Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner
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»Und wie ich verstehe, mein Lieber! Du bist in sie verliebt. Du hast dein Herz an sie verloren. Du denkst ständig an sie. Bei allem, was du tust, kommt sie dir in deine Gedanken. So geriet das Foto auch in den Umschlag, den du mir gegeben hast. Das war dein Unterbewußtsein.«
Arnold lächelte Boyd an.
»Liebe ist keine Krankheit, kein Unglück! Ganz im Gegenteil! Dich hat es erwischt! Bei dir hat der Blitz eingeschlagen.«
»Und wenn schon? Das geht hoffentlich bald vorbei! Jedenfalls mußt du deinem Chef die Idee ausreden.«
»Unmöglich! Ganz unmöglich! Wenn der sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann will er es. Er dreht so lange daran herum, bis er es auch bekommt.«
Arnold belegte sich ein Brötchen mit Schinken. Er hatte Mitleid mit Boyd, der wirklich unglücklich aussah.
»Du mußt die Aufnahmen nicht selbst machen, Boyd. Beauftrage einen deiner Mitarbeiter damit.«
»Das kommt überhaupt nicht in Frage!« platzte Boyd heraus.
»Hast du Angst? Bist du am Ende eifersüchtig?«
Boyd schob seinen Frühstücksteller zur Seite. Er brachte keinen Bissen hinunter.
»Gut! Ich kann nicht essen, nicht schlafen, nicht denken!
Doch denken kann ich schon, aber ich kann nur an Evi denken.«
»Das ist Liebe! Glückwunsch! Dich hat es erwischt, das Schönste und Größte, was einem Mann widerfahren kann. Du hast die Frau für das Leben gefunden.«
»Ja, ja! Wer den Schaden hat, muß für den Spott nicht sorgen!« sagte Boyd bitter. Er schüttelte den Kopf. »Arnold, überlege doch einmal. Evi Quentmair ist die Jüngste von zwei Kindern auf dem Quentmair Hof. Sie hat noch einen älteren Bruder, Simon. Ich habe ihn im Wirtshaus kennengelernt. Wir sind zusammen wandern gegangen. Simon ist ein echter Bergler. Er hat mir die Berge nahe gebracht. Ohne ihn wären die Bilder bestimmt nicht so gelungen. Aber zurück zu Evi. Sie ist auf dem Bauernhof aufgewachsen und will dort auch nicht fort. Von Simon weiß ich, daß sie nur einen Mann heiratet, der mit ihr auf dem Quentmair Hof leben will. Sie will dort bleiben. Die Geschwister verstehen sich gut. Simon ist in Evis Schulfreundin verliebt. Aber ich bin dort ein Exot. Wenn ihr etwas an mir liegen würde, hätte sie Gelegenheit gehabt, in meine Nähe zu kommen. Aber sie ging mir aus dem Weg. Ich weiß sogar von Simon, daß mein Name auf dem Quentmair Hof nicht genannt werden darf. Da wird Evi böse.«
»Was für eine Geschichte! Du bist in Evi verliebt und willst sie nicht sehen! Sie geht dir aus dem Weg. Warum? Weil sie genau wie du Angst vor ihren Gefühlen hat.«
Arnold trank einen Schluck Kaffee.
Dann sprach er weiter:
»Schau, es kann schon einmal eine Wolke über dem Gipfel des ›Höllentors‹ stehen. Wenn ein Wetter aufzieht, dann kommen die Wolken meistens von der Bergseite aus der Richtung des ›Höllentors‹. Das kann dir jeder in Waldkogel bestätigen. Das ist nichts Ungewöhnliches. So, nun erzählst du mir einmal genau, wo, wann, wie du sie getroffen hast und was ihr gesprochen habt. Alle Einzelheiten!«
Zuerst berichtete Boyd stockend, dann flüssiger. Arnold hörte aufmerksam zu.
