Die Zähmung der wilden Lorinda. Barbara Cartland
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War das wirklich alles, was sie vom Leben erwartete und erhoffte? Ihr war klar, daß schon morgen all die Witwen und Matronen wieder schnatternd und klatschend über sie herfallen würden wegen ihres nackten Erscheinens als Lady Godiva.
Lord Barrymore, einer der ausschweifend lebenden Peers, hatte gewettet, daß sie das nicht wagen würde. Und das gerade hatte sie zu dem Ritt veranlaßt.
„Ich kann alles machen, was ich will!“ sagte sie laut.
Und sie dachte daran, wie die ganze Geschichte dem König und der Königin in Windsor Castle zugetragen, und ein weiteres Mal auf das schlechte Beispiel und böse Vorbild des Prinz of Wales geschoben werden würde.
,Ach, das ist mir alles egal!’sagte sich Lorinda. Sie sah erleichtert, daß die Fahrt beendet war, denn die Kutsche fuhr gerade vor das Portal von Camborne House vor.
Es war ein großes, unbequemes und ziemlich häßliches Herrenhaus, das vom 7. Earl of Camborne, dem Großvater Lorindas, erbaut worden war. Sie hatte mit einigen Neuerungen das finstere Aussehen des Gebäudes vergessen gemacht. Als der Diener in seiner weißsilbernen Livree die Tür öffnete, stellte sie fest, daß doch alles viel freundlicher wirkte als zu der Zeit, als sie noch ein Kind gewesen war.
„Ist seine Lordschaft zu Hause, Thomas?“ fragte sie.
„Ja, Mylady. Seine Lordschaft ist vor einer halben Stunde nach Hause gekommen und ist in der Bibliothek.“
„Danke, Thomas.“
Sie warf ihren Umhang auf einen Stuhl und schenkte dem entsetzten Blick, mit dem der Diener ihren männlichen Aufzug betrachtete, keine Beachtung. Sie öffnete die Tür zur Bibliothek.
Ihr Vater saß am Schreibtisch in der Mitte des Raumes und lud eine Duellpistole. Als seine Tochter hereinkam, blickte er erstaunt auf. Der Earl of Camborne und Cardis war ein gutaussehender Mann mit grauen Schläfen und der fahlen Gesichtsfarbe eines Menschen, der zu wenig frische Luft bekommt. In den Spielkasinos war es stets schwül und stickig.
Er legte die Pistole mit einer auffallend schnellen Bewegung auf den Tisch und sagte: „Ich habe dich nicht so früh zurück erwartet, Lorinda.“
„Was ist passiert, Papa? Erzähle mir jetzt bitte nicht, daß du die Absicht hast, dich zu duellieren.“
Da ihr Vater nicht antwortete, ging sie zu seinem Schreibtisch und sah ihn an.
„Was ist, Papa?“
Es schien, als wollte der Earl ihr die Antwort verweigern, aber dann warf er sich in seinen Stuhl zurück und sagte trotzig: „Ich wollte mich gerade erschießen.“
„Papa, das kann nicht dein Ernst sein!“
„Ich habe alles verloren, was wir besitzen.“
Lorinda erwiderte nichts. Dann setzte sie sich auf einen Stuhl ihm gegenüber und sagte: „Erzähle mir genau, was passiert ist.“
„Ich habe mit Charles Fox gespielt“, antwortete der Earl.
Lorindas Lippen wurden schmal, denn sie wußte zu gut, daß Charles James Fox der gefährlichste Gegner war, den ihr Vater hätte wählen können. Er war ein nationaler Politiker von enormer Beredsamkeit, dickbäuchig, unordentlich, mit einem Doppelkinn, schwarzen struppigen Augenbrauen und einem außergewöhnlichen Charme. Da der König ihn verabscheute, war er ein naher Freund des Prinz of Wales geworden, der ihn nicht mehr missen mochte. Er war der Sohn eines überaus reichen Vaters und hatte seine Leidenschaft für das Spiel entdeckt. Er und sein Bruder hatten einmal an einem Abend 32 000 Pfund verloren.
Lorinda dachte bitter, daß eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen Charles Fox einmal gewann, ausgerechnet zu Lasten ihres Vaters gehen mußte. Die nächsten Worte des Earls bestätigten ihre Gedanken.
„Ich hatte eine Gewinnsträhne. Eine große Summe war bereits in meinem Besitz. Da wendete sich das Glück und war plötzlich auf der Seite von Charles Fox. Ich dachte, das kann nicht anhalten. Als ich aber einige Zeit später den Tisch verließ, war mir nichts mehr verblieben, was ich hätte setzen können.“
Es entstand eine Pause. Dann fragte Lorinda mit fester Stimme: „Wie viel hast du verloren?“
„100 000 Pfund.“
Das war eine riesige Summe, und doch war sie für viele der reichen Spieler im exklusiven White’s Club durchaus noch zu bewältigen. Für sie aber bedeutete es eine Katastrophe.
Sie besaßen dieses Haus in London und ihren alten Familiensitz in Cornwall auf dem Land. Ihr Einkommen war klein, sie lebten stets über ihre Verhältnisse und in dem Glauben, daß eines Tages ein Glücksumstand eintreten werde. Lorinda hatte ihrem Vater jeden größeren Spielgewinn abgenommen, damit er ihn nicht wieder verspielen konnte. Niemals zuvor allerdings hatte sich ein Spielverlust einer ähnlich hohen Summe genähert.
„Für mich gibt es nur noch einen Ausweg“, sagte der Earl heiser, „und das ist, mich zu erschießen. Fox wird seinen Gewinn nicht fordern können, wenn ich nicht mehr auf der Welt bin.“
„Du weißt ebenso gut wie ich, Papa, daß es sich um Ehrenschulden handelt“, sagte Lorinda. „In einem solchen Falle müßte ich sie zahlen.“
„Ist das wirklich wahr?“
„Natürlich“, antwortete sie. „Wenn du mich mit diesem Schuldenberg zurückläßt, wäre das äußerst schäbig.“
Ihre Stimme war zornig geworden. Sie stand auf, ging zum Fenster und zog die Vorhänge beiseite. Die Sonne ging auf, ihre ersten Spuren verfingen sich oben an den Dachzinnen.
„Ich hatte gehofft“, sagte der Earl hinter ihr, „daß Fox, wenn ich tot wäre, die Schulden streichen würde und dies für dich ein Ausweg wäre.“
„Ein Ausweg für dich, nicht für mich“, erwiderte Lorinda ruhig „Aber was immer man den Cambornes nachsagen mag, Feiglinge sind sie nie gewesen.“
„Verdammt, ich verbiete dir, mich einen Feigling zu nennen“, sagte ihr Vater scharf.
„Ich kann mir nichts feigeres vorstellen, als wenn du dich auf meine Kosten davonschleichen würdest“.
Ihr Vater stieß die Pistole ungeduldig beiseite.
„Wenn du so darüber denkst, dann wird dir vielleicht ein anderer Ausweg einfallen?“
„Es gibt doch überhaupt nur einen einzigen Ausweg“, sagte sie und kam wieder auf den Schreibtisch zu.
„Ich sehe überhaupt keinen Ausweg“, meinte der Earl.
„Gut,