Die Zähmung der wilden Lorinda. Barbara Cartland
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„Warum nicht? Zumindest so lange, bis wir das Haus dort verkauft haben, das heißt, falls wir jemanden finden, der es uns abkauft.“
Der Earl schlug so heftig mit der Faust auf die Schreibtischplatte, daß das Tintenfaß klapperte.
„Ich werde das Heim meiner Vorfahren, deren Stammbaum bis zu den Normannen zurückreicht, nicht verkaufen!“ rief er. „Dazu wird es nicht kommen, daß ein Camborne jemals soweit sinkt, das Geburtshaus seiner Ahnen zu verschleudern.“
Lorinda zuckte mit den Schultern.
„Es wird dir kaum etwas anderes übrig bleiben“, erwiderte sie. „Ich glaube nicht, daß dieses Haus hier mit allem, was es enthält und mit Mamas Juwelen, mehr als 50 000 Pfund bringen wird.“
Der Earl schlug sich die Hände vor die Augen.
„Oh Gott!“ brach es aus ihm heraus, „warum, zum Teufel, war ich ein solcher Narr?“
„Klagen werden dir jetzt wenig nutzen“, meinte Lorinda ungerührt. „Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen, Papa. Und ich nehme an, daß ich mich um alles werde kümmern müssen. Du wirst Charles Fox um einen Zahlungsaufschub bitten müssen, denn innerhalb der üblichen zwei Wochen wirst du die ganzen 100 000 Pfund nicht zahlen können.“
„Muß ich neben meinen anderen Demütigungen vielleicht auch noch auf die Knie vor ihm fallen?“ fragte der Earl ärgerlich.
„Es ist alles deine Schuld“, sagte Lorinda.
Er blickte zu ihr hoch und sah in ihren grünen Augen einen Ausdruck, der ihn wütend ausrufen ließ: „Du lieber Himmel, du könntest mir schon etwas mehr Verständnis entgegenbringen! Hast du denn gar kein Gefühl für mich oder für irgendetwas?“
„Wenn du die Wahrheit wissen willst“, sagte Lorinda, „ich verachte dich.“
Sie machte eine Pause, ihr Vater sagte nichts, und sie fuhr fort: „Ich verachte dich, wie ich alle Männer verachte. Ihr seid alle gleich und so schwach wie Wasser im Bach, wenn es um die Erfüllung eurer Wünsche geht. Von einer Frau aber erwartet ihr, daß sie eure Dummheiten belächelt und über eure Vergehen in Tränen ausbricht. Nun, ich sage dir hiermit ganz klar, daß ich keines von beiden tun werde.“
Sie nahm die Pistole vom Schreibtisch und sagte in scharfem Ton: „Ich nehme das hier mit, denn ich traue dir nicht! Morgen werde ich mit den Vorbereitungen zu dem Verkauf des einzigen Ortes beginnen, der mir jemals so etwas wie ein Zuhause war. Ich hoffe, daß ich einen Liebhaberpreis erzielen kann für die Schätze, die unsere Vorfahren zusammengetragen haben, und für den Schmuck, der meiner Mutter so viel Freude gemacht hat.“
Sie ging auf die Tür zu, drehte sich dann noch einmal um und blickte ihren Vater an. Der Schein der Kerzen fiel schimmernd auf ihr rotes Haar.
„Wenn es dir zu viel Aufregung bereitet“, sagte sie geringschätzig, „würde ich dir empfehlen, sofort nach Cornwall aufzubrechen und zu versuchen, dort etwas Ordnung in die Ruine zu bringen, die uns noch verblieben ist.“
Am späten Morgen wachte Lorinda aus einem tiefen Schlaf auf. Als ihre Zofe die Vorhänge vom Fenster zurückzog, erinnerte sie sich sofort an die Aufgabe, die vor ihr lag. Angesichts der großen Probleme verhielt sie sich dennoch gelassen. Das Bewußtsein um die Unfähigkeit ihres Vaters, ihr bei der Lösung zu helfen, gab ihr Kraft. Sie dachte an ihre Mutter, sie war gestorben, als sie gerade zwölf Jahre alt gewesen war. Ihre Erinnerungen an sie waren liebevoll, gleichzeitig spürte sie, daß sie wenig Ähnlichkeit mit dem sanften, zärtlichen Wesen ihrer Mutter hatte. Sie hatte ihren Mann angebetet, war mit seinem zweifelhaften Lebenswandel einverstanden gewesen, sie hatte nichts unternommen, um das zu ändern.
