Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Für sie war der Klinikaufenthalt kurz gewesen, aber ihre Leidenszeit währte schon länger als die von Penny, wenn es auch eine seelische Leidenszeit war.
Toby hatte sich von Dr. Jenny Lenz und den Schwestern verabschiedet. Für ihn war der Tag ohne Schatten.
Es war ein warmer, sonniger Tag und auf der Insel der Hoffnung blühten die Rosen in zahlloser Fülle. Auf einer Bank saß Frau von Dehlen, und zu ihren Füßen spielte Mario mit einem Feuerwehrauto, das er von einem Patienten geschenkt bekommen hatte.
»Da ist ja noch ein Kind, Mami!«, rief Toby aus, als sie aus dem Wagen stiegen. »Es sind nicht nur erwachsene Leute hier.« Für ihn war die Welt ganz in Ordnung, und Mario ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, dass auch er sich über den neuen Spielgefährten freute.
»Du hast doch Kinder gern, Tante Charlotte?«, erkundigte er sich aber doch vorsichtshalber bei der alten Dame.
»Sehr gern, Mario.«
»Dann macht es dir nichts aus, dass noch ein Junge kommt? Er heißt Toby, das haben Mami und Papi mir schon gesagt.«
Mami und Papi, er sagte es mit einer Selbstverständlichkeit ohnegleichen, und für Charlotte von Dehlen gehörte es zu einem der vielen Wunder auf der Insel der Hoffnung, dass dieser kleine Waisenjunge in Dr. Cornelius und seiner Frau Anne Eltern gefunden hatte, wie sie liebevoller nicht sein konnten. Ihr Herz, das so viel gelitten hatte in langen schweren Jahren, war weit offen für all das Glück, das sie nun hier erleben durfte, das Kinderlachen einschloss, das sie so sehr vermisst hatte.
*
»Wäre ich doch damals hierhergekommen, Bert«, sagte Birgit sinnend, als sie ihren Rundgang um die Insel beendet hatten. Toby saß indessen schon mit Mario bei Kakao und Kuchen.
»Manches Paradies entdeckt man leider zu spät«, sagte Bert.
»Nicht zu spät«, flüsterte sie. »Nein, noch ist es nicht zu spät, Bert. Mir ist es, als wäre ich aus einem langen schweren Traum erwacht.«
Er blieb stehen und legte seine Arme um sie. »Und es wäre wunderschön, wenn du dich eines Tages nicht mehr an diesen langen schweren Traum erinnern würdest, Gitti.«
»Es wäre schön, wenn du hierbleiben könntest«, sagte sie gedankenvoll.
Glück durchströmte ihn, als ihre Arme sich um seinen Hals legten.
»In Gedanken werde ich immer bei euch sein, Gitti«, sagte er voller Zärtlichkeit. »Ich muss ein neues Heim für uns suchen, denn wir wollen uns doch eine Welt schaffen, die uns ganz allein gehört.«
»Toby möchte ein Haus mit einem Garten«, sagte Birgit. »Dr. Biel hat mir gesagt, dass noch vierzigtausend Mark auf meinem Konto sind. Es sollte ja für unsere Kinder bleiben, Bert, aber wenn es helfen kann, dass Tobys sehnlichster Wunsch erfüllt wird.« Sie machte eine kleine Pause. »Meinst du, ob es reichen würde für ein kleines Haus als Anzahlung?«
Er umschloss ihr Gesicht mit seinen Händen. »Ihr werdet ein Haus mit einem Garten bekommen, Gitti. Und wir werden viele, viele Blumen darin anpflanzen. Wenn wir beisammen bleiben, werden wir alles schaffen. Außerdem wird Mutter vorerst die Hälfte des Geldes zurückzahlen, das du ihr geliehen hast«, sagte Bert mit fester Stimme.
