Die Zähmung der wilden Lorinda. Barbara Cartland

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Die Zähmung der wilden Lorinda - Barbara Cartland Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland

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Und eine solche Ächtung, so wurde mir erzählt, ist schlimmer als verbannt zu werden.“

      Der Mann mit der Maske lachte.

      „Ich habe das Gefühl, daß ihr alle, seit ich damals fortgegangen bin, euer Selbstwertgefühl verloren habt, oder sollte ich besser sagen, euren Sinn für Humor?“

      Später in der Nacht, nachdem ein großer Teil der Gäste bereits das Fest verlassen hatte, und die erste zarte Dämmerung die Sterne am Morgenhimmel zu verdrängen begann, fuhren auch die beiden Freunde mit einer Kutsche durch das Portal auf die Hauptstraße zu. Ein Pferdeknecht saß hinten auf dem Sitz. Die Pferde waren von ausgesucht guter Qualität.

      „Hast du dich gut amüsiert?“ fragte der Freund.

      Sein Begleiter, der nun keine Maske mehr trug, antwortete: „Es war mehr eine Enthüllung. Ich hatte zwar gehofft, eine Abwechslung zu erleben, aber daß sie so weit gehen würde, hätte ich nicht gedacht.“

      „Denkst du in diesem Zusammenhang an die Männer oder an die Frauen?“

      „Nun, zunächst einmal war ich erstaunt über den Prinzen. Er ist fett geworden, seine munteren Zechkumpane fand ich alles andere als erheiternd.“

      „Mit dieser Meinung stehst du nicht allein, und wie denkst du über die Frauen, bist du sehr bestürzt?“

      Der Mann lachte auf und sagte: „Ich versichere dir, daß mich so schnell nichts bestürzen kann. Aber es versetzt mich in Schrecken, wenn ich daran denke, daß diese unzüchtigen, verantwortungslosen Geschöpfe die Mütter der nächsten Generation sein werden.“

      „Denkst du daran, etwas dagegen zu unternehmen?“

      „Was glaubst du, was ich tun könnte?“

      „Versuche Lady Lorinda zu bessern. Welch eine Herausforderung für einen Mann wie dich.“

      „Das wäre möglich.“

      „Wer hätte je eine Tigerin gezähmt? Ich wette jede Summe, daß das absolut unmöglich ist.“

      Der Mann, der die grüne Maske getragen hatte, schwieg einen Moment und erwiderte dann: „Eintausend Pfund.“

      „Ist das dein Ernst?“ fragte der Freund ungläubig. Dann lachte er.

      „Die Wette gilt. Den Ausgang dieser wahrhaft heldenhaften Anstrengung möchte ich nicht versäumen, nicht für das Zehnfache der Summe.“

      Sie waren bereits ein Stück gefahren, als er ausrief: „Da wir gerade von Tigerinnen in Menschengestalt sprechen, da vorne ist sie, direkt vor uns.“

      Er deutete auf eine schwarze Reisekutsche, die den Hügel hinauffuhr und eben die ,Spanische Schenke’ passierte. An den Türen der Kutsche war das Wappen der Cambornes erkennbar.

      Die Kutsche war nicht sonderlich auffallend, wäre nicht die Livree des Dieners und des Kutschers so außergewöhnlich gewesen. Anstatt der allgemein üblichen Livreefarben blau, grün oder weinrot, trugen Lady Lorindas Diener Weiß mit Silber abgesetzt.

      Der Mann, der die Maske getragen hatte, betrachtete voller Erstaunen die Kutsche und die Diener. Er bemerkte, daß die Kutsche, als sie den Gipfel des Hügels erklommen hatte und langsam durch eine schmale Durchfahrt zwischen der ,Spanischen Schenke’ und dem Schlagbaum fuhr, abrupt stehenblieb.

      „Was ist los?“ rief der Freund erschrocken aus.

      Er hatte aber auch schon die Erklärung dafür.

      „Guter Gott, Straßenräuber! Lady Lorinda soll ausgeraubt werden.“

      Er benutzte die Peitsche und trieb seine Pferde an.

