William Lovell. Ludwig Tieck
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу William Lovell - Ludwig Tieck страница 13
7
Amalie Wilmont an William Lovell
London.
Mit einer innigen Wehmut setz ich mich nieder, um Ihnen zu schreiben; ich hätte Ihnen so manches zu sagen, so manche Antwort von Ihnen zu erbitten, und doch bin ich in Verlegenheit, wie ich es Ihnen sagen soll. So unerwartet ich Sie in London wiedersah, ebenso plötzlich sind Sie nun wieder abgereist; alle meine Empfindungen, frohe und traurige, wiegen mich in einen Traum, in welchem ich keinen Begriff, kein Gefühl fesseln, nachdenken und empfinden kann. Ach, William, in der kurzen Zeit, in welcher ich Sie kannte, hatt ich mich so frei, so kühn, und (ich weiß nicht, wie ich es nennen soll) so groß gefühlt, daß ich der Zukunft froh und ohne Scheu entgegensah – aber itzt beklemmt eine unnennbare Bangigkeit meine Brust, mein Mut verläßt mich, ich fühle mich einsam und verlassen, ich bin wieder ein Kind, wie ich vorher war. Ich weiß selbst nicht, was ich von mir will, die Zukunft und die ganze Welt liegt in einer finstern Ausdehnung vor mir, ich ahnde, daß die Freuden dieses Lebens vielleicht die zartesten Blumen sind; wehe dem Herzen, in welchem der Frühling zu früh aufgeht, ein einziger wiederkehrender Wintertag läßt alle Blüten ersterben, dann ruft sie kein Sonnenschein ins Leben zurück, keine herabfallende Träne erquickt sie wieder. William, wenn dieser ewige Winter meiner wartete? – Doch, lassen Sie uns abbrechen, wir können dem Schicksale nicht gebieten, aber Wünsche sind verzeihlich.
Ihr Vater ist von neuem unpäßlich geworden, er sieht sehr bleich aus, ich habe ihn neulich in London gesehn; doch sein Sie nicht betrübt darüber, etwas ist er indes schon besser geworden. Mit welcher Freude sprach er von Ihnen! Oh, wie liebt ich ihn um dieser Liebe willen! Ich fühlte mich in Ihrem Lobe so geehrt – und – ich weiß nicht, ob ich weiterschreiben soll – ach, William – und da sprach er von seinen Planen mit Ihnen, von gewissen Verbindungen, die so gut wie geschlossen wären, er nannte mehrmals den Namen der jungen Bentink – ich konnt ihn nicht mehr lieben, alle Freundlichkeit seines Gesichts ward für mich plötzlich ein furchtbarer Ernst.
Leben Sie wohl. Weiß ich doch, daß ich in Bondly mein schönstes Leben gefühlt und gelebt habe; diese Erinnerung bleibt mir ewig, und sie wird mein Glück sein, wenn ich in Zukunft vielleicht einmal alles verloren habe.
8
Der alte Lovell an seinen Sohn
London.
Ich schreibe Dir, indem ich mich eben von einer neuen Krankheit erholt habe, die nicht ohne Gefahren war. Itzt ist mir besser, nur leid ich von einer Schwermut, in welcher ich oft den trüben Gedanken nicht loswerden kann, daß ich Dich bei Deiner Abreise zum letzten Male gesehn habe. Ich rufe mir dann lebhaft Dein Bild zurück, und gäbe alles hin, um Dich in einem solchen Augenblicke zu sehn; ich bin schon oft im Begriffe gewesen, Dir zu schreiben, daß Du in der möglichsten Eile zurückkommen möchtest; aber nein, bleibe dort, wo Du Dich vergnügst und unterrichtest, lerne Menschen kennen und bilde Dich aus; ich will meine ganze Kraft aufbieten, dem Tode zu trotzen, dann will ich den geliebten Sohn desto inniger an mein Herz drücken, dann will ich mich am Anblicke seines Glückes laben und ruhig sterben. – Alle Freuden sind mir abtrünnig geworden, aber die Vaterfreuden werden bei mir aushalten. Dein Glück ist itzt die einzige Hoffnung, die mich an diese Welt fesselt, in ihrer Erfüllung will ich am Abende meiner Tage von allen Beschwerden und Mühseligkeiten