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»So habe ich sie auch nicht eingeschätzt. Nichts gegen Rolf, aber mit seinen Eltern wäre ich auch nicht ausgekommen und ich bin nicht so zart besaitet wie du.«
»Sie sind bösartig, aber heute habe ich grad erfahren, daß Herr Haemlin einen Schlaganfall hatte und in der Behnisch-Klinik liegt.«
»Das sollte kein Anlaß zur Trauer sein.«
»Wir haben keinen Kontakt. Sie machen mich runter, wo sie nur können. Ich habe schon zu Dr. Norden gesagt, daß sie mich auch für Rolfs Tod verantwortlich machen.«
»Das müssen ja die reinsten Sadisten sein. Aber jetzt bin ich hier und jederzeit erreichbar. Es soll niemand wagen, dir zu nahe zu treten. Ich habe ja geahnt, daß dich etwas bedrückt, so wie du aussiehst.«
»Wie sehe ich denn aus?«
»Durchsichtig, zum Umblasen.«
»Ich hatte unser Baby verloren«, sagte Jana leise.
Simone sah sie forschend an. »Es mag herzlos klingen, aber ich denke, es ist besser so. Immerhin hätte das Kind schreckliche Großeltern gehabt.«
»Daran habe ich allerdings auch gedacht.«
»Doch ein Zeichen von gesundem Lebenswillen. Du wirst bald einsehen, daß das Leben schön sein kann.«
Jana schwieg kurz. »Jetzt erzähle mir mal, wie du darauf gekommen bist, nach München zu wechseln. Du hattest doch auch eine tolle Stellung.«
»Ich mußte mich verändern. Alles war so festgefahren. Hanno wollte sich wieder bei mir einnisten, nachdem zwei Fehlversuche mit anderen Bienen sein Konto überbeansprucht haben. Da dachte er, daß die großzügige Simone ihn wieder aufrichten würde. Soviel Unverschämtheit kannst du dir gar nicht vorstellen. Aber da er in derselben Firma beschäftigt ist, war es nun mal so, daß wir uns ständig in den Weg liefen. Da er meinte, daß wir uns in aller Freundschaft getrennt hätten, könnte alles wieder von vorn beginnen.«
»Du hast nie darüber geredet«, sagte Jana.
»Wozu auch, jedes Wort war überflüssig. Aus Schaden wird man klug.«
»Gut, daß du es so siehst.«
»Gewurmt hat es mich schon, daß ich auf ihn hereingefallen bin, aber man wird vorsichtiger. Dann habe ich beim Skifahren einen Münchner kennengelernt, und wir verstehen uns ganz gut. Er hat gemeint, daß es schön wäre, wenn wir uns öfter sehen könnten. Nun will ich mal ausprobieren, ob er das ernstgemeint hat. Er hat noch keine Ahnung, daß ich die Stellung angenommen habe bei Dalibo.«
»Als was?«
»Public Relation und Kundenbetreuung. Gehaltsmäßig ein Sprung nach oben.«
»Und welchen Beruf hat er?« fragte Jana.
