Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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»Ich habe den ganzen Nachmittag gebetet und Gott angefleht, unsere Mary …« Die Stimme der alten Frau brach.
»Mary lebt. Ich spüre, dass sie lebt. Aber ich fliege mit der nächsten Maschine nach Deutschland. Nicht wahr, Barbara, du kümmerst dich um die Kinder?«
»Selbstverständlich tue ich das. Ich habe mein Bündel schon mitgebracht, weil ich mir dachte, dass ich gebraucht werde. Sollen wir es den Kindern sagen?«
»Noch nicht, Barbara. Ich …«
»Daddy, ich habe gelauscht!«, rief Daisy von der Tür her. »Ich möchte mitfliegen.«
»Daisy, das ist unmöglich.«
»Daddy, ich möchte aber zu Mummy. Sie liegt bestimmt in einem Krankenhaus und wartet auf uns. Bitte, nimm mich mit!« Flehend hob das Mädchen die Hände.
»Ich möchte auch mit.« Jeremy wusste zwar nicht, worum es ging, aber er wollte auf keinen Fall allein zu Hause bleiben.
»Vielleicht ist es sogar gut, wenn du die Kinder mitnimmst. Mary wird sich nach ihnen sehnen.«
Roy telefonierte mit dem Flughafen in London. Er bekam Plätze in der Frühmaschine des nächsten Tages. Am Abend erhielt er dann ein Telegramm von der Fluggesellschaft, der die Chartermaschine gehörte, mit der Bitte, zum Unfallort zu kommen, um die Schwerverletzten und Toten zu identifizieren.
Daisy las das Telegramm ebenfalls. Erst dadurch kam ihr die Tragweite des Unglücks voll und ganz zu Bewusstsein. Auch bemerkte sie die Tränen in den Augen ihres Vaters. Sie umfasste seine Hand und sagte: »Mummy ist bestimmt nicht tot.«
»Ich hoffe, dass du recht hast. Ich hoffe es von ganzem Herzen.« Roy wandte sich hastig ab, weil er seine Tränen nicht mehr zurückhalten konnte.
Barbara hatte Jeremy schon zu Bett gebracht und packte nun einen Koffer für die drei. »Du musst jetzt auch ins Bett gehen, Daisy«, sagte sie. »Ihr müsst morgen in aller Frühe aufstehen.«
Daisy nickte und sagte dann gute Nacht. Als Barbara mit ihr kommen wollte, bat sie: »Bleib lieber bei Daddy. Er braucht dich, Barbara. Ich gehe immer allein zu Bett.«
Dann stieg Daisy die Treppe hinauf. Seit einem Jahr hatte sie ihr eigenes Zimmer. Es war eine Kammer mit einer Schrägwand. Vor dem kleinen Fenster hingen geblümte Gardinen. Aus demselben Stoff war auch die Tagesdecke über ihrem Bett. Als Daisy sie zurückschlug, dachte sie daran, dass das bisher ihre Mummy jeden Abend getan hatte.
»Mummy, du bist bestimmt nicht tot«, flüsterte Daisy. Sie zitterte vor Müdigkeit, als sie sich im Bett ausstreckte. Wie gebannt blickte sie auf das vom Mondlicht erhellte Fensterviereck.
Plötzlich hörte sie ein leises Kratzen an ihrer Kammertür. »Tommy!«, rief sie leise. »Ich mach dir schon auf.« Sie stieg wieder aus dem Bett und öffnete die Tür.
Mit eingezogenem Schwanz schlüpfte der Hund ins Zimmer.
»Tommy, armer Tommy, ich habe dich vergessen«, flüsterte Daisy und umarmte den Hund. »Aber ich mache mir solche Sorgen um Mummy. Nicht wahr, Mummy lebt?« Daisy begann nun zu weinen. Langsam und schwer tropften die Tränen aus ihren Augen.
Tommy leckte ihr über die Hände und drückte dann seine kalte Schnauze an ihr Gesicht. Eine Träne tropfte darauf, sodass er niesen musste.
Daisy hörte zu weinen auf. »Komm zu mir, Tommy«, bat sie und schlüpfte wieder unter die Bettdecke. Das ließ sich der Hund natürlich nicht zweimal sagen. Daisy schlang einen Arm um seinen Rücken. Bald darauf waren beide eingeschlafen.
