MATTHEW CORBETT und die Königin der Verdammten (Band 1). Robert Mccammon

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MATTHEW CORBETT und die Königin der Verdammten (Band 1) - Robert Mccammon Matthew Corbett

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wenn ich so etwas zugeben würde. Im September werde ich heiraten. Glaubst du, ich wäre Reverend Wade noch gut genug für seine Tochter, wenn er davon wüsste?«

      »Ich glaube, dass sowohl er als auch Constance deinen Mut bewundern würden.«

      »Ha!« John lachte Matthew fast ins Gesicht. Seine Augen waren wie verbrannt. »So viel Mut habe ich nicht.«

      »Du siehst es also als erledigt an.« Matthew spürte, wie ihm Schweiß auf die Stirn und den Nacken trat. John Five war seine letzte Hoffnung gewesen. »Einfach als gegessen und erledigt.«

      »Ja«, gab der ohne Zögern zurück. »Weil ich ein Leben zu leben habe, Matthew. Es tut mir leid für all die anderen, aber ich kann ihnen nicht helfen. Ich kann lediglich mir selbst helfen. Ist das denn eine so schlimme Sünde?«

      Matthew war sprachlos. Er hatte befürchtet, dass John Five ihm eine Abfuhr erteilen würde – ihre früheren Treffen hatten nie auf Einwilligung hingedeutet, aber es nun so deutlich zu hören war ein schwerer Schlag. Gedanken wirbelten ihm durch den Kopf wie Kreisel. Wenn es keinen Weg gab, Ausleys frühere Opfer zu einer Aussage zu bewegen – und keinen Weg ins Waisenhaus gab, um von den neuen Opfern Zeugenaussagen zu erhalten –, dann hatte dieser höllische Waisenhausleiter tatsächlich sowohl die Schlacht als auch den Krieg gewonnen. Was bedeutete, dass Matthew trotz seines Glaubens an die Macht und Gerechtigkeit des Rechtssystems nur ein hohler Phrasendrescher ohne Rückhalt oder Inhalt war. Einer der Gründe, die ihn nach den Geschehnissen in Fount Royal dazu bewegt hatten, nach New York zu kommen, war, diesen Angriff auf Ausley zu planen und durchzuführen, und nun …

      »Das Leben ist für niemanden leicht«, sagte John Five. »Du und ich, wir sollten das besser als die meisten wissen. Aber ich glaube, dass man die schlechten Dinge manchmal loslassen muss, damit man weitermachen kann. Wenn man ständig daran denkt, wieder und wieder, es immer im Kopf behält … das ist nicht gut.«

      »Ja«, stimmte Matthew zu, obwohl er nicht wusste, warum. Er hatte sich selbst wie aus weiter Ferne sprechen gehört.

      »Du solltest dir etwas Besseres als das hier suchen, an dem du dich festhalten kannst«, sagte John nicht unfreundlich. »Etwas, das eine Zukunft hat.«

      »Eine Zukunft«, wiederholte Matthew. »Ja. Vielleicht hast du recht.«

      Innerlich hatte er das Gefühl, vor sich selbst und den anderen Jungen im Waisenhaus, und sogar dem Andenken an Richter Woodward versagt zu haben. Er konnte noch hören, wie der Richter auf seinem Sterbebett gesagt hatte: Ich bin immer stolz auf dich gewesen. Immer. Ich wusste es von Anfang an. Als ich dich in dem Waisenhaus gesehen habe. Dein Auftreten. Es war anders und undefinierbar. Aber etwas Besonderes. Du wirst dein Zeichen setzen. Irgendwo. Du wirst, einfach durch dein Leben, auf jemanden eine tiefgreifende Auswirkung haben.

      »Matthew?«

       Ich bin immer stolz auf dich gewesen.

      »Matthew?«

      Ihm wurde bewusst, dass John Five etwas gesagt hatte, das ihm entgangen war. Wie ein Schwimmer in dunklem, schmutzigem Wasser tauchte er wieder in die Gegenwart ein. »Was?«

      »Ich habe dich gefragt, ob du Freitagabend zu dem Treffen kommst.«

      »Treffen?« Ihm war so, als hätte er Aushänge gesehen. »Was für ein Treffen?«

      »Ein Kirchentreffen. Freitagabend. Elizabeth Martin hat ein Auge auf dich geworfen, falls es dir noch nicht aufgefallen ist.«

      Matthew nickte geistesabwesend. »Die Tochter vom Schuster. Ist die nicht gerade erst vierzehn geworden?«

      »Ja, und? Die ist hübsch, Matthew. Wenn ich du wäre, würde ich vor so einer nicht die Nase rümpfen.«

