Dr. Norden Bestseller Box 13 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden Bestseller Box 13 – Arztroman - Patricia Vandenberg Dr. Norden Bestseller Box

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müde, daß sie dann gleich einschlief. Doch am nächsten Morgen erwachte sie erquickt. Die Sonne schien, die Vögel sangen, und Karlchen schlief noch selig und süß.

      Niemand schrie sie an. Sie konnte die Stille genießen. Ein Schimmer von Freude kam in ihre Augen.

      »Herrgott, ich danke dir, daß ich das noch erleben darf.«

      *

      Auch Lucy Rogner schickte ein Dankgebet zum Himmel. Achim hatte die Augen aufgeschlagen. Ob er etwas wahrnahm, konnte man nicht sagen, aber das erste Wort, das er über die Lippen brachte, war »Mami«. Leise und flehend klang es.

      Sie streichelte seine Wangen und seine Hände, sie küßte seine Nasenspitze, die aus dem Verband hervorlugte.

      »Ich bin ja bei dir, Achim«, sagte sie, bemüht, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. »Deine Mami ist bei dir.«

      Er sank wieder in den Schlaf zurück, ruhiger nun, gleichmäßiger atmend.

      Der Chefarzt kam. »Das Schlimmste ist nun wohl geschafft, Frau Rogner«, sagte er, als er Puls und Blutdruck kontrolliert hatte. »Ist zum Glück ein zähes Bürschchen.«

      Er sagte nichts davon, daß sie in der Nacht noch fürchten mußten, daß er es nicht durchstehen würde. Nun waren sie froh, daß sie die Eltern nicht geholt hatten. Es waren ihnen drei schlimme Stunden erspart geblieben, in denen mit Herzmassagen, Infusionen und allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht worden war, das Leben des Kindes zu erhalten.

      Lucy Rogner sah Dr. Reichert aus feuchten Augen an. »Wird er leben, Herr Doktor?« fragte sie besorgt.

      »Jetzt können wir hoffen«, erwiderte er.

      »Und was wird bleiben?« fragte sie mit erstickter Stimme. »Ich möchte es wissen. Ich muß vorbereitet sein, damit ich ihm helfen kann. Es braucht doch seine Zeit, bis man sich hineinfindet. Bitte, sagen Sie mir die ganze Wahrheit.«

      »Viele Narben werden bleiben«, erwiderte er. »Vielleicht auch ein steifes Bein. Aber glücklicherweise keine Querschnittlähmung, wie wir zuerst fürchten mußten. Es wird aber Monate dauern, bis er wieder laufen kann, Frau Rogner.«

      Sie senkte den Kopf. »Wenn er nur lebt«, murmelte sie, »alles andere werden wir überstehen.«

      Sie war sehr tapfer. Dr. Reichert wünschte sich, daß alle Mütter so wären. Sie saß Stunden um Stunden am Bett, ohne eine Schwester in Anspruch zu nehmen. Keine Klage kam über ihre Lippen. Sie äußerte keinen Wunsch. Sie sagte nie, was so viele sagten: »Das ertrage ich nicht. Ich kann hier nicht dauernd sein.«

      Mittags kam Dr. Norden. Kollege Reichert hatte schon mehrfach mit ihm telefoniert. Nun wollte Dr. Norden auch einmal persönlich mit ihm sprechen.

      Zehn, vielleicht auch fünfzehn Jahre älter mochte Dr. Reichert sein als er. Sie waren sich auf den ersten Blick sympathisch.

      »Ich freue mich, daß wir uns mal persönlich kennenlernen, Herr Kollege«, sagte Dr. Reichert. »Gehört habe ich schon viel von Ihnen und auch von der Insel der Hoffnung. Wenn ich mal Zeit habe, werde ich mich auch dort erholen.«

      »Sie werden jederzeit willkommen sein«, erwiderte Daniel. »Aber was hört man denn so über mich, wenn ich neugierig sein darf?«

      »Nur Gutes. Sie haben die Patienten, die sich jeder Arzt wünscht, aber die haben ja auch einen Arzt, wie ihn sich jeder Kranke wünscht. Ich habe Sie schon oft beneidet, das soll nicht ungesagt bleiben.«

      Da konnte Daniel auch nur staunen. Das sagte ein Chefarzt, der gewiß keinen Grund hatte, sich einzuschmeicheln.

