Dr. Laurin Staffel 17 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Laurin Staffel 17 – Arztroman - Patricia Vandenberg Dr. Laurin Staffel

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Augen weiteten sich. »Eigentlich hätte ich es mir denken können, dass du da gleich nachhakst, Antonia«, sagte er.

      »Und ich habe sehr viel erfahren«, erklärte sie.

      *

      Viel mehr erfuhr Dr. Dietsch an diesem Tag nicht mehr, aber er konnte sich ein etwas besseres Bild über Bettina Hammilton machen, als sie erwacht war. Sie wurde nicht aggressiv, sondern machte eher einen apathischen Eindruck.

      »Warum kommt Jonas nicht?«, fragte sie müde, als sich Dr. Dietsch zu ihr ans Bett setzte.

      »Er war hier, als Sie schliefen. Er hat jetzt noch Sprechstunde und ist unabkömmlich.«

      Nun wurde sie schon wieder unwillig. »Er soll sich um mich kümmern. Sein Vater hat es ihm befohlen.«

      »Er hat noch andere Patientinnen«, erklärte Dr. Dietsch freundlich.

      »Ich bin wichtiger.« Sehr deutlich war herauszuhören, wie wichtig sie sich nahm.

      »Möchten Sie Ihr Baby sehen, Frau Hammilton?«, fragte Dr. Dietsch ablenkend.

      »Nein, mir geht es nicht gut. Ich kann mich kaum bewegen.«

      Dr. Bernulf hatte gesagt, dass er ihr Komplimente machen solle, doch das fiel Dr. Dietsch nicht leicht, denn Bettina sah im Moment nicht anziehend aus.

      Konnte sie seine Gedanken erraten? »Ich möchte einen Spiegel haben«, sagte sie gereizt. »Diese dumme Person hat ihn weggenommen.«

      »Sie sehen ganz reizend aus«, erklärte er nun mit einem erzwungenen Lächeln.

      Ihr Blick belebte sich sofort. »Aber meine Frisur ist hin«, murmelte sie. »Ich bin gewöhnt, dass mein Haar jeden zweiten Tag gewaschen wird.«

      »Jetzt geht es doch auch mal so«, sagte er.

      Wie ein trotziges Kind führte sie sich auf, wie ein gefährlich bockiges Kind. Dr. Dietsch nahm sich vor, mit Constantin Hammilton zu sprechen, vor allem im Interesse der Kranken.

      *

      Dr. Leon Laurin hegte auch diesen Wunsch, und er sollte ihm erfüllt werden, ohne dass er selbst etwas dazu tat. Constantin Hammilton meldete sich zu einem Besuch bei ihm an, schon drei Tage später.

      Dr. Laurin war erschrocken, als er kam, so sehr hatte er sich verändert. Der jungenhafte Sonnyboy war ein reifer Mann geworden, die strahlenden Augen waren düster.

      »Dr. Dietsch hat mit mir gesprochen«, erklärte er ohne Umschweife, »aber mit Ihnen kann ich offener sprechen, Herr Dr. Laurin. Sie wissen ja, wie alles anfing.«

      »Und wie ging es weiter?«, fragte Dr. Laurin sehr direkt. »Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie zu mir gekommen sind, das möchte ich vorwegschicken.«

      »Ich muss Ihnen dankbar sein, dass Sie mir damals schon diese Andeutungen machten. Leider sind nicht alle Ärzte so verantwortungsbewusst. Ich bin nämlich überzeugt, dass auch Professor Gellinger – der übrigens ein persönlicher Freund von Herrn Bernulf ist – recht genau wusste, wie es um Bettina bestellt ist. Er hat sich nur gescheut, die Wahrheit zu sagen, und er scheute sich auch, die weitere Verantwortung zu übernehmen. Die wurde dann Jonas aufgeladen, der viel zu jung und unerfahren ist, um Bettinas Zustand zu durchschauen. Ich will nichts gegen ihn sagen, er ist sehr nett, aber er wurde von meiner Schwiegermutter überrollt. Sie denkt ja nicht daran zuzugeben, dass Bettina früher auch schon seltsame Anfälle hatte.«

      »Vielleicht hatte sie solche auch gar nicht«, wandte Dr. Laurin ein.