Roy, der noch einmal in die Kammer hineinblickte, lächelte, als er die beiden sah. An und für sich gefiel es ihm nicht, dass der Hund im Bett der Kinder schlief. Aber diesmal ließ er es zu. Fast beneidete er seine Tochter auch um die tröstende Nähe des Hundes.
Roy sehnte mit aller Macht den Morgen herbei. Die nächtliche Stille brachte ihn fast an den Rand des Wahnsinns.
*
Roy Bennet und seine beiden Kinder trafen um die Mittagszeit in Frankfurt ein. Jeremys Mund stand keinen Augenblick still, als die drei durch die große Halle gingen. Roy war ihm dankbar für sein harmloses Geplapper, das ihn ein wenig von seiner furchtbaren Angst ablenkte. Daisy dagegen war auffallend still. Immer wieder strich sie ihrem Daddy über den Handrücken.
Roy mietete in Frankfurt einen Leihwagen. Ausführlich hatte man ihm den Weg zu der Unglücksstelle beschrieben. Auch hatte er erfahren, dass die Verletzten im Krankenhaus von Maibach lagen.
Stumm saß er dann am Steuer. Bald fuhr er immer schneller, weil er endlich wissen wollte, woran er war. Er wollte Mary sehen, wollte sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass sie noch lebte.
»Daddy, bitte, fahr nicht so schnell«, bat Daisy ängstlich.
Roy riss sich zusammen. Er drosselte das Tempo. »Ich glaube, dort ist die Abzweigung nach diesem Maibach«, sagte er. Dabei hämmerte sein Herz laut und schmerzhaft gegen seine Rippen.
»Ob Mummy sich sehr freuen wird über unseren Besuch?«, fragte Jeremy plötzlich. »Ich freue mich sehr auf sie, Daddy.«
»Ich auch, Daddy.« Daisy schloss mit kindlicher Zuversicht die Möglichkeit aus, dass ihre Mutter tödlich verunglückt sein könnte. Und Jeremy konnte mit seinen vier Jahren überhaupt noch nicht verstehen, dass er möglicherweise seine Mutter verloren hatte.
Roy bemerkte nichts von der zauberhaften Umgebung Maibachs. Gleich am Anfang des Ortes ließ er sich den Weg zum Kreiskrankenhaus beschreiben. Mit seinen deutschen Sprachkenntnissen war es nicht weit her. Aber trotz dieser Schwierigkeiten erreichte er das Krankenhaus.
»Ihr bleibt am besten erst einmal im Auto sitzen«, sagte er zu den Kindern. »Wenn Mummy noch sehr krank ist, darf sie bestimmt keinen Besuch empfangen. Nicht wahr, Daisy, ich kann mich auf dich verlassen?«
Eifrig nickte das Mädchen, obwohl es am liebsten sogleich mit seinem Vater ins Krankenhaus hineingegangen wäre. Aber dann dachte Daisy an ihre Mutter, auf die sie Rücksicht nehmen musste.
Still saßen die Kinder nebeneinander, als ihr Vater zögernd durch das Portal ging. Daisy faltete ihre Hände und bat Jeremy, das ebenfalls zu tun. »Wenn wir jetzt den lieben Gott bitten, unsere Mummy gesund zu machen, dann wird er es ganz bestimmt tun«, erklärte sie ernst.
Jeremy nickte. Doch dabei dachte er an Tommy, der sicher sehr traurig sein würde ohne sie alle. Barbara hatte den Hund zu sich genommen. Sie würde auch die Hühner und Gänse füttern. Die Leute von der Nachbarsfarm hatten versprochen, die Kühe zu melken.
»Jeremy, du betest ja gar nicht«, warf Daisy dem Bruder vor.
»Ich bete ja schon. Nicht wahr, Daisy, es ist komisch, dass die Leute hier alle so anders sprechen«, meinte er leise. »Was sie sagen, kann ich überhaupt nicht verstehen.«
»Ich auch nicht, Jeremy. Also, sag jetzt, lieber Gott, bitte, mach unsere Mummy wieder ganz gesund.«
*
Während Jeremy ihr die Worte feierlich nachsprach, saß Roy auf einer Bank in der Halle des Krankenhauses. Eine junge Krankenschwester blickte voller Mitleid auf seinen blonden Scheitel. Er