      »Schauen Sie, lieber Norden«, fuhr Dr. Reichert fort, »da geht man Tag für Tag, jahrein, jahraus, von Zimmer zu Zimmer, und ganz selten nur lernt man einen Patienten richtig kennen. Die, die man kennenlernt, weil sie monatelang hier liegen, sind meist Todeskandidaten. Und was sonst ein Klinikchef alles zu verdauen hat, wissen Sie ja.

      Als ich jung war, hatte ich nicht die Möglichkeit, eine eigene Praxis zu gründen. Da war ich heilfroh, daß ich die Assistenzstelle bekam, und dann hat man sich so heraufgedient. Lieber Gott, was bin ich redselig. Dabei ist Ihre Zeit kostbar.«

      Ob er auch niemanden hat, mit dem er reden kann? fragte sich Daniel. Hier lebt wohl auch jeder für sich

      allein. Es war bekannt, welches Gerangel es in den großen Krankenhäusern oft gab. Ja, er war froh, daß er dem nicht ausgesetzt war. Dr. Reichert gehörte sicher nicht zu jenen, die sich kaltblütig über alles hinwegsetzen konnten. Das verriet auch sein Interesse an der Familie Rogner und die Tatsache, daß er selbst sich ausschließlich um Achim bemüht hatte, obgleich die weitere Betreuung doch meist dem Stationsarzt überlassen blieb.

      Daniel erfuhr auch, wie kritisch Achims Zustand in dieser Nacht gewesen war.

      »Hoffentlich wiederholt sich das nicht wieder«, sagte Dr. Reichert. »Ja, und dann bleibt natürlich die Überlegung, wie es der Junge verkraften wird, auf lange Zeit hinaus behindert zu sein. Er scheint ja ein rechter Treibauf gewesen zu sein.«

      Das war nicht wegzureden. Aber Dr. Reichert setzte voraus, daß Dr. Norden die weitere ärztliche Betreuung des Jungen übernehmen würde, wenn er dann, wann, blieb offen, nach Hause entlassen werden konnte.

      »Ich weiß nicht, ob er mich mag«, sagte Daniel. »Ich habe ihm mal gewaltig den Kopf gewaschen. Er war tatsächlich unüberlegt und leichtsinnig.«

      »Aber Sie haben ihm zum Überleben verholfen.«

      Lucy Rogners Miene hellte sich auf, als Dr. Norden das Krankenzimmer betrat.

      »Sie kommen eigens wegen Achim her?« fragte sie staunend.

      »Ich muß mich doch mal überzeugen, ob er auch gut versorgt wird«, antwortete Daniel mit einem Augenzwinkern zu Dr. Reichert.

      »Bestens«, erwiderte sie. »Da gibt es nichts zu klagen. Ich darf sogar bei Achim bleiben, solange ich will.«

      »Das ist wohl das wenigste, was wir tun können«, meinte Dr. Reichert. »Aber nun dürfen Sie sich auch ruhig mal Ruhepausen gönnen, Frau Rogner. Gehen Sie mal ein bißchen an die frische Luft. Es ist ein schöner Tag.«

      Ja, es war ein schöner Tag, ein Herbst, wie schon lange nicht mehr. Die Entschädigung für einen verregneten Sommer. Einen malerischen Anblick bot der Park, der in Sonnenlicht getaucht war, die Vielzahl herbstlicher Farben goldschimmernd leuchten lassend. Kein Herbststurm brauste, der die Blätter weggerissen hätte, die nun dahinwelkten. Mild war die Luft, die Lucy Rogner umfing, als sie an Dr. Nordens Seite hinausging.

      »Nun ist das Haus plötzlich nicht mehr wichtig«, sagte sie gedankenverloren. »Ich habe mich so sehr auf Weihnachten gefreut, mich am Ziel aller Wünsche wähnend.«

      »Vielleicht wird Achim Weihnachten doch zu Hause sein«, sagte Dr. Norden.

      »Tini wird vorher heiraten«, sagte sie. »Sie hätte es so verdient, eine schöne Hochzeit zu feiern. Aber wir wollen zufrieden sein, daß sie in Rainer Bichler einen guten Mann bekommt.«

      »Sie wird auch ohne großes Fest glücklich sein«, sagte Dr. Norden.

      »Wir hätten nicht gedacht, daß wir sie mal so schnell verlieren würden«, flüsterte

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