Der Landdoktor Staffel 1 – Arztroman. Christine von Bergen
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Читать онлайн книгу Der Landdoktor Staffel 1 – Arztroman - Christine von Bergen страница 34
»Ich habe eine Überraschung für dich«, kündete Torsten an.
»Sag!« Auffordernd nickte sie ihm zu. Dabei begann ihr Herz schneller zu schlagen. Sie neigte den Kopf zur Seite. »Etwas Gutes oder etwas Schlimmes?«
Er lachte und gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze. »Wie sehe ich denn aus?«
Sie stimmte in sein Lachen ein. »Nun, du siehst eher nach einer guten Überraschung aus.«
»Ich bin sicher, dass du dich riesig freuen wirst«, versprach er ihr, hob sein Glas und wollte mit ihr anstoßen.
Doch sie zog ihres zurück.
»Zuerst die Überraschung«, verlangte sie. »Ich bin doch so neugierig.«
Torsten setzte eine gespielt lässige Miene auf. »Ich würde dich gern noch ein bisschen auf die Folter spannen.«
»Du bist gemein.« Sie knuffte ihn in die Seite. »Also sag schon, worauf ich mich freuen kann.«
Mit feierlicher Geste hob er noch einmal sein Glas. »In drei Monaten gehen wir beide zusammen für ein halbes Jahr in die Toskana, werden dort in einer wunderschönen alten Villa leben, und ich werde tagsüber eine Brücke bauen.«
Voll freudiger Erwartung lag sein Blick auf ihr, während ihr das Herz stehen blieb. Und das nicht etwa aus Freude, sondern vor Entsetzen.
Jonas, die Kinder … Das waren ihre ersten Gedanken. In drei Monaten? Dann würde ihr Vetter noch nicht gesund sein. Und seine Scheidung stand auch noch an. Die Kinder würden sie doch noch die nächste Zeit brauchen.
»Ein Kollege, der in der Nähe von Florenz ein riesiges Projekt betreut, geht in einem Vierteljahr in Rente«, fuhr Torsten voller Elan fort, ohne ihre Not zu erahnen. »Die Firma hat mir die Leitung angeboten, was eine besondere Ehre für mich bedeutet. Und das Gehalt ist geradezu fürstlich, was wiederum heißt, dass ich mich vielleicht schon früher als erst in zwei Jahren selbstständig machen kann.«
»Und Brasilien?«, fiel ihr ein.
»Brasilien ist damit gestorben.« Torsten stand auf, nahm ihr das Glas aus der Hand und zog sie hoch. »Wenn du möchtest, werden wir unsere Hochzeitsreise zum Zuckerhut machen«, flüsterte er ihr ins Ohr, während er sie fest an sich drückte. »Was sagst du dazu?«
Gar nichts konnte sie zunächst dazu sagen. Diese Neuigkeit verschlug ihr die Sprache. Sie fühlte sich zu keiner Regung fähig. Schlaff hingen ihre Arme an ihrem Körper herab. Das schien jetzt auch Torsten aufzufallen. Er trat einen Schritt von ihr zurück und legte die Hand unter ihr Kinn, sodass sie ihn ansehen musste.
»Was ist?«
Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockene Lippe. Dann schluckte sie. Es fiel ihr schwer, einen Anfang zu finden.
»Jonas hat heute seinen Befund bekommen.«
Torstens Hände, die noch auf ihren Schultern lagen, fielen herab. »Und?«
Sie nannte ihm die Diagnose und beschrieb ihm die Situation.
Da machte sich Erleichterung auf seinen Zügen breit.
»Innerhalb eines Vierteljahres habt ihr alles geregelt«, sagte er mit fester Stimme. »Dein Vetter sollte einen Hotelmanager einstellen, der ihn unterstützt. Weiterhin wird er eine Kinderfrau brauchen und eine Haushälterin als Ersatz für dich. Aber da er ja nicht gerade arm ist, wird es ihm an Geld für dieses Personal nicht fehlen, zumal er die Leute ja steuerlich absetzen kann.«
Torstens kühle Logik verschlug Amelie erneut die Sprache.
