Der Landdoktor Staffel 1 – Arztroman. Christine von Bergen

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Der Landdoktor Staffel 1 – Arztroman - Christine von Bergen Der Landdoktor Staffel

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Hand schaltete sie den Motor aus. Ohne anzuklopfen öffnete sie die Haustür. Jonas kam gerade im Jogginganzug aus der Küche. Blass und übermüdet sah er aus. In den Händen hielt er zwei tropfende weiße Lappen.

      »Du?«, fragte er erstaunt.

      »Ich sah noch Licht.«

      »Den Kindern geht’s nicht gut.«

      »Was heißt das?«

      »Sie haben Fieber und Halsschmerzen. Ich habe dich auf Handy angerufen. Wo warst du denn?« Mit einem Ausdruck deutlichen Vorwurfes lag Jonas’´ Blick auf ihr. Sie ignorierte ihn einfach. Jetzt galt es, sich um Kim und Tim zu kümmern. Reden konnten sie noch später.

      »Gib mal her.« Sie nahm ihm die nassen Lappen aus der Hand und lief die Treppe hinauf ins Obergeschoss.

      »Amelie.« Kim lag mit triefender Nase im Bett. Immerhin winkte er ihr noch zu, hochrot im Gesicht.

      »Hast du Fieber gemessen?«, fragte Amelie ihren Vetter, der ihr gefolgt war.

      »Neununddreißig. Bei beiden gleich.«

      »Amelie«, flüsterte Tim mit weinerlicher Stimme. »Mir ist so heiß.«

      Sie bemerkte seine geröteten Augen, die Kim nicht hatte.

      »Wir machen euch jetzt Wadenwickel«, sagte sie zu den beiden.

      Die Haut der Kinder fühlte sich an, als würde sie brennen.

      Kim musste ein paarmal niesen. Tim klagte über Halsschmerzen.

      »Zeig mal deine Zunge«, bat Amelie ihn.

      Tatsächlich. Da waren kleine weiße Flecken –, ein eindeutiges Zeichen für Masern, die vor vierzehn Tagen im Kindergarten umgegangen waren.

      »Sind die beiden gegen Masern geimpft?«, fragte sie Jonas mit unterdrückter Stimme.

      »Darum hat sich Britta gekümmert«, lautete seine Antwort.

      Also nicht, schloss sie mit aufsteigender Verbitterung.

      »Ich rufe Dr. Brunner an«, sagte sie laut.

      »Weißt du, wie spät es ist?«

      »Das weiß ich, aber wenn wir das Fieber durch die Wadenwickel nicht runterbekommen, müssen wir was tun. Ich bin sicher, er kommt auch um diese Uhrzeit.«

      »Ja, das glaube ich auch, aber wollen wir nicht erst mal versuchen, es auf diese althergebrachte Art zu senken?«

      Sie presste die Lippen fest aufeinander.

      Er hatte recht. Warum sollten sie den Landarzt mitten in der Nacht herausrufen, wenn sie die Temperatur in Grenzen halten konnten?

      »Warten wir ab«, stimmte sie ihm zu. »Ich schau mal in der Hausapotheke nach, ob wir noch Paracetamol haben.«

      Kurze Zeit später verabreichte sie den Jungen das fiebersenkende Mittel, danach wechselte sie noch mehrmals die Wadenwickel. Derweil hatte sich Jonas wieder zu Bett begeben. Sie neidete es ihm nicht. Er war ja selbst krank.

      »Eindeutig Masern«, diagnostizierte Dr. Brunner, als er am nächsten Vormittag bei Kim und Tim einen Hausbesuch machte. Das Fieber der beiden Jungen war trotz Wadenwickel auf über vierzig Grad gestiegen, was Amelie und Jonas in Panik versetzt hatte.

      »Bei Kim zeigt sich schon der für Masern typische Ausschlag hinter den Ohren«, fuhr der Landarzt fort. »Die nächsten Tage werden hart für die Kleinen werden. Dann erreicht die Krankheit ihren Höhepunkt.« Er sah zuerst Amelie, dann Jonas an. »Habt ihr als Kinder Masern gehabt?«

      Die junge Frau nickte. Jonas ebenfalls.