      Plötzlich hörten sie den Knall eines Pistolenschusses und sahen, wie die Gestalt eines Mannes, der an der geöffneten Tür von Lady Lorindas Kutsche gestanden hatte, rückwärts in den Straßengraben fiel. Ein zweiter Mann, der neben ihm gestanden hatte, lief fort.

      Bevor sich die Kutsche der Freunde genähert hatte, fuhr Lady Lorinda in schnellem Tempo davon. Die Freunde hielten neben dem Straßenräuber. Er lag mit ausgebreiteten Armen und Beinen im Graben, eine Hand hielt noch immer die Pistole umfaßt.

      Seine Maskierung war verrutscht und gab einen besonders abscheulichen, verbrecherischen Gesichtsausdruck frei. Die rote Blutspur auf seiner Brust ließ keinen Zweifel aufkommen.

      Der Kutscher war heruntergesprungen und rief: „Er ist tot, Mylord!“

      Der Freund gab das Kommando zum Weiterfahren und sagte: „Dann haben wir hier weiter nichts zu tun.“

      Sie fuhren schweigend weiter, bis der Mann, der die Maske getragen hatte, fragte: „War da noch jemand in der Kutsche, oder hat das Mädchen den Mann selbst erschossen?“

      „Natürlich hat sie ihn selbst erschossen. Und das war nicht das erste Mal, daß sie schoß“, antwortete sein Freund. Als er fortfuhr, lachte er. „Hier hast du ein vollendetes Beispiel dafür, wie sich die jungen Mädchen heutzutage ihrer Haut zu wehren wissen. Ich hatte schon einige Male etwas darüber reden hören, wie Lady Lorinda mit Straßenräubern und Wegelagerern fertig wird. Nun habe ich es selbst gesehen. Es ist ganz einfach. Wenn ein Räuber die Tür ihrer Kutsche öffnet, zielt sie mit ihrer Pistole auf ihn und schießt ihn tot. Ihre Diener haben keinerlei Arbeit, sie zu beschützen.“

      „Jetzt bin ich aber doch überrascht“, bemerkte sein Freund. „Zu meiner Zeit sind Frauen in solcher Lage in Schluchzen ausgebrochen und warteten auf den männlichen Arm, der sich schützend um sie legte.“

      „Es gibt noch genügend von der anhänglichen Sorte, wenn es das ist, was du bevorzugst. Und dir mit deinem Reichtum werden sie besonders anhängen.“

      Schweigend führen sie dann weiter über Hampstead Heath.

      Lady Lorinda lag mit geschlossenen Augen im Fond ihrer Kutsche. Vorher jedoch hatte sie ihre Pistole erneut durchgeladen, erst dann gestattete sie sich eine Erholung von dem Schrecken.

      Sie wußte, daß Hamstead Heath oft von Straßenräubern heimgesucht wurde. Sie waren ihr genauso zuwider wie die aufdringlichen Liebhaber.

      Lord Edward Hinton war nur einer von ihren vielen Bewunderern, der ein Nein nicht als Antwort gelten lassen wollte. Während sie sich vergegenwärtigte, wie lästig er den ganzen Abend gewesen war, faßte sie den Entschluß, in Zukunft kein Fest mehr zu besuchen, auf dem auch Edward anwesend sein würde.

      Ihr heutiger Gastgeber Lord Wroxford war auch nicht viel zurückhaltender, nur konnte er ihr wenigstens keine Heiratsanträge machen, denn er war bereits verheiratet, und wenn er sie verfolgte, so geschah das mit eindeutig unehrenhaften Absichten. Dies aber war, so fand Lorinda, leichter zu ertragen, weil sie Ulrich auslachen konnte, denn es war eher möglich über den Mond zu springen, als sich vorzustellen, daß sie seine Mätresse werden würde. Und trotzdem fuhr Ulrich in seinen Bemühungen um sie in entweder witziger, zynischer oder amüsanter Weise fort.

      Leider war der Fall Edward schwieriger. Er hatte so oft damit gedroht, sich umzubringen, wenn sie ihn nicht heiratete, daß sie sich schon langweilte, bevor er den Mund öffnete. Und doch wäre er kein unpassender Ehemann, denn wenn sein Bruder weiterhin nur Töchter und keinen männlichen Erben bekam, hatte Edward die Chance, den Herzogstitel zu erben.

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