Natürlich hatte er in gewisser Weise recht, aber er dachte gar nicht daran, dass all diese bezahlten Angestellten den Zwillingen wie auch ihrem Vetter nicht die menschliche Nähe, die Geborgenheit geben konnten wie sie.
»In drei Monaten schon?«, wiederholte sie, weil ihr nichts anderes einfiel.
Zweifel und Skepsis machten sich auf Torstens Gesicht breit.
»Möchtest du nicht mit mir gehen?«, fragte er ruhig.
Sein Blick tauchte in ihre Seele.
»Doch, natürlich«, erwiderte sie rasch und schmiegte sich an ihn. »Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen. Gerade die Toskana … Aber im Moment, ich meine, in drei Monaten schon, ich weiß nicht, ob ich bis dahin alles geregelt habe.« Hilfesuchend sah sie zu ihm hoch.
»Jonas muss bis dahin alles geregelt haben«, erwiderte er ernst, indem er jedes Wort betonte, als würde er mit einem uneinsichtigen Kind sprechen.
»Ja, klar, aber er ist zurzeit doch geschwächt, völlig durcheinander. Dann ist da ja auch noch die Sache mit Britta, die seine Unterschrift unter den Notarvertrag einfordert. Und die Kinder, die eine feste Hand brauchen.« Sie seufzte. Ihre Schultern fielen herab.
Sie standen sich gegenüber, ohne sich zu berühren. Fast wie Gegner, schoss es Amelie durch den Kopf, was ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Nein, das durfte nicht sein. Sie liebten sich doch.
»Hast du den Arbeitsvertrag schon unterschrieben?«, fragte sie mit erzwungener Ruhe.
»Ich habe meinem Chef eine mündliche Zusage gegeben. Die Papiere werde ich in einigen Tagen bekommen.« Er trat wieder auf sie zu und nahm sie in die Arme. »Wir beide schaffen das schon«, meinte er voller Zuversicht. »Ich helfe dir, hier alles in bester Ordnung verlassen zu können. Die Zwillinge können uns in der Toskana besuchen, ein paar Wochen bei uns bleiben. Ich liebe Kinder. Und vielleicht tut ein verlängertes Wochenende ihrem Vater hin und wieder auch gut. Die Luftveränderung, andere Eindrücke. Womöglich lernt Jonas durch uns dort sogar eine neue Frau kennen.«
Amelie wusste nicht, ob sie über Torstens Zukunftsvisionen lachen oder wütend werden sollte. Wie einfach er sich das alles vorstellte! Aber tat sie ihm nicht unrecht? Er war bereit, ihre Verantwortung für Jonas und die Kinder mitzutragen. Aus Liebe zu ihr.
»In drei Monaten sind wir schon ein paar Schritte weiter«, fuhr er mit ungebrochenem Optimismus fort. »Du wirst sehen, dann kannst du mich ganz beruhigt und sorgenfrei begleiten und unser gemeinsames Leben in der Villa einrichten.«
Sie schwieg, schloss die Augen, als Torsten ihren Kopf an seine Schulter bettete. Wie gut ihr seine Nähe tat, wie tröstlich sie war, wie viel Geborgenheit sie ihr schenkte. Ihr war zumute, als würde seine Energie in sie hineinfließen. Ja, zusammen würden sie es schaffen, ohne dass sie ein schlechtes Gewissen würde haben müssen, wenn sie Jonas und die Kinder allein ließ. Sie musste es anders sehen: Die Familie vergrößerte sich halt nur – um einen Mann namens Torsten, der Brücken baute.
So flogen die Stunden an diesem Abend dahin. Die beiden saßen auf der Veranda und blickten hinauf zu dem Sternenhimmel. In inniger Umarmung, sich immer wieder küssend. Vor lauter Glückseligkeit vergaßen sie die Zeit. Amelie lehnte sich an Torstens Schulter. Sie ließ sich vom Zauber und Rausch der Liebe davontragen. Alles, was morgen kam, rückte an diesem Abend für sie in weite Ferne. Drei Monate… Wie lange noch! In dieser Zeit konnte man so vieles zum Guten lenken. Jetzt lockte nur diese Nacht, die die Erfüllung aller Wünsche verhieß.
Als Amelie in den frühen Morgenstunden nach Hause fuhr, sah sie Jonas’´ Haus hell erleuchtet