Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg страница 25
»Mein Name ist Dr. Ott. Ich hätte Sie gern im Haus von Frau Hagen gesprochen, gnädiges Fräulein, wenn das möglich wäre.«
Nanni nickte. Sie wusste genau, was man hinter ihrem Rücken tuscheln würde. Es war nicht aufzuhalten. Bei einer Beerdigung waren die Leute noch mitteilsamer als sonst, und es gab eigentlich kaum etwas, woran sie sich nicht erinnerten. Doch das hörte sie glücklicherweise nicht, denn sie fuhr mit Dr. Ott zu Teresa Hagens Haus, das still und verlassen lag. Nur die alte Kathi hatte noch ausgeharrt und empfing sie mit rotgeweinten Augen.
»Ist niemand sonst hier?«, fragte Nanni.
»Nein, was ich Ihnen zu sagen habe, ist nur für Sie und Kathi bestimmt«, sagte Dr. Ott freundlich. »Nehmen Sie doch bitte Platz, gnädiges Fräulein.«
»Ich war am Samstag noch bei ihr – und dann, als sie starb, mit Herrn Campen«, sagte Nanni leise.
»Ich weiß. Das Testament wurde schon vor Jahren abgefasst. Es ist auch nicht mehr geändert worden. Es besteht keinerlei Zweifel an der Richtigkeit dieser Bestimmungen. Sie wurden im Besitz völliger Geisteskraft niedergeschrieben, und es steht außer Zweifel, dass Sie, Fräulein von Willbrecht, die Alleinerbin sind. Für Kathi hat Frau Hagen ein Zweizimmerappartement in einem Altenwohnheim gekauft, wo sie bestens untergebracht sein wird.«
»Das hat die liebe gnädige Frau für mich getan«, schluchzte Kathi. »Aber wer soll denn die Gräber pflegen? Ich kann doch nicht jeden Tag so weit zum Friedhof gehen.«
»Die Gräber werde ich pflegen, Kathi«, sagte Nanni gepresst. »Sie können sich darauf verlassen.
»Sie haben es ja auch bisher immer getan«, sagte Kathi. »Die gnädige Frau hat Ihnen das nie vergessen, Fräulein Nanni.«
Habe ich genug getan?, fragte sich Nanni. Hätte ich nicht auch für sie mehr tun müssen? Wie ist es alten Menschen zumute, die immer allein sind? Wie würde es mir zumute sein, wenn ich nur mit einer unwiederbringlich verlorenen Vergangenheit leben müsste?
Dr. Ott hatte seine Papiere vor sich ausgebreitet. »Da wäre also dieses Haus, mit dem Frau Hagen den Wunsch verknüpft hat, dass es zu einem Altenwohnheim umgestaltet wird. Das nötige Kapital dazu wäre vorhanden, allerdings liegt die letzte Entscheidung bei Ihnen, gnädiges Fräulein.«
»Es soll alles so werden, wie Frau Hagen es wünschte«, sagte Nanni leise.
»Der Schmuck und das Privatvermögen fallen Ihnen ohnehin zu«, fuhr er fort. »Ich werde Ihnen alles nachher überreichen. Es befindet sich im Safe im Hause. Als Letztes wären dann noch die Anteile an der Fabrik, die Frau Hagen von ihrem Vater erbte. Das Werk war wohl nicht mehr ertragreich. In ihren letzten Lebenswochen leitete sie noch eine größere Fusion ein mit einem Industrieunternehmen. Darüber bin ich nicht hinreichend informiert worden. Meines Wissens nach wurden die Verfügungen so getroffen, dass Sie von der Werksleitung direkt verständigt werden und dann entscheiden können, ob Sie Ihre Anteile ablösen oder selbst behalten wollen.«
Nanni war völlig verwirrt. »Davon weiß ich nichts«, erwiderte sie.
»Davon wusste auch hier niemand. Frau Hagen hat hier ein bescheidenes Leben geführt und ihre Gewinnanteile bekommen. Ob Sie reich sind, kann ich Ihnen nicht einmal sagen, denn diesbezüglich hat Frau Hagen andere Verfügungen getroffen. Doch ich denke, dass Sie allem ganz gelassen entgegensehen können. Sie sind zu beglückwünschen, Fräulein von Willbrecht. Es handelt sich um ein beträchtliches Vermögen.«
»Aber womit habe ich das verdient?«, stammelte sie.
