Der Landdoktor Staffel 1 – Arztroman. Christine von Bergen

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Der Landdoktor Staffel 1 – Arztroman - Christine von Bergen Der Landdoktor Staffel

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meine noch gar nichts, Ulrike«, erwiderte er sachlich. »Morgen werde ich mehr sagen können.«

      Wieder schwiegen sie eine Weile.

      »Ein so junger Mensch«, murmelte Ulrike. »Weiß Thomas es überhaupt schon?« Fragend sah sie ihren Mann an.

      »Sie war auf dem Weg zu ihm und ist dabei verunglückt.«

      »Du musst ihm Bescheid sagen.« Sie sprang auf, hielt ihm das tragbare Telefon entgegen.

      Er schüttelte den Kopf. »Ich habe es ihr versprochen. Sie will es ihm selbst sagen.«

      Ulrike setzte sich wieder. Er nahm ihr gegenüber am Stubentisch Platz. Ihre Hände fanden sich auf der Mitte der geblümten Decke.

      »Ach, Ulrike«, murmelte Matthias. »Das sind die schlimmen Stunden in meinem Beruf. Wenn ich Menschen helfen kann, empfinde ich diesen Erfolg jedes Mal wie ein Geschenk einer höheren Macht. Für meinen Patienten wie für mich. Denn letztendlich liegt die Heilung nicht in meiner Hand. Aber wenn ich sehe, dass ich …«

      »Matthias.« Seine Frau richtete sich auf und entzog ihm gleichzeitig ihre Hand. »Was sagst du immer zu mir? Man soll die Hoffnung nie aufgeben. Das ist dein Lebensmotto, das schon vielen Trost gegeben hat. Jetzt gib du die Hoffnung nicht auf. Tu was!«

      Er lächelte sie an.

      Das liebte er so an ihr. Wenn er den Mut verlor, baute sie ihn wieder auf.

      »Du übersiehst in diesem Fall, dass man nicht alles mit seinem Willen beeinflussen kann«, musste er ihr trotz allem antworten. »Ich bin Mediziner und weiß die Werte einer Blutuntersuchung zu lesen.«

      »Dennoch«, erwiderte seine Frau mit fester Stimme. »Wir müssen jetzt Schritt für Schritt vorgehen. Im Moment denke ich an Thomas. Er wird erfahren, dass Sophie einen Unfall hatte. In Ruhweiler spricht sich alles schnell herum. Einer der Polizisten muss nur heute Abend im Gasthaus von dem Unglück erzählen. Ich meine, er sollte nicht morgen von einem seiner Kunden erfahren, dass die Frau, die er liebt, hier bei uns im Krankenzimmer liegt. Du musst es ihm sagen.«

      Matthias hob den Kopf und sah sie an, als wäre er gerade in die Wirklichkeit zurückgekehrt. »Du hast recht. Ich werde ihn morgen früh sofort anrufen. Heute Abend wäre Sophie ohnehin noch zu schwach, um Besuch zu empfangen.«

      *

      »Ich muss sofort zu Frau Wittmer.« Mit diesen Worten stürmte Thomas Seeger am nächsten Morgen in aller Früh die Landarztpraxis.

      »Moment mal, junger Mann«, hielt Schwester Gertrud ihm ent­gegen. Sie baute sich vor ihm auf. »Die Patientin braucht unbedingt noch Ruhe …«

      »Guten Morgen, Thomas«, sagte da Matthias Brunner vom Ende des Flurs. Er stand in der Sprechzimmertür. »Ist schon gut, Gertrud. Ich mache das«, fuhr er augenzwinkernd zu seiner Sprechstundenhilfe fort, die ihm daraufhin einen pikierten Blick zuwarf, aber ohne ein weiteres Wort in dem Praxislabor verschwand.

      »Ich habe gerade an der Tankstelle erfahren, dass Sophie hier bei Ihnen ist. Der Unfall gestern. Die Verunglückte ist doch Sophie, oder?« Die Aufregung stand dem jungen Mann auf den Zügen geschrieben.