      »Wer einmal Masern gehabt hat, ist sein Leben lang immun dagegen«, sagte der Landarzt innerlich erleichtert.

      Obwohl diese Krankheit bei Erwachsenen relativ selten vorkam, wäre sie bei Jonas in dessen gegenwärtigem Zustand eine Katastrophe gewesen.

      »Sorgt dafür, dass die Kinder warm und bequem liegen. In den nächsten Tagen wird sich der Ausschlag weiter ausbreiten. Dann kann auch das Fieber noch einmal steigen. Ruft mich sofort an, wenn die Medizin nicht fiebersenkend wirken sollte. Ich komme auch nachts.«

      An den beiden nächsten Abenden telefonierten Amelie und Torsten nur miteinander. Die junge Frau wollte Kim und Tim nicht Anna, dem Lehrmädchen, überlassen. Und Jonas hatte Pflichten im Hotel nachzukommen, die ihm die letzte Kraft kosteten. Sie flüsterten sich die schönsten Liebesworte ins Ohr und malten sich ihr gemeinsames Leben unter der Herbstsonne der Toskana in den schönsten Farben aus.

      »Wenn wir dann im Frühsommer kommenden Jahres zurückkommen, werden wir uns einen Standort für mein Ingenieurbüro suchen«, träumte Torsten laut vor sich hin.

      »Ich würde gern wieder hier in die Gegend ziehen«, sagte Amelie, jetzt schon voller Sehnsucht im Herzen.

      »Das werden wir auch«, versicherte er ihr. »Ich glaube, dass Freiburg und Umgebung ein gutes Gebiet ist für mein Vorhaben.«

      Wieder verfielen sie in die Sprache der Liebenden, um ihre Sehnsucht nacheinander auszudrücken.

      »Morgen sehen wir uns wieder«, versprach Amelie. »Wenn ich daran denke, dass du jetzt Urlaub hast und ich keine Zeit habe, bekomme ich ein ganz schlechtes Gewissen.«

      »Das brauchst du nicht, mein Schatz. Nach dem Bau der Trollenschluchtbrücke genieße ich es, mal morgens lange zu schlafen und den Tag zu vergammeln.«

      »Dann willst du mich morgen vielleicht gar nicht sehen?«, fragte sie irritiert.

      »So ein Blödsinn«, widersprach er ihr energisch. »Ich würde dich am liebsten vierundzwanzig Stunden um mich herum haben, aber es geht ja nun mal nicht. Ich würde dich auch gern zu Hause besuchen, aber das willst du ja nicht«, fügte er mit pikiertem Unterton hinzu.

      Das stimmte. Sie hatte Jonas immer noch nicht erzählt, dass sie sich verliebt hatte. Nein, dass sie einen festen Partner an der Seite hatte, mit dem sie zukünftig ihr Leben teilen wollte. Irgendwie hatte sie nie den richtigen Zeitpunkt erwischt.

      »Wie wäre es, wenn ich jetzt einfach mal vorbeikäme?«, fuhr Torsten fort. »Die Kinder sind im Bett, dein Vetter arbeitet, außerdem hast du doch auf dem riesigen Anwesen eine eigene Wohnung.«

      Amelie griff sich an den Hals.

      »In der ich jedoch nicht bin. Zurzeit schlafe ich abends hier in Jonas’´ Haus, um näher bei den Kleinen zu sein. Falls mal was sein sollte.«

      Zwei, drei, vier Sekunden lang war es still in der Leitung. Sie hörte Torsten nur leise atmen.

      »Ich dachte, du verbringst die Nächte in deiner eigenen Wohnung«, hörte sie ihn dann deutlich kühler sagen. »Die liegt doch nur einen Katzensprung von dem Haus deines Vetters entfernt, wie du mir erzählt hast.«

      »Seit Britta weg ist, übernachte ich häufig hier.«

      »Ach so …«

      Wieder schwiegen sie.

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