Chefarzt Dr. Norden Box 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden Box 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 10
Hilfesuchend sah er hinüber zu Daniel Norden. Doch der war ins Gespräch vertieft mit der schönen Frau.
Die beiden schienen sich zu kennen. Sehr gut sogar. Oder hätte sie sonst die Hand so vertraulich auf seinen Arm gelegt? War es möglich, dass ausgerechnet Dr. Daniel Norden … Nein! Oskar verbot sich, diesen Gedanken zu Ende zu denken.
Daniel schienen ähnliche Gedanken zu bewegen. Er sah demonstrativ zur Seite, als der Lebensgefährte seiner ehemaligen Haushälterin an ihnen vorbeiging.
*
Erst als das Paar vorbeigegangen war, hob Dr. Norden den Kopf und sah den beiden nach, bis sie um die Ecke des ehrwürdigen Hauses mit dem glänzend schwarzen Dach und den weißen Bogenfenstern verschwunden waren. Mia Paulsen entging sein Blick nicht.
»Eine Flasche Champagner, bitte!«, bestellte sie beim Kellner.
Ihr Plan ging auf. Sofort gehörte ihr die ungeteilte Aufmerksamkeit ihres Tischherrn.
»Champagner? Gibt es etwas zu feiern?«
»Eventuell den Beginn einer wunderbaren Freundschaft.«
Daniel zog eine Augenbraue hoch.
»Gute Zusammenarbeit würde völlig ausreichen.« Er klappte die Speisekarte auf. »Haben Sie die Unterlagen von Frau Sander dabei?«, fragte er beiläufig.
Viele andere Frauen hätten sich beleidigt zurückgezogen. Nicht so Mia. Daniel musste sie nicht ansehen, um zu wissen, dass sie ihn taxierte wie ein Jäger seine Beute. In einem früheren Leben musste sie eine Amazone gewesen sein. Jenes Volk in der griechischen Mythologie, dessen Frauen männergleich in den Kampf gezogen waren.
»So ein Pech! Die habe ich jetzt doch tatsächlich im Wagen liegen gelassen.« Über den Rand der Karte hinweg sah Daniel die Kollegin an.
Sie verstand ihn auch ohne Worte.
»Was denn? Wollen Sie mir etwa Absicht unterstellen?«
Daniel klappte die Karte wieder zu und legte sie auf den Tisch. Der Ober kam und servierte den Champagner.
»Ich unterstelle Ihnen gar nichts.« Die Gläser klangen hell aneinander. »Aber was halten Sie davon, wenn ich die Bestellung aufgebe und Sie zum Wagen gehen und die Unterlagen holen, die Sie dort – ganz ohne jeden Hintergedanken – vergessen haben?«
Mia nippte an ihrem Champagner.
»Was halten Sie davon, wenn wir zuerst die Vorspeise essen? Wenn ich Ihnen etwas empfehlen darf.« Sie nickte hinüber zu der fast mannshohen Tafel, die an der Hauswand lehnte. »Die Hummer-Rollen sind ganz fantastisch. Mit Koriander, Minze und Limette. Ein besonderes Geschmackserlebnis.«
Daniel Norden ballte die Hand zur Faust. Diese Frau verstand offenbar nur Klartext.
»Ehrlich gesagt ist mir der Appetit vergangen.«
Mia zögerte den Bruchteil einer Sekunde. Dann warf sie den Kopf in den Nacken und lachte. Ihre Stimme war eine Nuance zu tief für ihr Aussehen, was ihr interessierte Blicke der Tischnachbarn einbrachte.
»Sie werden sich von einer faulen Ausrede doch nicht den Abend verderben lassen.«
Daniel Norden blieb ernst.
