Ohne Panzer Ohne Straßen. Franz Taut

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Ohne Panzer Ohne Straßen - Franz Taut Zeitzeugen

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der Pioniere trug. »Ich war doch gestern selbst dabei, wie wir den Bunker ausgeräuchert haben. Ne, Herr Leutnant, da kommt unsereiner nicht mehr mit.«

      Ich auch nicht, dachte Hohberg. Seine Sorge galt Anschütz. War es dem Gefreiten gelungen, sich mit dem Wagen in Sicherheit zu bringen? Ich muss Gewissheit haben, sagte er sich, schon im Begriff, durch das Getreidefeld zum Weg zurückzurobben.

      Der Feind im Bunker hatte das Feuer eingestellt. Hatte er sich verschossen, oder war es nur, weil er kein Ziel mehr sah?

      Nach wenigen Metern hörte Hohberg hinter sich einen Ruf. Er blickte sich um. Aus einer nahen Kiefernschonung tauchte der Gefreite Anschütz auf. Anschütz im Stahlhelm, den Karabiner im Anschlag.Er kam heran und meldete, er habe den Wagen aus dem Feuerbereich und den Verwundeten, den es übel am Fuß und am Arm erwischt habe, zum nächsten Verbandsplatz gebracht.

      »Das war ja der reinste Höllenspuk, Herr Leutnant«, setzte er hinzu. »Vom Verbandsplatz aus haben sie es gleich ans Regiment weitergegeben. Jetzt müssen die den Bunker noch mal nehmen.«

      Sie führten den Landser mit dem Streifschuss, der vom Blutverlust schlapp war und über starke Schmerzen klagte, zum Verbandsplatz, wo Anschütz den Wagen abgestellt hatte.

      »Jetzt ab zum Werkstatttrupp, ’ne neue Windschutzscheibe einsetzen«, meinte der Gefreite und zeigte Hohberg die Einschüsse, die der Wagen aufwies.

      Auf der Karte suchte Hohberg einen Weg, der das Bunkergelände nicht berührte. In einem Dorf, das verlassen war wie alle Dörfer im grenznahen Bereich, fand er eine Nachrichten-Vermittlung und rief den Chef in der B-Stelle an. Es ging vor allem darum, dass die Straße durch die Bunkerlinie bis zur Ausschaltung der von den Russen wiederbesetzten Kampfanlage gesperrt wurde.

      Als sie in der Feuerstellung ankamen, hieß es, der Gefreite Anschütz sei zum Regimentsgefechtsstand befohlen.

      Der Lkw-Fahrer Winkowski, der gerade Munition in die Stellung brachte, sagte neckend: »Die verpassen dir bestimmt ’ne Zigarre wegen der kaputten Windschutzscheibe.«

      Anschütz fuhr mit dem beschädigten Wagen zum Tross, wo sich der Werkstatttrupp eingerichtet hatte, und von dort mit einem Meldekrad zum Regimentsstab. Als er am frühen Nachmittag mit Leutnant Hohbergs Wagen zurückkam, trug er am schwarz-weiß-roten Band das EK II. Die Einschusslöcher am Wagen waren mit weißer Farbe umpinselt. Darunter war das Datum »23. Juni 1941« vermerkt.

      Vom Batteriechef hatte Hohberg erfahren, dass ein Geschütz der Kanonenbatterie und die Sturmpioniere den Bunker am Feldweg soeben zum zweiten Mal angriffen. Kurz darauf rief der Hauptmann wieder an. Es war der Befehl zum Stellungswechsel. Durch einen Kradmelder sollte die Batterie eingewiesen werden.

      Die neue Feuerstellung befand sich in einer Wiesenmulde. Die Angriffsrichtung hatte sich nunmehr geändert. Die Rohre zeigten nach Osten. Dort erstreckte sich ein ausgedehnter Wald, in dem sich nach den letzten Aufklärungsergebnissen Teile der 76. proletarischen Division, einer Eliteformation der Roten Armee, zum Gegenangriff bereitstellen sollten. Knapp einen Kilometer vom Waldrand entfernt hatte sich ein Infanterie-Bataillon eingegraben.

      Die feindliche Artillerie, allem Anschein nach erheblich verstärkt gegenüber den ersten beiden Kampftagen, schoss Feuerüberfälle auf den Nachschubweg. Auch in der Nähe der Batterie Kern schlug es mehrmals ein. Brummend flogen gezackte Splitter bis zu den Geschützen.

      Plötzlich setzte voraus heftiges MG- und Schützenfeuer ein. Fast zugleich kam von der B-Stelle durch den Fernsprechdraht der Befehl: »Sperrfeuer schießen!«

      Ein Höllenlärm hob an, wie ihn seit der Aisne Anfang Juni 1940 in Frankreich niemand in der Batterie mehr gehört hatte. Mit entblößtem Oberkörper arbeiteten die Kanoniere an den Geschützen, schoben die zentnerschweren Granaten in die Rohre, rissen leer geschossene Kartuschen heraus und luden die Geschütze erneut.

