Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman. Leni Behrendt
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Langsam versiegten die Tränen, und Ragnilt schlich auf Umwegen ins Schloß, weil sie sich mit dem verweinten Gesicht unmöglich unter die Menschen wagen konnte. Erschöpft sank sie in ihrem Schlafzimmer auf den Diwan und unterdrückte energisch die Tränen, die wieder aufsteigen wollten. Durch die geöffnete Altantür wehte Tanzmusik, Lachen flatterte auf und frisch-fröhlicher Gesang.
»Nur nicht aus Liebe weinen, es gibt auf Erden nicht nur den einen«, klang es deutlich bis zu dem jungen Menschenkind hin, das heute aus seiner Gleichgültigkeit aufgerüttelt worden war. Denn was da so bang klopfte, war das Herz, das doch so lange gleichmäßig geschlagen hatte – auch in der Nähe des Gatten.
Nur nicht aus Liebe weinen.
Nun, das tat Ragnilt ja auch nicht – heute nicht mehr. Was jetzt ihre Tränen fließen ließ, war ohnmächtiger Zorn, daß sie sich gegen die Überrumpelung nicht hatte wehren können.
War es wirklich nur Zorn allein? Ach, Ragnilt wußte es nicht. Sie wußte nur, daß jetzt ihre Selbstsicherheit dem Gatten gegenüber dahin war – weil der erzwungene Kuß in ihrem Herzen erneut die Saite klingen ließ, die einst so süß und zart geklungen wie eine Äolsharfe – und die eine rücksichtslose Hand so jäh zerriß.
»Nur wer die Liebe kennt, wem sie mit heißer Glut das Herz verbrennt, dem lacht auf Erden schon das Paradies, lockend und süß«, sangen die jungen Stimmen jetzt unten im Park – und süß klang die Geige dazu.
Danke für das Paradies!
Ragnilt sprang erbittert auf. Ich habe darin nur die Schlange kennengelernt, die blutende Wunden in mein Herz biß. Langsam vernarbten sie und sollen nicht wieder aufgerissen werden, dagegen wehre ich mich mit aller Kraft!
Auf dem Wege zum Ankleidezimmer verhielt sie jäh den Schritt; denn nebenan wurde die Tür geöffnet. Ragnilt löschte die kleine Lampe und sah bangklopfenden Herzens auf die breite Glastür, hinter der es jetzt hell wurde. Ob Trutz sie am Ende suchte, um sich zu entschuldigen?
Der doch nicht, verwarf sie jedoch wieder die absurde Idee. Soweit läßt der Mann sich doch nicht herab, zumal er in seinem Recht ist, daran gibt es nun mal nichts zu drehen und zu deuteln. Denn der Ehemann darf seine Frau küssen, so oft und so viel er will – darf sogar die Küsse erzwingen.
»Nur nicht aus Liebe weinen«, hörte sie ihn jetzt pfeifen. O nein, das tat ein Trutz Swindbrecht bestimmt nicht. Warum auch?
»Es gibt auf Erden nicht nur die eine.«
Regungslos verharrte sie, bis die Lampe erlosch und die Tür ging, da erst wagte sie, Licht zu machen. Ihr Herz klopfte immer noch bang und schwer, als sie im Ankleidezimmer die Augen kühlte, bis auch die letzte Tränenspur verwischt war. Dann noch das Haar gebürstet, bis es wie glänzende Seide den Kopf umbauschte – und sie war wieder fit, wie sie mit Selbstironie feststellte. Also auf nach unten, sich unter die fröhlichen Menschen gemischt und bei Spiel und Tanz die für sie so beschämende Episode vergessen.
*
Man schien die junge Hausherrin noch nicht vermißt zu haben, wie diese befriedigt zur Kenntnis nahm. Unauffällig sah sie sich nach Trutz um, den sie dann auf der Tanzfläche entdeckte, die man eigens für dieses Fest errichten ließ. An den Drähten, die von Baum zu Baum gezogen waren, schaukelten Lampions aus feuerfestem Material, Windlichter standen auf den Tischen. Buden waren aufgeschlagen, in denen alles das aufgebaut wurde, was Augen und Magen entzückte. Es gab sogar eine Bar, und die Hocker davor blieben genausowenig leer wie die Tanzfläche, auf der jetzt auch Trutz zu finden war. Mit der Nonchalance, die jedoch an diesem gewiß nicht alltäglichen Mann so anziehend wirkte, führte er seine Partnerin im wiegenden Walzertakt. Schmachtend schaute diese empor in das rassige Männerantlitz, um dessen Mund ein mokantes Lächeln lag.