Lorinda ähnelte mehr ihren Camborne-Ahnen, diesen harten Männern aus Cornwall, die große Schlachten gegen unzählige Feinde geschlagen hatten. Cornwall war das letzte Gebiet im englischen Süden gewesen, das sich damals den angelsächsischen Eindringlingen unterwarf. Und die Cambornes waren die tapfersten Kämpfer gegen König Egbert und seine Herrschaft gewesen.
Durch all die Jahrhunderte hindurch hatten die Cambornes ihre Unabhängigkeit leidenschaftlich verteidigt. In Lorindas Adern war das Feuer erhalten geblieben, das bei ihrem Vater nicht überlebt hatte. Sie würde sich niemandem unterwerfen. Sie rebellierte seit ihrer Kindheit gegen alles, was ihr einen fremden Willen aufzwingen wollte.
Ihre alte Kinderfrau pflegte zu sagen, daß sie sich drehe und wende wie ein kämpfender Ringkämpfer aus Cornwall. Genauso erging es ihr jetzt, da sie sich weigerte, sich in das Unvermeidliche, das ihr Vater jetzt heraufbeschworen hatte, zu fügen.
Lorinda ließ sich schweigend von ihrer Zofe beim Ankleiden helfen und ihr Haar in die modischen, wie vom Wind zerzausten Locken legen, die wie geschaffen dazu waren, ihr kleines, herzförmiges Gesicht vorteilhaft zur Geltung zu bringen.
Sie war nicht klein, im Gegenteil, sie war größer gewachsen als die sonstigen Frauen. Ihre Erscheinung aber war so schlank und graziös, daß in jedem Mann, der ihr begegnete, die Beschützerinstinkte wachgerufen wurden. Und das stand in schroffem Gegensatz zu ihrem erst danach zu entdeckenden eisernen Willen und zu ihrem unbesiegbaren Stolz, der ihre weiche, feminine Schönheit Lügen strafte.
Daß sie eine Schönheit war, konnte nicht in Abrede gestellt werden, und doch bezweifelte Lorinda, als sie jetzt in den Spiegel blickte, ob ihr diese Schönheit irgendein Glück beschert hatte. Sie wußte, daß der einzige Rat von den Damen der Gesellschaft lauten würde: ,Heirate einen reichen Mann!‘
Ihr war, als hörte sie die Worte, und sie wußte, daß es nur zu einfach wäre, dem Werben von Edward Hinton, Anthony Dawlish, Christopher Conway oder den anderen jungen Aristokraten, die ihr ihr Herz zu Füßen gelegt hatten, nachzugeben. ,Jeder von ihnen würde allzu gerne zu mir eilen, wenn ich ihm nur einen kleinen Wink gäbe’, dachte sie, während sie ihre Toilette beendete.
Ihr Stolz bäumte sich auf bei dem Gedanken daran, daß sie einen von ihnen als Ehemann akzeptieren sollte, nur weil es zweckmäßig war. Sie ging die Treppe mit hocherhobenem Kopf hinunter. Nein, sie würde nicht heiraten. Sie machte Pläne für die nächste Zukunft und fühlte sich wie ein Mann, der in den Kampf zog.
Als sie die Bibliothek betrat, sah sie, daß ihr Vater nicht im Bett gewesen war. Er schlief in einem Ohrensessel neben dem Kamin, und die leere Karaffe zu seinen Füßen sprach eine eigene Sprache.
Sie schüttelte ihn hart an den Schultern.
„Wach auf, Papa!“ Sie bemerkte, daß er nach Schnaps roch. „Wach auf, Papa!“ sagte sie noch einmal.
Endlich öffnete der Earl seine blutunterlaufenen Augen.
„Oh, du bist es, Lorinda, was willst du?“
„Ich will, daß du dich wäschst und umziehst“, antwortete sie. „Es ist Morgen und es gibt Frühstück, falls du etwas essen willst.“
Der Earl schauderte.
„Gib mir was zu trinken!“
Lorinda wußte, daß es keinen Sinn hatte, mit ihm zu streiten. Sie ging zu einem Tablett mit Flaschen und schenkte ihm ein Glas Kognak ein, dann hielt sie ihm das Glas verächtlich hin.
Er nahm es und trank es in einem Zug leer.
„Wie