der Reise ruhen. Ich habe viel erlitten, oh, William; lerne die Menschen kennen, wenn sie Dich nicht elend machen sollen: begegne nicht jedem mit Deiner heißesten Liebe, um nicht einst das ganze Geschlecht zu hassen; sei sparsam mit Deinem Vertrauen, um nicht einst in einem ewigen Mißtrauen zu verschmachten. Solltest Du in der itzigen Glut Deiner Phantasie solche Erfahrungen machen, wie ich aushalten mußte – wo wolltest Du itzt die Stärke hernehmen, um Deine Moralität, Deine Menschheit nicht untergehn zu lassen? Das Auflodernde in Deinen Gefühlen hat mich oft um Dich besorgt gemacht; ohne zu untersuchen, traust Du jedem Wesen, das Dir nicht mißfällt, alle Deine Gefühle zu, und findest sie auch in fremden Seelen wieder; aber wenn Du Dich nun in drei Freunden irrst, so wirst Du allen Glauben an Freundschaft verlieren; den edelsten Menschen kannst Du leicht mißverstehn, wenn jene aufleuchtende Flamme, an welcher Du itzt den fühlenden Menschen vom kalten, den Guten vom Unwürdigen unterscheiden willst, zu einer stillen innern Glut zurückgesunken ist: unbesonnen vertraust Du Dich dem nichtigen Enthusiasmus eines andern, und findest Dich endlich in einer dunkeln, einsamen Gruft verirrt, in der Du ängstlich nach der Öffnung tappst. Charaktere wie Du können am leichtesten um die Freuden ihres Lebens betrogen werden, sie sind Maschinen in der Hand eines jeden Menschenkenners. – – In meiner Krankheit hab ich mich in manche Szenen meines Lebens zurückgeträumt: vielleicht schick ich Dir nächstens kleine Bruchstücke aus meiner Geschichte, vielleicht lernst Du aus Beispielen mehr, als aus den bloß hingestellten Resultaten meiner teuer erkauften Erfahrungen. Ich war oft einem allgemeinen Menschenhasse nahe, allenthalben ward meine Liebe verraten; Menschen, die ich für hohe Seelen gehalten hatte, eröffneten mir plötzlich einen Blick in ihr Innres, und ich sahe mit Schrecken elenden, verächtlichen Eigennutz auf demselben Throne sitzen, auf welchem ich Wohlwollen und Liebe erwartete: ich war schon im Begriffe, an meinem eignen Werte zu verzweifeln, aber ich rettete noch die Verehrung der Menschheit und die Achtung meiner selbst. –
Was mir itzt noch mehr als meine Krankheit unangenehm wird, ist, daß ich in einen weitläufigen Prozeß mit dem Baron Burton geraten werde. Du weißt, daß einer meiner Vorfahren die Güter von einem Ahnen Burtons kaufte; er zweifelt itzt, daß die Summen ausgezahlt und die Kontrakte vollzogen sind, so wie sie damals geschlossen wurden; der Prozeß ist schon eingeleitet und er wird mir vielleicht viele Sorge, wenigstens viele Mühe machen. Ich habe schon Advokaten angenommen, welche behaupten, kein vernünftiger Mensch könne an der Rechtmäßigkeit meiner Sache zweifeln. Es tut mir weh, mich auch noch itzt von ihm verfolgt zu sehn, da er einst, in den glücklichsten Tagen meiner Jugend, mein Freund war; es ist eine traurige Empfindung, wenn ich mit meinem Gedächtnisse jene Zeiten zurückrufe, und sie mit den gegenwärtigen vergleiche. Die Aussicht Deiner künftigen, gewiß festen Freundschaft mit Eduard Burton tröstet mich etwas. Eduard ist ein edler Jüngling, er hängt fest an Dir, ihm darfst Du Dich ungescheut vertrauen, oder ich kenne auch noch itzt die Menschen nicht. –
9
Louise Blainville an Rosa
Paris.
Welche Ursache in der Welt kann es geben, daß ich Sie so lange nicht gesehn habe? Sie fangen ja an, so kalt gegen mich zu werden, wie es sich mein verstorbener Mann kaum erlaubte; wenn ich nun zur Strafe meine Neigung auf den jungen reizenden Engländer würfe und Sie völlig verabschiedete?