Mami Staffel 1 – Familienroman. Gisela Reutling
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Franziska Treu saß Max gegenüber, schlug die wohlgeformten Beine übereinander und achtete darauf, daß der enge Jeansrock ein wenig hinauf rutschte.
Sie hatte sich sorgfältig zurecht gemacht, viel sorgfältiger, als es früher ihre Art gewesen war. Jetzt lohnte es sich ja auch! Sie hatten ihren neuen Chef gesehen und sich spontan in ihn verliebt. Mehr als verliebt. Sie bildete sich ein, zum ersten Mal der großen, der wirklichen Liebe begegnet zu sein. Es begeisterte sie einfach alles an dem Mann. Nicht nur sein Äußeres, auch die Art, wie er sich gab, das Jungenhafte, Charmante. Natürlich imponierte ihr auch seine Tüchtigkeit; mit einem Dummkopf oder einem Versager hätte sie nichts anzufangen gewußt.
»Die Firma Roders muß mit Glacéhandschuhen angefaßt werden. Die Roders sind unsere besten Kunden. Sie haben natürlich ihre eigenen Ideen für ihre Werbung. Man muß sehr geschickt vorgehen. Das beste ist natürlich, man verkauft ihnen unsere Entwürfe so, daß sie sich einbilden, es wären ihre Ideen.«
Sie lachte dabei amüsiert. Ihr Parfüm stieg ihm unangenehm in die Nase.
Es war nach seiner Meinung viel zu aufdringlich. Das Parfüm, das Marie-Luise benutzte, war dagegen erfrischend.
Den Gedanken an sie schob er energisch aus dem Kopf.
»Legen Sie mir doch bitte die letzten Entwürfe auf den Tisch, Frau Treu.«
»Bitte, sagen Sie doch Franziska zu mir, die Förmlichkeiten sind nur störend. Wir werden in der ersten Zeit sowieso ständig zusammenhocken.« Ihr Lachen klang gekünstelt, aber er achtete nicht darauf, er achtete auch nicht darauf, wie anmutig sie sich in Szene setzte.
Ihr Haar war kastanienfarben und hatte beinahe die Farbe von Marie-Luises Haaren. Aber Marie-Luises Haare glänzten, leuchteten. Wenn die Sonne es traf, spielten kleine Goldtupfen darauf. »Ich hoffe, nur, ich falle Ihnen nicht auf den Wecker, Max.«
Er war in eine Zeichnung vertieft, betrachtete sie mit schiefgelegtem Kopf.
»Das würde mir nichts helfen«, neckte er sie. »Ich müßte auch Ihre Nähe ertragen, wenn Sie mir von Herzen unsympathisch wären. Ich bin auf Ihre Hilfe angewiesen, das wissen Sie doch. Mit einer so erfahrenen Kraft an der Seite, wie Sie es sind, ist das Einarbeiten eitel Freude…
Die Zeichnung hier ist gut, aber es fehlt etwas daran. Es fehlt der Pfiff.« Er kaute auf seiner Lippe, er achtete nicht auf sie, sonst wäre ihm etwas an ihrer Mimik aufgefallen. Franziska hatte sich seine Antwort anders erhofft.
Er nahm einen Kohlestift aus der Schale. Sie starrte auf seine Hände und vergaß, sich die Zeichnung anzusehen. Er besaß wohlgeformte, schmale Hände, Künstlerhände. Und ganz sicher konnten sie sehr zärtlich sein. Bei den Gedanken wurde sie brandrot und war froh, daß er keinen Blick für sie hatte.
»Donnerwetter«, sie sah endlich auf die Zeichnung und staunte wirklich. »Sie zeichnen ja hervorragend.«
»Das sollte ein guter Werbefachmann auch können. Ich war kein schlechter Graphiker und weiß noch immer nicht, warum ich in die Werbebranche übergewechselt bin. Die Hetze und das Tempo bei uns sind schon atemberaubend.«
»Aber Spaß macht es, gefordert zu werden, auch Hetze kann Spaß machen. Bitte, verändern Sie nichts daran«, flehte sie ihn an und legte beschwörend ihre Hand auf seinen Arm. »Die Zeichnung ist vollkommen. Ich gebe sie sofort zur Reinzeichnung hinunter. Es ist genau das, was ins Auge fällt. Man kann die Werbung gar nicht übersehen. Sie wird in allen Illustrierten erscheinen.«
Ihre Bewunderung freute ihn. Aber er betrachtete nicht das Mädchen, sondern noch einmal prüfend den Entwurf.