      »Doch, sie hatte welche«, erwiderte Constantin. »Ich habe mit einer Hausangestellten gesprochen und auch mit einer Freundin von Bettina. Sie hatte öfter unter Schwächeanfällen zu leiden, und wenn sie einmal ihren Kopf nicht durchsetzen konnte, fiel sie in Ohnmacht. Das war nicht gespielt. Sie war manchmal ziemlich lange bewusstlos. Ja, das alles habe ich herausgefunden. Ich habe allerdings mit den Beteiligten nicht über den Grund für mein Interesse gesprochen. Ich will auch nicht schildern, wie Bettina sich aufgeführt hat. Sie kann ja nichts dafür, sie ist krank, und Sie haben dies genau erkannt, Herr Dr. Laurin. Ich habe versucht, mit meiner Schwiegermutter zu sprechen, doch sie hat böse reagiert. Sie hat auch dafür gesorgt, dass Bettina nicht mehr zu Ihnen kam, sie hat sie gleich zu Gellinger in die Schweiz gebracht. Und dort blieb sie auch bis zum sechsten Monat. Dann ging es ihr tatsächlich besser. Ich schöpfte Hoffnung. Sie hielt mir dann vor, dass Jonas sie halt viel besser verstünde als ich und dies zu ihrem seelischen Wohlbefinden beitrüge. Gestern hat sie mir auch klipp und klar erklärt, dass sie sich von mir scheiden lassen und Jonas heiraten würde.«

      »Und er ist damit einverstanden?«

      »Nein, allerdings forciert meine Schwiegermutter dieses Vorhaben. Ich bin gespannt, was bei der heutigen Unterredung zwischen Jonas, seinem Vater und Charlotte herauskommen wird. Ich bin jetzt jedenfalls so weit, dass ich es nervlich nicht mehr verkrafte, meinem Beruf gerecht zu werden. Ich wurde kaltgestellt.«

      »Entlassen?«, fragte Dr. Laurin erschrocken.

      »Nein, das nicht, an den Schreibtisch versetzt. Aber ansonsten ist mir alles gleichgültig. So schrecklich es klingen mag, aber ich sehne diese Trennung herbei.«

      »Und das Kind?«

      »Es tut mir leid, von Herzen leid. Ich begreife nur nicht, dass man nun auch Jonas ins Unglück stürzen will.«

      »Er ist ein Mann, und er ist Arzt. Er wird verstehen, sich zu wehren«, sagte Dr. Laurin.

      »Ich kann es nur hoffen. Ich mag ihn. Jedenfalls hatten Sie recht, wenn es auch sonst niemand zugeben will – Dr. Dietsch ausgenommen.«

      Dr. Laurin überlegte. »Und wenn es nun doch nicht zu einer Scheidung kommt?«, fragte er.

      »Ich weiß nicht, was ich dann tue. Jetzt habe ich nicht mal mehr die Chance, mit einer Maschine abzustürzen.«

      »Solchen Gedanken dürfen Sie keinen Raum geben«, erklärte Leon Laurin eindringlich.

      »Was würden Sie in meinem Fall tun? Leider, ohne zu klagen? Mein Gott, ich werde nie mehr eine Frau anrühren nach diesen Erfahrungen. Bettina hat mich mit dem Kind geködert. Hätte ich sie nur früher durchschaut. Aber schließlich muss man wohl für jede Dummheit bezahlen«, sagte er bitter. »Verstehen Sie mich bitte, sie tut mir leid, aber es ist schrecklich, dass ich zum Prügelknaben gemacht werde, der an allem schuld sein soll. Durch mich ist sie doch nicht krank geworden. Ich habe auch ganz vorsichtig versucht, meiner Schwiegermutter klarzumachen, warum Bettina das Kind besser nicht bekommen sollte, aber was habe ich zu hören bekommen? Ich wäre ein Schuft, ich hätte Bettina seelisch ruiniert. Ich hätte sie krank gemacht. Man wüsste ja nicht, mit was für Frauen ich mich abgegeben und welche Krankheiten ich aufgefangen hätte, mit denen sie dann angesteckt worden wäre. Deshalb möchte ich, dass ich jetzt nochmals gründlich untersucht werde, Herr Dr. Laurin. Ich lasse den Verdacht nicht auf mir sitzen, dass ich Bettinas Zustand verschuldet habe.«

      »Aber Sie standen doch ständig unter ärztlicher Kontrolle«, warf Dr. Laurin ein.

      »Natürlich, aber dieses bornierte Weib – damit meine ich meine Schwiegermutter – denkt darüber nicht nach. Ich hege den Verdacht, dass sie auch einen Defekt hat, um es drastisch zu sagen. Ein klar denkender Mensch kann doch Tatsachen nicht einfach wegzaubern wollen.

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