt so gar nicht zu ihm.“ Easton schüttelte den Kopf. „Wie dem auch sei. Er wird bald hier sein und kann diese Fragen beantworten. Soll ich ihn darum bitten, bei seiner Mutter unterzukommen? Ihr Landsitz ist nicht weit entfernt.“
„Lass mich darüber nachdenken“, sagte Elly. „Ich möchte erst mit Jolie darüber sprechen. Ich habe allerdings eine Idee.“
„Sollte ich Angst haben?“, neckte Easton sie.
„Natürlich nicht!“ Elly stieß ihn spielerisch mit dem Ellbogen an, wie sie es bei ihrem Bruder tun würde. „Ich werde dir Bescheid sagen, sobald ich sehe, wie aufgebracht sie ist und dann entscheiden, wie wir am besten mit der Situation umgehen.“
„Sehr wohl. Benedict ist einer meiner ältesten