»Ja, er kann so bleiben«, nickte er. Er wünschte sich, er könnte Marie-Luise die Zeichnung zeigen. Ob sie heute abend zu Hause war, wenn er kam? Wie herrlich wäre es, wenn es ihr Zuhause wäre, wenn sie bei ihnen wohnte, immer da wäre, mit ihm und den Kindern unter einem Dach lebte.
»Sie hören gar nicht zu«, schmollte Franziska. Sie hatte blaue Augen, ein wirkungsvoller Kontrast zu ihren roten Haaren. Daß die Haarfarbe nicht echt war, wußte Max natürlich nicht, aber es hätte ihn auch nicht interessiert.
»Entschuldigen Sie, Franziska.«
»Ich sagte, Sie sollten sich doch bitte die Entwürfe für den Werbefilm ansehen. Die Autofabrik Neumann besteht auf einen Film, er darf aber nur eine Minute laufen. Wie diese Leute sich so etwas vorstellen!…
Aber jetzt machen wir zuerst einmal Pause«, bestimmte sie und stand auf. Sie zupfte ihren Rock zurecht, und flüchtig dachte Max, wie unbequem muß so ein enges Ding sein. Wie man den wohl anzieht und wie man aus dem wieder herauskommt.
»Sie sind müde, kein Wunder. Sie arbeiten ja auch schon seit dem frühen Morgen. Ich werde uns jetzt Kaffee kochen und aus der Kantine appetitliche Häppchen holen. Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen. Ich muß auf Sie achten, damit Sie sich nicht übernehmen. Uns ist nicht geholfen, wenn Sie sich überarbeiten.«
Sie klapperte auf ihren hochhackigen Schuhen davon, sie schwenkte die Hüften ein wenig, aber all ihre Bemühungen waren an Max verschwendet, er bemerkte sie nicht einmal.
Es war gut, daß sie seine Gedanken nicht lesen konnte.
Ich werde froh sein, schoß es ihm durch den Kopf, wenn ich mein Büro für mich habe! Lange halte ich ihre diktatorische Art nicht aus. Ewig konnte das Einarbeiten ja nicht dauern.
Aber er war viel zu höflich, um ihr seinen Unmut zu zeigen, es wäre auch sehr unklug gewesen, sie zu verärgern. Diese Frau war nun einmal die Seele des Geschäfts.
»Sie speichern in Ihrem Kopf alle Vorgänge.« Max biß mit bestem Appetit in das Brötchen. »Von rechtswegen hätte Sie die Chefin werden sollen.«
Sie winkte ab, goß fürsorglich Kaffee in die Tasse. »Milch? Zukker?«
»Nein, danke.«
»In Zukunft weiß ich das und brauche nicht mehr fragen. Wollen wir nicht für die kurze Zeit unserer Frühstückspause die Arbeit vergessen? Erzählen Sie mir von Ihren Kindern, haben sie sich schon eingelebt?«
Er schmunzelte. »Ganz prächtig sogar. Eine junge Dame hilft ihnen dabei.«
Eifersucht sprang sie an, aber sie zeigte sie natürlich nicht. Ihr mokantes Lächeln störte ihn. »Ich kann mir vorstellen, daß junge Mädchen, ich denke da an das Alter von 14 bis 17 Jahre, sich überschlagen, sich bei Ihren Kindern lieb Kind zu machen. Immerhin erobert man das Herz eines Mannes über die Kinder.«
Er ärgerte sich über sie.
»Sie wissen hoffentlich, wer dieses junge Mädchen ist?« bohrte sie mit liebenswürdiger Stimme.
»Ja, ich weiß es. Ihre Angst ist unbegründet.«
»Ich hoffe, ich gehe Ihnen mit meiner Fürsorge nicht auf die Nerven. Aber ich habe mir nun einmal vorgenommen, Sie unter meine Fittiche zu nehmen, nicht nur beruflich. Es ist sehr wichtig, daß Sie als Chef der Werbeagentur auch gesellschaftliche Kontakte pflegen. Ich bin in dieser Stadt sehr gut bekannt. Halten