      Matthias legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Komm mit ins Sprechzimmer«, bat er ihn. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, sprach er weiter: »Ja. Frau Wittmer war auf dem Weg zu dir. Den Unfallhergang hat man dir wahrscheinlich schon erzählt.«

      »Wie geht es ihr?«

      »Ihre Werte sind stabil. Sie hat eine schwere Gehirnerschütterung, kleine Blessuren, eine Rippenprellung, aber bis jetzt gibt es keine Komplikationen.«

      »Kann ich zu ihr?«

      Matthias Brunner zögerte. »Du wirst bestimmt verstehen, dass ich sie erst fragen möchte. Sie ist noch ziemlich mitgenommen. Der Schock …«

      Thomas griff sich mit beiden Händen an den Kopf. »Als der Tankwart es mir eben erzählte, dachte ich, ich werde verrückt. Ich habe sie gesucht …« Er erzählte dem Arzt von seiner Fahrt nach Karlsruhe. »Der Hausmeister hat von einem Mann gesprochen. Hat der sich schon gemeldet?«

      »Nein. Die Polizei hat uns nur die Adresse von Sophies Vater gegeben. Den haben wir benachrichtigt.«

      »Kein Ehemann?«

      »Laut ihren Personalien ist sie unverheiratet.«

      Thomas Seeger atmete hörbar aus. »Kann ich jetzt zu ihr?«

      »Ich gehe rüber und frage sie.«

      *

      »Mein Gott, Sophie.« Thomas eilte an das Krankenbett, aus dem ihm die geliebte Frau blass und mit Wunden in dem schönen Gesicht entgegensah. In ihren Augen las er wieder die tiefe Traurigkeit, die Verzweiflung, die ihn in der ersten Minute ihres Kennenlernens so sehr angerührt hatte. »Ich habe gerade erfahren, dass du die Verunglückte bist. Warum hast du dich nicht gestern schon gemeldet oder Dr. Brunner gebeten, mir Bescheid zu geben?« Unschlüssig blieb er neben ihr stehen, bis sie die Hand ausstreckte, die ihn auf die Bettkante zog.

      »Hallo«, sagte sie leise mit dem Lächeln, das sein Herz wieder weitete und wärmte.

      Dieses Lächeln machte ihn ihrer Liebe sicher. Es konnte nicht gelogen sein.

      »Ich wollte zu dir«, begann sie. »Da schlug der Blitz ein, und ich hatte …«

      »Ich weiß«, unterbrach er sie sanft, während er ihre Hand behutsam streichelte. Dann beugte er sich zu ihr herunter. »Ich bin so glücklich, dass dir nicht mehr passiert ist. Kaum auszudenken, wie das alles hätte ausgehen können.« Er legte beide Hände um ihr Gesicht, so vorsichtig, als würde er hauchzartes Porzellan umfassen. »Ich war bei dir in Karlsruhe«, vertraute er ihr an. »Deine plötzliche Abreise … Ich konnte mir keinen Reim darauf machen nach den wunderschönen Stunden, die wir zusammen hatten. Ich habe angenommen, dass du nur mit mir gespielt hast …« Er hielt inne, weil er sie in dieser Situation mit seinen Sorgen und Ängsten nicht belasten wollte.

      »Ich habe nicht mit dir gespielt«, sagte sie mit festem Blick.

      Sie saß aufrecht im Bett, angelehnt an Kissen. In dem weiten weißen Kliniknachthemd wirkte sie noch zarter. Richtig verloren sah sie aus.

      Thomas rückte näher an sie heran und wollte sie in die Arme nehmen. Doch sie machte eine abwehrende Geste.

      »Ich bin so plötzlich abgereist, weil ich feige war. Und weil ich diesen Traum, den wir beide kurze Zeit geträumt haben, nicht zerstören wollte. Ich wollte ihn in Erinnerung behalten, ohne ihn zu trüben.«

      Er zog die Brauen zusammen. Was meinte sie damit? Eine eiskalte Faust griff nach seinem Herzen.

      »Bist du gebunden?«, fragte er heiser.

      Sie lächelte schwach. »Nein.«

      »Der Hausmeister sprach von einem Mann, der dich sprechen wollte.«

      »Ich weiß, das war ein Kollege. Er hat mich danach auf Handy erreicht. Rein beruflich.«

      Er schluckte. »Was ist denn sonst? Ich meine, was steht denn deiner Meinung nach sonst

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