      »Ich rümpfe nicht die Nase. Nur … steht mir zur Zeit nicht der Sinn nach Gesellschaft.«

      »Mann, wer redet denn von Gesellschaft? Ich spreche von Heirat!«

      »Wenn das der Fall ist, hast du eine Schraube locker.«

      »Wie du meinst. Ich mache mich jetzt besser wieder an die Arbeit.« John bewegte sich auf das offene Tor zu. Zögerte. Ein Strahl Sonnenlicht fiel auf ihn herab. »Du kannst mit dem Kopf gegen die Wand rennen, bis es dich umbringt«, sagte er. »Die Wand stürzt davon nicht ein. Und was hast du davon?«

      »Ich weiß nicht«, kam die Antwort, ein müder und gequälter Seufzer.

      »Ich hoffe, du findest es heraus. Einen schönen Tag noch, Matthew.«

      »Dir auch einen schönen Tag, John.«

      John Five ging zurück in die Schmiede, und Matthew, dessen Kopf entweder von Enttäuschung oder den Prügeln letzter Nacht wie benebelt war, ging in Richtung New Street davon, dann weiter gen Norden zur Wall Street und Richter Powers Amtsstube im Rathaus. Bevor er dort angelangte, führte sein Weg allerdings noch einmal am Pranger vorbei, in den Ebenezer Grooder zurecht eingeschlossen war. Als Gerichtsdiener hatte Matthew alle Einzelheiten des Falles gehört.

      Ihm fiel auf, dass Grooder Gesellschaft hatte: Neben dem Korb mit fauligen Wurfgeschossen stand ein schlanker Geck in beigefarbenem Anzug und gleichfarbigem Dreispitz. Seine hellblonden, fast schon weißen Haare waren mit einem beigefarbenen Band zum Zopf nach hinten gebunden, und er trug teuer gefertigte, fleischfarbene Stiefel. An die linke Schulter hielt er eine Reitpeitsche gelehnt. Mit schiefgelegtem Kopf musterte er die Zwangslage des Taschendiebs. Noch während Matthew zuschaute, nahm der Mann einen Apfel aus dem Korb und schleuderte ihn Grooder aus einer Distanz von gut sieben Metern ins Gesicht.

      Der Apfel traf Grooders Stirn, wo er beim Auftreffen zerplatzte.

      »Du elender Hurensohn!«, schrie Grooder und ballte die in den Hohlräumen des Prangers gefesselten Fäuste. »Du dreckiger Hundsfott!«

      Schweigend und methodisch wählte der Mann einen weiteren verfaulten Apfel aus und warf ihn Grooder genau in den Mund. Er hatte einen Apfel ausgesucht, der noch etwas fest war, denn nun brüllte Grooder keine Beleidigungen, sondern war damit beschäftigt, das Blut seiner aufgeplatzten Oberlippe auszuspucken.

      Der Mann – wegen seiner zielgenauen Würfe fragte Matthew sich, ob er ein Grenadier war – nahm jetzt einen weiteren Apfel, holte aus, um erneut zu werfen, da Grooder seine profane Stimme wiedergefunden hatte, und erstarrte plötzlich. Er drehte den Kopf und bemerkte, dass Matthew ihn beobachtete. Matthew sah in ein wohlgestaltetes Gesicht, das nach vornehmer Abstammung aussah, wegen der kompletten Ausdruckslosigkeit jedoch gleichzeitig beklemmend wirkte. Obwohl der Mann keinerlei Feindseligkeiten bekundete, hatte Matthew das Gefühl, eine zusammengerollte Schlange zu betrachten, die sich von einer auf einem nahegelegenen Stein gelandeten Grille leicht gestört fühlte.

      Die stechenden grünen Augen des Mannes blieben für einige Sekunden auf ihn gerichtet. Plötzlich, als sei er zu einem Entschluss gekommen, was die von Matthew ausgehende Bedrohung – vielmehr die fehlende Bedrohung durch eine vorbeihüpfende Grille – anging, wandte er sich ab und warf dem Taschendieb den dritten Apfel wieder mit kaltblütiger Kraft ins blutige Maul.

      Grooder gab einen gequälten Laut von sich, vielleicht einen Schrei um Hilfe, der von zerbrochenen Zähnen gedämpft wurde.

      Matthew hatte hier nicht einzugreifen. Immerhin war dies Richter Powers Urteil für Grooder gewesen – dass er tagsüber im Pranger stand und die Bürger ihn auf diese Art bestrafen konnten, wenn sie Lust dazu hatten. Matthew

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