»Dafür wird es mehrere Gründe geben. Auch in der heutigen Zeit wissen Menschen Treue zu schätzen, und Frau Hagen hatte niemand außer Kathi, dem sie so sehr zugetan gewesen war. Ich bin überzeugt, dass sie die richtigen Bestimmungen getroffen hat.«
*
Wie im Traum trat Nanni den Heimweg an. Sie konnte das alles noch nicht begreifen. Still und bescheiden hatte Teresa Hagen dahingelebt, und niemand hatte gewusst, welches Vermögen hinter ihr stand.
Der Zufall wollte es, dass Lilo Lüdke ihren Weg kreuzte. Nanni erntete einen giftigen Blick, ging aber rasch weiter. Verborgen würde es dem Ort nicht bleiben, wenn man sich auch darum bemühte. Lilo würde es vermutlich beinahe zerreißen.
Wenig später war sie mit ihren Gedanken doch wieder bei Jan. Ob er schon in Ankara war? Warum hatte er nicht wenigstens noch einmal angerufen? Kam jetzt schon die Angst und die Eifersucht?
»Nun, Kind«, wurde sie von ihrer Mutter empfangen, »was war?«
»Tante Tresi hat mich zur Haupterbin eingesetzt«, erwiderte sie leise.
Frau von Willbrecht strich ihr über das Haar. »Sie hat eben doch immer ihr Schwiegertöchterchen in dir gesehen, Nanni.«
»Aber wir wissen doch nicht, was gekommen wäre, Mutti«, schluchzte Nanni. »Ich bin nicht glücklich bei diesem Gedanken.«
»Dann wird sich ein Weg finden, dass du andere damit glücklich machen kannst, mein Kind«, sagte Annemarie von Willbrecht. »Was hast du nun vor? Willst du wieder nach Sophienlust fahren?«
»Nicht gleich, Mutti. Es gibt so viel zu bedenken.«
»Rubinchen wird sich schon wohlfühlen in Sophienlust«, meinte ihre Mutter.
Nanni musste an ihren letzten Besuch bei Tante Tresi denken, und erst jetzt wurden ihr deren Worte voll bewusst. Sie hatte ihr damit etwas sagen wollen, was sich in die Zukunft richtete und nicht in die Vergangenheit. Ja, so hatte Tante Tresi ihre Worte wohl begriffen haben wollen. Dennoch konnte Nanni nicht viel damit anfangen, denn was für sie wichtig war, lag fern und im Ungewissen.
*
Jan war an diesem Morgen pünktlich wie immer in seinem Büro, und auch Suliman erschien wenig später. Yasmin war allerdings nicht erschienen.
»Miss Haman ist sonst eigentlich immer pünktlich«, sagte Jan entschuldigend.
Suliman sah ihn staunend an. »Miss Haman?«, fragte er. »Doch nicht Yasmin?«
»Gewiss Yasmin Haman.«
»Erstaunlich«, erklärte Suliman. »Man hat sie also behalten.«
»Sie ist eine ausgezeichnete Sekretärin«, stellte Jan fest.
Das zumindest glaubte er Yasmin schuldig zu sein.
»Sehr interessant. Gewiss ist sie eine ausgezeichnete Sekretärin, aber auch eine ausgezeichnete Spionin. Sollte das Dr. Peschke unbekannt sein?«
»Das müsste erst bewiesen werden«, sagte Jan aufgebracht. Das fehlte ihm gerade noch.
»Keine Erregung, mein Freund«, sagte Suliman gelassen. »Keine Spionin im üblichen Sinn. Eine charmante junge Dame, die ihre Chancen zu nutzen weiß, um sich bei maßgeblichen Stellen Ansehen zu verschaffen. An geheime Dokumente kommt sie wohl auch nicht heran.«
Blitzschnell überlegte Jan, ob Yasmin während dieser Zeit nicht doch Einblick in manche Dokumente gehabt hatte, die nur für seine Augen bestimmt gewesen waren. In seinem Kopf herrschte aber völliges Durcheinander.
»Sie