Das Blut stieg Birgit ins Gesicht. »Ich habe es nicht geliehen. Ich habe es ihr gegeben, weil wir doch auch in ihrem Hause wohnten.«
»Wir wollen einmal ganz offen darüber sprechen, Gitti. Es hat uns genug eingebrockt, dass wir schamhaft diesem Thema ausgewichen sind. Die Hälfte des Hauses gehört mir nach Recht und Gesetz, genauso, wie ich auch die Schulden mit übernehmen musste, die Vater hinterlassen hat. Was abgesehen von den Hypotheken zu begleichen war, habe ich inzwischen getan. Aber das war nur möglich, weil du immer mit deinem Geld geholfen hast, großzügig geholfen hast.«
»Wenn man verheiratet ist, gibt es kein mein oder dein«, widersprach Birgit. »Es geht jetzt auch nur darum, dass Toby nicht einen Garten vermissen muss.«
»Er wird ihn nicht zu vermissen brauchen, Gitti. Du hast mir viel zu vergeben.«
»Du mir auch. Ich war so verbittert, als mich deine Mutter von der Schwelle wies. Da hat es einen ganz großen Knacks bei mir gegeben, und nun bin ich eine andere geworden. Wenn du mich so auch jetzt noch liebhast, wird alles gut werden.«
»Ich weiß doch jetzt erst, wie sehr ich dich liebe und brauche, Gitti, das habe ich dir schon gesagt. Wir gehören zusammen, du, Toby und ich.« Sie versanken in einer langen, innigen Umarmung, sie küssten sich, wie sie sich lange nicht mehr geküsst hatten. Liebe konnte den Weg zum Himmel öffnen, eine Ehe ohne Liebe war die Hölle, aber es war ihnen auch bewusst geworden, dass Schweigen, auch wenn es dem andern zuliebe gewahrt wurde, eine Kluft erzeugen konnte.
*
Die folgenden Tage vergingen wie im Fluge. Toby und Mario waren bereits ein Herz und eine Seele, und durch die beiden Buben hatten auch Frau von Dehlen und Birgit sich angefreundet. Sie machten lange Spaziergänge, und es war erstaunlich, wie gut zu Fuß die alte Dame sich zeigte.
»Ja, wenn so die Großmama wäre«, meinte Toby nachdenklich, »dann würden wir gern mit ihr in einem Hause wohnen, gell, Mami?«
»Jeder Mensch hat seine Eigenheiten, Toby«, erwiderte Birgit darauf.
Sie wollte sich von den bösen Erinnerungen lösen, sie wollte keinen Hass in ihrem Innern wachsen lassen, sie wollte nichts zurückbehalten, was ihre Liebe zu Bert unnötig belasten könnte. Die Wand, die sie und ihre Schwiegermutter trennte, war ohnehin immer höher und unüberwindlich geworden.
Wie ein Keulenschlag traf es Bert indessen, wie voll Hass seine Mutter in ihrem Rachedurst war. Er machte sich überdies schreckliche Gedanken, weil seinem Gesuch auf Versetzung nun doch nicht stattgegeben worden war. Der Generaldirektor hatte ihm im Stammwerk eine leitende Stellung geboten, die so große finanzielle Vorteile mit sich brachte, dass er sie in der jetzigen Situation gar nicht ablehnen konnte. Nirgendwo hätte er einen gleichwertigen Posten bekommen, abgesehen davon, hätte er eine Ablehnung mit seinen familiären Konflikten begründen müssen, was ihm doch zu peinlich war.
An seinem Arbeitsplatz erreichte ihn daher eines Tages eine Vorladung zum Vormundschaftsgericht, für die er keine Erklärung hatte. Umso härter traf es ihn, als er dort erfuhr, dass seine Mutter den Antrag gestellt hatte, den Geisteszustand ihrer Schwiegertochter zu überprüfen. Dazu hatte sie Angaben gemacht, für die man bei aller Toleranz keine Entschuldigung finden konnte, so auch dass er, der Ehemann, erpresserisch unter Druck gesetzt würde.
Arglos hatte er auf der Behörde zuerst zugegeben, dass sich seine Frau in einem Sanatorium befände und Toby bei ihr sei.
Anscheinend besaß seine Mutter mehr Überzeugungskraft als er, denn als er erklärte, ob es nicht besser sei, sie von einem Psychiater untersuchen zu lassen, bekam er zu hören, dass es wohl der Wahrheit entspräche, dass er und seine Frau es darauf anlegten, seine Mutter auch noch um das Haus zu bringen.