»Nur von faulen Tricks.« Was war nur mit dieser Frau los? Jede Kritik perlte an ihr ab wie ein Tropfen Wasser an einem Lotusblatt. Er konnte sich gut vorstellen, dass ihre Hautoberfläche dieselbe nanoskopische Architektur aufwies, wie die Blattoberfläche dieser Pflanzen. Weder Schmutz noch Ärger oder Sorgen hatten Spuren in Mia Paulsens Gesicht hinterlassen. Doch trotz der makellosen Züge einer Mittzwanzigerin wirkte sie auf unheimliche Art gereift. An diesem Eindruck konnte auch ihr Lächeln nichts ändern.
»Warum so spröde, Herr Kollege? Ich bin doch nicht Ihre Feindin. Ganz im Gegenteil.« Die letzten drei Wörter waren zu viel. Sie bemerkte ihren Fehler sofort. »Sie sind ein ganz schön harter Brocken.« Sie schob den Stuhl zurück und stand auf. »Ich hole die Akte. Unter einer Bedingung.«
»Und die wäre?«
»Laufen Sie nicht davon!«
*
Eine Amsel saß auf dem Dach eines Nebengebäudes der Klinik und sang ein trauriges Abendlied. Der Lärm auf den Straßen ebbte ab. Nebelschwaden zogen durch den Garten der Klinik. Der würzige Duft von frisch gemähtem Gras und feuchter Erde vermischte sich mit den Ausdünstungen der Großstadt und verdrängte sie mehr und mehr. Die Dämmerung tauchte die Welt in sanfte Blautöne.
Auch in der Behnisch-Klinik kehrte langsam Ruhe ein. Die Patienten hatten die letzten Medikamentengaben des Tages erhalten, Besucher waren nach Hause gegangen. Das Licht wurde gedimmt. Trotzdem war für einige Mitarbeiter der Arbeitstag noch nicht zu Ende. Dr. Felicitas Norden gehörte zu ihnen. Sie saß mit ihrer Freundin Elena und dem Kollegen Matthias Weigand zusammen am Tisch des Aufenthaltsraums. Jeder hatte eine kleine Schachtel mit chinesischen Schriftzeichen vor sich. Doch an Essen war im Augenblick nicht zu denken.
»Du hast Steinhilber wirklich Liebesbriefe geschrieben?«, fragte Elena kichernd und griff nach dem Glas Wasser.
»Du und Liebesbriefe? Das ist nicht dein Ernst.« Auch Matthias Weigand wollte es nicht glauben.
»Wieso denn?« Fee war fast beleidigt. »Was ist daran so abwegig? Ich bin auch ein Mensch mit Gefühlen.«
Matthias schnitt eine Grimasse und tätschelte ihr die Schulter.
»Nicht böse sein, Feelein. So war das gar nicht gemeint.«
»Außerdem war ich damals süße zwanzig. Da macht man schon mal Dummheiten.«
»Wenn das so ist, warst du ganz klar ein Spätzünder.«
Fee steckte eine Gabel voll Nudeln in den Mund. Sie kaute eine Weile. Dann sagte sie:
»Das stimmt nicht. Solange ich denken kann, habe ich mich für Daniel interessiert. Wir kennen uns ja schon ewig.«
»Eine Sandkastenliebe!« Elena verdrehte die Augen gen Himmel. »Und warum dann die Liebesbriefe an einen anderen? Noch dazu an einen Dozenten?«
»Das war bestimmt ein Ausbruchversuch!«, diagnostizierte Matthias.
»Auf der Flucht vor Dr. Norden«, zitierte Elena mit Grabesstimme.
Die beiden Kollegen brachen in wieherndes Gelächter aus.
Fee konnte nicht anders. Sie musste mitlachen.
»Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, welcher Teufel mich damals geritten hat. Deshalb habe ich auch Daniel nie etwas davon erzählt.« Sie schickte einen Lehrerinnenblick in die Runde. »Kein Wort zu ihm. Habt ihr das verstanden?«
Nach und nach versickerte das Lächeln auf Elenas Gesicht. Matthias erging es ähnlich.
»Sag mal, kann es sein, dass dich dieser Dr. Steinhilber erpresst?«, stellte er die Frage,