Gräßlich, dachte Ragnilt, während ihr heiße Glut ins Gesicht schoß. Genauso habe ich ihn einmal angehimmelt.
»Schönste Frau – jetzt tanzen wir beide in den siebenten Himmel hinein«, stand plötzlich ein Mann vor ihr, der mehr getrunken hatte, als ihm dienlich war; denn er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Ein Dunst von Alkohol quoll Ragnilt entgegen, so daß sie angewidert den Kopf abwandte.
Was mach ich bloß? überlegte sie fieberhaft. Lehne ich ab, kommt es bestimmt zum Skandal, Betrunkene darf man ja bekanntlich nicht reizen.
Und siehe da, schon nahte der Retter. Ruhig trat Trutz auf den Berauschten zu und nahm seinen Arm.
»Kommen Sie, mein Lieber, und trinken Sie gefälligst den versprochenen Schnaps mit mir.«
»Aber nur, wenn die… schönste Frau der Welt… mittrinkt. Ich… liebe sie…«
»Dann muß sie natürlich mit«, bekräftigte Trutz, dabei der Gattin einen warnenden Blick zuwerfend. Als sie danach an die Seite des Betrunkenen trat, ließ dieser sich zufrieden abführen, nur daß es nicht dorthin geschah, wo die Bar lockte, sondern dem Schloß zu. Auf halbem Wege kam ihnen Arninger entgegen, der zuerst wohl stutzte, dann jedoch die Situation erfaßte.
»Darf ich mich anschließen?« fragte er harmlos.
»Jawohl«, lallte der Trunkene. »Ich geh’… mit der… schö…, schönsten Frau… zum… Sta…, Standesamt…, da ist sie.«
»Aha«, nickte Arninger verständnisvoll, indem er den jungen Mann, den er als Nachbarssohn von klein auf kannte, unterfaßte. »Komm man, mein Jungchen, ich bin dein Trauzeuge.«
»Wir bringen ihn zu Bett«, raunte Trutz seinem Helfer zu, doch der schüttelte den Kopf und schlug den Weg dorthin ein, wo die Autos der Gäste aufgereiht standen.
»Ich seh’ mich nach seinem Chauffeur um«, sagte Arninger hastig. »Solange müssen Sie ihn schon in Schach halten, Herr Baron.«
Darauf enteilte er und kehrte bald darauf mit dem Fahrer zurück, der ohne viel Federlesens seinen Herrn im Wagen verstaute und davonfuhr.
»Der Mann scheint darin schon Übung zu haben«, lachte Ragnilt, Arninger jedoch seufzte.
»Leider. Aber erst seit kurzer Zeit, seitdem die Braut des armen Jungen mit einem anderen durchging. Um seinen Kummer zu betäuben, greift er jetzt zum Alkohol. Ein wahrer Jammer, daß dieser anständige Mensch an so eine lockere Person herangeraten mußte. Und am schlimmsten ist, er trauert ihr nach. Wahrscheinlich hat er die Frau Baronin in seinem bedudelten Kopf für die Entschwundene gehalten, daher die Faselei vom Standesamt. Hat er Sie etwa belästigt?«
»Nein. Er kam nicht dazu, weil mein Mann rechtzeitig erschien und somit ein Aufsehen verhinderte, das äußerst peinlich hätte werden können. Aber was ist das bloß für ein Mann, der sich wegen einer Frau so aus der Bahn werfen läßt.«
»Das ist schon reiferen Männern passiert als diesem noch sehr jungen«, versetzte Trutz trocken. »Wie sagt Logau: Wo Liebe kommt ins Haus, da zieht die Klugheit aus.«
»Und gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens«, parierte Ragnilt schlagfertig. »Das ist’s also.«
Vergnügt fiel sie in das Lachen der Herren ein, und langsam ging man zu den anderen zurück, von denen niemand den peinlichen Zwischenfall bemerkt hatte.
Zum Glück gab es keinen weiteren Betrunkenen. Wohl hatte man die Bar eifrig besucht, aber immerhin dabei