MATTHEW CORBETT und die Königin der Verdammten (Band 1). Robert Mccammon

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MATTHEW CORBETT und die Königin der Verdammten (Band 1) - Robert Mccammon Matthew Corbett

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würde.

      Endlich, es kam ihm wie eine geschlagene, schreckliche Stunde vor, konnte er aufstehen und daran denken, wie er nun nach Hause kam. Bis zu seiner Kammer am Broad Way über Hiram Stokelys Töpferladen waren es gut zwanzig Minuten zu Fuß – vermutlich sehr lange, stinkende zwanzig Minuten. Aber eine andere Wahl gab es nicht. Und so zog er los, wutentbrannt und wankend und stinkend und sich ganz und gar unwohl in seiner Haut fühlend. Er hielt nach einem Pferdetrog Ausschau. Dort wollte er sich waschen und so sein Gesicht und seine Gedanken reinigen.

      Und morgen? Würde er so frech sein, sich im Dunkeln wieder vor dem Waisenhaus in der King Street herumzudrücken und darauf zu warten, dass Ausley zu seinem Ausflug durch die Spielhöllen erschien? Und ihm in der Hoffnung auf … was, genau, hinterherspionieren? Oder würde er in seinem kleinen Zimmer bleiben und sich mit der kalten Tatsache anfreunden, dass Ausley recht hatte? Er hatte rein gar nichts gegen ihn in der Hand und würde in diesem Tempo wohl auch kaum etwas erfahren. Aber aufzugeben … aufzugeben … hieße, alle im Stich zu lassen. Hieße, vor dem Grund für seine verzehrende Wut zu kapitulieren, und die Jagd, die ihn seinem Gefühl nach von allen anderen Bürgern der Stadt unterschied, aufzugeben. Durch die hatte er ein Ziel. Wer würde er ohne das sein?

      Er würde der Schreiber eines Richters und der Kehrer eines Töpfers sein, dachte er auf seinem Heimweg den ruhigen Broad Way entlang. Er würde nur noch ein junger Mann sein, der die Feder und den Besen schwang, und dessen Verstand sich mit der Vorstellung quälte, dass an Unschuldigen Unrecht begangen wurde. Genau das hatte ihn vor drei Jahren im Städtchen Fount Royal gegen Richter Woodward – seinen Mentor, der ihm fast wie ein Vater gewesen war, wenn man ehrlich sein wollte – rebellieren lassen. Er hatte beweisen wollen, dass Rachel Howarth keine Hexe war. Hatte das den kranken Richter ins Grab getrieben? Vielleicht. Und dies war eine Qual, brennend wie der heiße Schlag einer wiederholt geschwungenen Kuhpeitsche, die Matthew zu jeder sonnen- oder kerzenbeleuchteten Stunde schwer auf der Seele lastete.

      An der Trinity-Kirche, wo die Wall Street auf den Broad Way traf, fand er einen Pferdetrog. Das solide niederländische Kopfsteinpflaster endete hier, und die nur aus festgetretener Erde bestehenden englischen Straßen begannen. Als Matthew sich über den Trog beugte und versuchte, sich mit dem schmutzigen Wasser das Gesicht zu waschen, war ihm fast zum Weinen zumute. Aber weinen kostete zu viel Kraft, und davon hatte er keine mehr übrig.

      Aber morgen war ein neuer Tag, nicht wahr? Ein neuer Anfang – sagte man nicht so? Wer kann schon sagen, was sich innerhalb eines Tages alles zu verändern vermag? In seinem Innersten gab es allerdings Dinge, die sich niemals ändern würden, dessen war er ganz sicher. Irgendwie musste er Eben Ausley für die brutalen, lüsternen Verbrechen an Unschuldigen zur Rechenschaft ziehen. Es musste ihm einfach gelingen. Er befürchtete, dass ihn seine aussichtslose Jagd sonst verzehren und zu einer widerstandslosen Akzeptanz von etwas verkommen lassen würde, das seiner Ansicht nach niemals akzeptiert werden konnte.

      Obwohl er noch immer wie der Albtraum eines jeden Kindes aussah, war er schließlich doch so weit hergerichtet, dass er nach Hause weitergehen konnte. Seine Kappe hatte er noch, das war gut. Er war am Leben – auch das war gut. Und so machte er seinen Rücken gerade und dachte auf seinem Weg durch die mitternächtliche Stadt, dass er Glück gehabt hatte. Er war ein einsamer junger Mann.

      Zwei

      An diesem strahlenden Morgen wusste keiner von Matthews Frühstücksköchen von seinen Nöten der Nacht. Ohne Rücksicht auf seine Kopfschmerzen und Übelkeit frotzelten sie daher fröhlich darüber, was der Tag wohl bringen mochte. Er behielt seine Verletzungen für sich, während Hiram Stokely und seine Frau Patience in der sonnigen Küche ihres kleinen weißen Hauses hinter der Töpferei werkelten.