      Als eine Stunde später das Feuer eingestellt wurde, war auch das Getöse des Infanteriegefechts verstummt. Auf dem Weg, der durch die Mulde führte, rasten Sankas mit dem Rotkreuzzeichen mit hoher Geschwindigkeit nach rückwärts zum Verbandsplatz.

      Auf dem Soziussitz eines Meldekrads kam Wachtmeister Spohrer, der vorgeschobene Beobachter der Kanonenbatterie, in die Feuerstellung der Haubitzen. Seine linke Hand war dick verbunden. Sein Funkgerät hatte er durch einen Treffer verloren. Der Funker war schwer verwundet von einem der Sankas abtransportiert worden.

      Spohrer berichtete, die Russen hätten bei dem missglückten Gegenangriff nahezu ein ganzes Schützenregiment verloren.

      »Die kommen so rasch nicht wieder«, setzte der Wachtmeister hinzu, der im Winter zusammen mit Hohberg an einem Beobachter-Lehrgang teilgenommen hatte. »Gestern haben wir den Bunker bekämpft, der Ihnen so übel mitgespielt hat, Herr Leutnant. Wir haben in direktem Beschuss draufgehalten. Sie wissen ja, mit welcher Rasanz unsere Zehn-Zentimeter-Granaten hineinhauen. Trotzdem haben sich die Russen sechs Stunden lang, bis zehn Uhr abends, in dem Bunker gehalten. Mit Flammenwerfern, Handgranaten und Nebelkerzen haben die Pioniere sie endlich so weit gebracht, dass sie aufgaben. Aber das Tollste kommt noch: Der Kommandant, ein Kommissar, hatte einen Schuss in der Brust. Mit dieser Verwundung marschierte er noch drei Kilometer zum Verhör. Als man ihn befragen wollte, brach er zusammen.«

      Wachtmeister Spohrer fuhr ab. Dem Durchschuss durch seine Hand schien er nur geringe Bedeutung beizumessen.

      In der Stellung erschien nun Hauptmann Kern. Er lobte die Kanoniere, die erheblich zu dem Abwehrerfolg beigetragen hätten, und nahm Hohberg beiseite.

      »Wir treten jetzt in eine neue Phase ein. Der Gegner scheint im näheren Bereich nicht mehr viel parat zu haben, jedenfalls was unseren Angriffstreifen angeht, wenn es auch im Korps- oder Armeemaßstab etwas anders aussehen mag. Von morgen früh an ist die Batterie der Vorausabteilung der Division zugeteilt. Sie wissen, was das heißt, Hohberg.«

      Unvermittelt wechselte er das Thema.

      »Ich war gestern noch mal beim Tross. Habe dafür gesorgt, dass alles, was Leutnant Heise besaß, zusammengepackt und an seine Heimatadresse abgeschickt wurde. Stellen Sie sich vor, Hohberg: Unter Heises Sachen war eine komplette Winterausrüstung, pelzgefütterte Handschuhe, ein dicker Wollschal, ein schafwollener Pullover und eine handgestrickte Mütze. Das ist doch sonderbar, nicht wahr?«

      Hohberg sah den Hauptmann an.

      »An dem Nachmittag, bevor es losging, erwähnte Heise das Jahr 1812 mit den katastrophalen Folgen für Napoleon. Von einem raschen Sieg über die Russen war er anscheinend nicht überzeugt.«

      »Sind Sie es denn, Hohberg?«, fragte Hauptmann Kern und fügte, ohne die Entgegnung des Leutnants abzuwarten, hinzu: »Heise hat zweifellos mit einem Winterfeldzug gerechnet. Das wäre freilich – na, wir haben ja erst das letzte Juni-Drittel, und bisher läuft wohl alles nach Plan.«

      Alles, dachte Kern, wirklich alles? Aber er sprach es nicht aus. Weltkriegsteilnehmer galten bei der neuen Wehrmacht als Besserwisser und Schwarzseher. Und es war ja eigentlich auch nur ein tief sitzendes unheimliches Gefühl, das er nicht loswerden konnte.

      Bevor der Batteriechef zu einer beim Abteilungsstab anberaumten Besprechung weiterfuhr, ging er mit Hohberg noch einige Einzelheiten durch, die im Zusammenhang mit der Zuteilung zur Vorausabteilung von Wichtigkeit waren.

      Der Gedanke an Leutnant Heises Winterausrüstung ging Hohberg nicht aus dem Kopf. Wird der Gegner von unserer Führung überhaupt richtig eingeschätzt?, fragte er sich. Er rief beim Nachrichtenzug an, um sich über den aktuellen Stand zu informieren. Aber auch dort wusste man nichts.

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