»Falls du nach einem Weg gesucht hast, mit ihr ins Gespräch zu kommen – nun jetzt hast du ihn. Das ist Schicksal! Du hast einen Grund, den Quentmair Hof zu besuchen. Gehe hin, wenn sie beim Mittagessen sind! Dann ist Simon auch dabei und Evis Eltern. Außerdem kannst du ihr das Bild und das Negativ geben. Du trägst dein Anliegen vor. Sie kann einem Gespräch nicht ausweichen. Du kennst ihren Bruder, bist sogar mit ihm in den Bergen gewesen. Du kennst ihren Vater. Wenn du mit ihr nicht über deine Gefühle, über eure Gefühle reden willst, dann mußt du das nicht tun. Jedenfalls nicht sofort. Frage sie, bitte sie, an deinem Auftrag mitzuwirken.«
»Was sollen das für Aufnahmen sein?«
»Festtagsdirndl und Brautmoden!«
»Das paßt wie die Faust aufs Auge!«
»Boyd, du benimmst dich wie ein kleiner Junge! Nun reiß dich zusammen. Du bist ein Starfotograf, bist erfolgreich. Du bist ein Profi. Gehe erst einmal ganz professionell an die Sache heran. Dann wirst du sehen. Einen Versuch ist es wert. Wenn es wirklich schiefgeht, dann verspreche ich dir, rede ich mit meinem Chef.«
»Gut! Ich probiere es! Mehr als rauswerfen kann sie mich nicht!«
»Richtig! Wann fährst du?«
Boyd schaute zur Uhr. Tief in seinem Innern zog es ihn nach Waldkogel zu Evi. Er konnte es kaum erwarten, sie wiederzusehen. Wie es sich alles gefügt hatte! Boyd hatte seit seiner Abreise darüber nachgegrübelt, wie er es anstellen könnte, mit Evi zu reden. Jetzt war diese Frage gelöst.
»Es ist Samstag! Fahre doch noch heute! Verbringe noch ein Wochenende in Waldkogel.«
Arnold stand auf.
»Ich gehe! Das Frühstück war gut! Danke! Ich rufe dich am Montag an. Dann treffen wir uns zum Mittagessen und du kannst mir alles erzählen. Ich wünsche dir viel Erfolg als Fotograf aber auch als Bursche, der sein Madl erobert.«
»Willst du nicht mit nach Waldkogel kommen?«
»Nein, meine Liebste wartet!«
Boyd brachte Arnold zur Tür. Wortlos schüttelten sie sich die Hände. Arnold ging. Boyd fing sofort an zu packen. Dazu suchte er erst einmal das Negativ von der Aufnahme mit Evi heraus. Danach machte er in der Dunkelkammer einen Abzug und hing ihn zum Trocknen auf. Bis das Papier trocken war, hatte er genügend Zeit, Vorbereitungen zu treffen.
*
Evi hatte sich am Samstagnachmittag mit ihrer Freundin Rosi verabredet. Evi holte Rosi daheim ab. Dann spazierten die beiden jungen Frauen zum Bergsee. Sie setzten sich ans Ufer.
»Denkst du immer noch an ihn, Evi?«
»Ja, ist es nicht schlimm? Ich denke den ganzen Tag an ihn. Ich überlege, was Boyd macht: Ißt er? Arbeitet er? Trifft er sich mit Leuten? Fotografiert er? Schläft er? Fährt er gerade Auto?«
Rosi hörte Evi ruhig zu, bis sie zu Ende war.
»Simon hat erzählt, daß Boyd irgendwann wieder nach Waldkogel kommen wird. Simon wird sich sicherlich mit ihm treffen. Die beiden Burschen verstehen sich gut. Wenn du willst, kann ich Simon wissen lassen, daß er Boyd ruhig einmal mit auf den Hof bringen kann. Wie denkst du darüber?«
»Ich weiß nicht, Rosi! Ich weiß überhaupt nichts mehr. In meinem Kopf ist alles ganz wirr, ein riesiges Durcheinander. Gleichzeitig ist da eine Leere. Nichts interessiert mich mehr. Sicher mache ich meine Arbeit auf dem Hof. Aber ich tue es mechanisch. Ich bin nicht mit dem Herzen dabei, verstehst?«
»Dein Herz sucht nach Boyd! Du magst ihn wirklich, wie?«
Evi schwieg eine Weile.
»Dir kann ich mich ja anvertrauen, Rosi! Ja, ich mag Boyd. Er gefällt mir, obwohl ich ihn nur einmal kurz vor der Kirche gesehen und mit ihm gesprochen habe. Dann habe ich ihn noch heimlich nachts von meinem Balkon aus beobachtet. Ich kann dir nicht viel über ihn sagen. Ich weiß nur, daß ich immerzu an