      Matthews Teller war mit Maisbrot und einer Scheibe Pökelschinken beladen, über den er sich an jedem anderen Tag gefreut hätte. Heute aber ging es ihm zu schlecht, um den Schinken wirklich zu schätzen. Die beiden waren gute und freundliche Menschen, und er hatte Glück gehabt, über der Werkstatt eine Unterkunft zu finden. Im Gegenzug hatte er sich verpflichtet, alles sauber zu halten und beim Töpfern und Brennen zu helfen, soweit seine beschränkten Talente es zuließen. Es gab zwei Söhne – einen Handelsschiffskapitän und einen Buchhalter in London – und Matthew hatte das Gefühl, dass seine Vermieter beim Essen gern Gesellschaft hatten.

      Das dritte Mitglied der Stokely-Familie fand an diesem Morgen allerdings irgendetwas sonderbar an Matthew. Er dachte zuerst, dass ihn Cecily, die als Haustier gehaltene Sau, wegen des gepökelten Schinkens gnadenlos mit der Nase bearbeitete. Obwohl sie sich inzwischen an diese Kannibalen gewöhnt haben musste, die sie zu sich geholt hatten, konnte er sich gut vorstellen, dass ihr nicht gefiel, wie er einem ihrer Artgenossen mit Messer und Gabel zusetzte. Nach zwei Jahren des verwöhnt werdens sollte sie jedoch wissen, dass sie nicht für den Teller gedacht war – denn sie war ein kluges Stück Schweinefleisch. Aber da sie an diesem Tag so penetrant schnüffelte und ihn mit der Nase stieß, fragte Matthew sich, ob er sich allen Pferdemist aus den Haaren gewaschen hatte. Gestern Nacht hatte er sich in der Waschschüssel mit Sandelholzseife fast die Haut vom Leibe geschrubbt, aber vielleicht roch Cecilys talentierte Nase noch einen hängengebliebenen Mief.

      »Cecily!«, rief Hiram nach einem besonders harten Stoß der rundlichen Schweinedame gegen Matthews rechte Kniescheibe. »Was ist denn heute nur mit dir los?«

      »Ich weiß es jedenfalls leider nicht«, war Matthews Antwort, obwohl er annahm, dass Cecily von irgendeinem Aroma, das er trotz sauberer Hose, Hemd und Strümpfe verströmte, ans Herumsuhlen im Schweinestall erinnert wurde.

      »Sie ist nervös, das ist, was mit ihr los ist.« Patience, eine große, stämmige Frau, deren graue Haare unter einer blauen Baumwollhaube hochgesteckt waren, sah von der Feuerstelle auf. Mit dem Blasebalg heizte sie das Feuer unter der Brotpfanne an. »Irgendwas macht sie unruhig.«

      Hiram, der genauso massiv gebaut war wie seine Frau und der weiße Haare, einen weißen Bart und Augen vom selben hellen Braun wie der Ton hatte, den er so gewissenhaft verarbeitete, schlürfte seinen Tee. Er beobachtete, wie Cecily eine Runde durch die Küche lief und dann unter den Tisch zurückkehrte, um abermals schnaufend gegen Matthews Knie zu stoßen. »So hat sie sich doch ein, zwei Tage vor dem Feuer verhalten, weißt du nicht mehr? Ich glaube ja, dass sie weiß, wenn sich was Schlimmes ereignen wird.«

      »Ich wusste nicht, dass sie eine Wahrsagerin ist.« Matthew schob seinen Stuhl ein Stück zurück, damit Cecily mehr Platz bekam. Leider schubste sie ihn weiter mit der Schnauze.

      »Na, sie mag Euch.« Kurz zeigte sich ein spöttisches Lächeln auf Hirams Gesicht. »Vielleicht versucht sie Euch was zu sagen.«

      Einen Tag zu spät, dachte Matthew.

      »Ich weiß noch«, sagte Patience leise und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu, »als Dr. Godwin das letzte Mal hier war. Um seine Teller abzuholen. Kannst du dich erinnern, Hiram?«

      »Dr. Godwin?« Hirams Augen verschmälerten sich um einen Millimeter. »Hm«, machte er.

      »Was war denn mit Dr. Godwin?«, fragte Matthew. Ihm schien, dass er es vielleicht wissen sollte.

      »Es ist nicht weiter wichtig.« Hiram trank wieder einen Schluck und machte sich daran, das letzte Stück Maisbrot auf seinem Teller zu essen.

      »Ich denke aber doch«, beharrte Matthew. »Wenn Ihr es schon erwähnt, muss es das doch sein.«

      Hiram zuckte die Achseln. »Na ja, es war eben nur … Cecily, sonst nichts.«

      »Aha. Und was hat Cecily mit Dr. Godwin zu tun?«

      »An dem Tag,

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