»Er ist Rechtsanwalt.«
»Hat er auch einen Namen?«
Simone lachte. »Du bist aber neugierig. Natürlich lernst du ihn auch kennen, wenn ich sicher bin, daß er sich über meinen Wechsel nach München freut. Vorher sage ich nichts, dann verdaue ich es leichter, wenn es ein Reinfall ist. Jetzt erzähl du aber, was du dir vorgenommen hast. Was für eine Stellung strebst du an?«
»Ich möchte für Kinder sorgen, als Pflegerin oder Betreuerin.«
»Guter Gott! Wie kommst du auf solche Gedanken? Du hast doch gar keine Erfahrung.«
»Erinnere dich bitte, daß ich nach dem Abi ein Jahr in Amerika als Au-pair-Mädchen war. Es hat mir viel Spaß gemacht mit Jilly und Jeremy. Ich möchte etwas Konstruktives tun, etwas, was mir wirklich Freude macht.«
»Und plötzlich kannst du ein paar schikanöse Gören am Hals haben, die dir das Leben zur Hölle machen. Denk lieber noch mal gründlich nach. Außerdem werden da meist Hungerlöhne gezahlt.«
»Es geht mir dabei nicht ums Geld. Ich liebe Kinder, und da ich keine mehr haben werde, kann ich doch so etwas Gutes tun.«
»Wieso kannst du keine Kinder mehr haben, Jana? Du bist noch jung genug, und es gibt wirklich nette Männer. Auch welche, die keine boshaften Eltern haben.«
»Aber ich denke nicht daran, wieder zu heiraten.«
»Jetzt denkst du natürlich nicht daran, aber das kann sich ändern. Um Kinder zu bekommen, muß man außerdem nicht unbedingt heiraten.«
»Ich bin diesbezüglich altmodisch. Kinder sollten Vater und Mutter haben. Manchmal ist das nicht zu machen, aber man sollte es nicht von vornherein ausschließen. Rolf hatte alles geplant. Erst eine Wohnung einrichten, dann heiraten und an Familienplanung denken.«
»Und das fandest du richtig?«
»Ich fand es vernünftig.«
»Na schön, ich lasse ja jedem seine Meinung, aber vom Hocker würde mich das nicht reißen. Ich hasse es, wenn Frauen einen Mann durch ein Kind zur Heirat zwingen wollen, aber echte Liebe in ein Schema pressen zu wollen, ist auch nicht gut. Dein Rolf war in Ordnung, ein Wunder bei diesen Eltern, aber ich weiß nicht, ob es zwischen euch auf die Dauer gutgegangen wäre. Es ist müßig darüber nachzudenken, aber dein Vorhaben halte ich, mit Verlaub gesagt, für eine Schnapsidee.«
»Dr. Norden würde mir eine Stelle bei der Familie Liborius vermitteln.«
Simone sah erstaunt auf.
»So heißt mein zukünftiger Chef! Kennst du ihn?« fragte sie überstürzt.
»Nein. Ich habe auch erst kürzlich gehört, daß seine Frau nicht mehr lebt. Für seinen vierjährigen Sohn wird eine Betreuerin gesucht. Ich habe mich noch nicht entschieden.«
»Ich bin gespannt, wie er ist, denn ich habe bisher nur mit dem Personalchef gesprochen, der auch nicht übel ist.«
Jana warf Simone einen Seitenblick zu. »Ich denke, du bist wegen eines Rechtsanwaltes nach München gekommen«, meinte sie anzüglich.
»Deshalb kann ich doch auch andere Männer nett finden! Man soll alles nicht so eng sehen. Ich bin nicht der Typ, bei dem es Liebe auf den ersten Blick gibt. Es hat sogar ziemlich lange gedauert, bis ich Hannos Schwachstellen erkannt habe. Jetzt bin ich doppelt vorsichtig, aber man muß vergleichen können.«
Diesbezüglich hatten sie schon immer verschiedene Meinungen gehabt. Das hatte jedoch ihrer Freundschaft nicht geschadet, und auch jetzt fühlten sie wieder die alte Verbundenheit. Es tat Jana gut, einen Menschen um sich zu haben, mit dem sie offen reden konnte.
»Du wirst dir das noch reiflich überlegen, Jana«, sagte Simone. »Es wäre schade, wenn du nicht in deinen Beruf zurückfinden würdest.«
»Ich habe noch überlegt, aber dann war ich auf dem Friedhof, und plötzlich kam ein kleiner Junge angelaufen, der meinte, ich sei seine Mami. Es war so rührend, wie er sagte, daß seine Mami doch wiedergekommen sei. Sein Vater erklärte mir, daß er es nicht begreifen wolle, daß sie gestorben sei. Es hat mir richtig weh getan. Ich habe mich sogar gefragt, ob es nicht schlimmer ist, wenn Kinder ihre Mutter verlieren, als wenn man seinen Mann verliert.«
»Das