William Lovell. Ludwig Tieck
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу William Lovell - Ludwig Tieck страница 8
Von Dir hab ich also nun auf lange Abschied genommen? – Bald werden sich Städte und Meere zwischen uns werfen, bald wird ein Brief von Dir zu mir Wochen auf seiner Reise brauchen. – Den Abend vor meiner Abreise von Bondly ging ich noch einmal durch die mir so bekannten Gärten, ich nahm von jedem Orte Abschied, der mir durch die Zeit, oder irgendeine Erinnerung wert geworden war. Aus den Wipfeln fiel eine schwere Ahndung auf mich herab, daß ich nie dort wieder wandeln würde, oder im Verluste aller dieser großen Gefühle, die den Geist in die Unendlichkeit drängen und uns aus unsrer eigenen Natur herausheben.
Wenn ich nun einst wiederkehrte, den Busen mit den schönsten Gefühlen angefüllt, mein Geist genährt mit den Erfahrungen der Vorwelt und eigenen Beobachtungen, wenn ich nun bemüht gewesen wäre, die Schönheiten der ganzen Natur in mich zu saugen, um dann ein fades, alltägliches Leben zu führen, von der Langeweile gequält, von allen meinen großen Ahndungen verlassen; – wie ein Gefangener, der seinen Ketten entspringt, im hohen Taumel durch den sonnbeglänzten Wald schwärmt – und dann zurückgeführt, von neuem an die kalte gefühllose Mauer geschmiedet wird. –
Doch, ich sehe Dich lächeln – nun wohl, ich gebiete meiner Phantasie, und diese schwarzen Gestalten sinken mit ihrem nächtlichen Dunkel vom Tuche herab, und ein liebliches Morgenrot dämmert empor – da hebt sich nun die ganze Landschaft majestätisch und schön aus dem chaotischen Nebel empor, wie von der Hand eines Gottes angerührt steht die Natur in ihrer reizendsten Schöne da und die Phantasie verliert sich in den Gebirgen, den Grenzen des Horizontes. – Schon ist die Natur geschäftig, in fernen Landen alle meine Ideale zu realisieren, schon seh ich jede Landschaft wirklich, die ich einst als Gemälde bewunderte oder von der ich in einer Beschreibung entzückt ward, die Kunstwerke des großen Menschenalters stehn vor mir, die die grausame Hand der unerbittlichen Zeit selbst nicht zu zernichten wagte, um nicht die glänzendste Periode der Weltgeschichte auszulöschen. –
Oh, wenn Amalie mich liebte! – Eduard, ja, ich werde sie heut noch sehn!
11
William Lovell an Eduard Burton
London.
Eduard, o freue Dich mit mir, Freund mit Deiner brüderlichen Seele, alle Zweifel sind gehoben, alle Rätsel aufgelöst – Amalie liebt mich! – Dieses neue Bewußtsein hat mich aus allen kleinen armseligen Gefühlen zum hohen Genusse eines Gottes emporgerissen, ich bin zu Empfindungen gereift, von denen mir auch keine Ahndung etwas sagte, ich stehe in einer Welt, wo der gütige Schöpfer Freude und Wonne aus jedem Zweige blühen und über jeden Hügel glänzen läßt. – Alles was ich sehe, was ich höre, – alles was lebt ist vom Hauche der Liebe – vom Hauche Gottes beseelt.
Wie unter mir alles zusammenschrumpft, was ich einst für groß und wichtig hielt! Ich nehme es mit der Zukunft und allen ihren Begebenheiten auf.
Wie gleichgültig und öde kam noch gestern die ganze Welt meinem Blicke entgegen; alles ist heut mein Freund, alles lächelt mich liebevoll an. – Eduard – wie soll ich Dir die Empfindung beschreiben, als ich nun die Straße betrat, in der sie wohnt – als ich vor ihrem Hause stand – es war schon Abend, ein blasser Schimmer des Mondes brach durch graue Wolken – mein Herz klopfte hörbar, als ich dem Bedienten meinen Namen sagte und die Treppen hinaufstieg. – Sie war allein, ich trat in das Zimmer. – Himmel! war es nicht, als käme mir ein Engel entgegen, um mich im Paradiese zu bewillkommnen, wie ein heiliger Duft wehte mich die Luft an, in der sie atmete – ich weiß nicht, was ich ihr sagte, ich weiß nicht, was sie antwortete, aber meinen Namen sprach sie einigemal mit einer unaussprechlichen Süßigkeit. – Wir setzten uns, ich war in einer wehmütigen freudigen Stimmung – sie sprach von der glücklichen Aussicht einer so schönen Reise – ich hatte Mühe, meine Tränen zurückzuhalten – o Himmel, wie gütig sie zu mir sprach, wie jeder Ton im Innersten meiner Seele widerklang, jede Silbe foderte mich auf, mich dieser holdseligen Güte zu entdecken – ich sank an ihren Busen und stammelte ihr das Bekenntnis meiner Liebe.
Ich war auf alles gefaßt, aber nicht auf diese Milde eines glänzenden Engels, mit der sie mich schweigend noch fester an ihren Busen drückte. – Ich zweifelte in diesem Augenblicke an meinem Dasein, an meinem Bewußtsein – an allem. Meine Freude hatte mich einer Ohnmacht nahe gebracht.
Unsre Lippen begegneten sich, ihr Mund brannte auf dem meinigen – mein Herz ging auf vom ersten Sonnenstrahle getroffen – wie Blumen taten sich alle meine Sinne auf, den Glanz in sich zu saugen, der so freundlich auf sie herabstrahlte. Ich drückte sie inniger an meine Brust, ich fühlte im Klopfen ihres Herzens das Unendliche, Unaussprechliche, das sich in diesem Moment mit meinem ewigen Geiste vermählte, und das wir Menschen stammelnd Liebe nennen.
Eduard! ich soll ihr schreiben, sie will mir antworten! – Oh sie ist ein Engel! Sie würde ihr Leben opfern, mich glücklich zu machen!
Ich bleibe noch länger als eine Woche bei meinen Eltern. Ich werde sie noch oft sehn; mir ist seit gestern, als dürfte nur dies das Geschäft meines Lebens sein. – Ich habe auch den Mann kennen lernen, der mich auf meinen Reisen begleiten soll, er heißt Mortimer. – Mein Freund wird er schwerlich werden können, er hat eine gewisse kalte beißende Laune, die mich von ihm gestoßen hat. – Er soll viel wissen – er hat diese Reise schon einmal gemacht, er ist älter als ich; alles dies zusammengenommen hat meinen Vater bewogen, ihn zu meinem Begleiter auszuwählen. Er scheint sehr unterhaltend zu sein – aber ich liebe nicht diese Art von Charakteren, das Satirische in ihm gefällt mir nicht, diese Erhebung über die andern Menschen, diese Bitterkeit führt leicht zur Menschenfeindschaft – ich liebe die meisten, möchte sie gern alle lieben und mag über keinen spotten; – jeder bewache seine eigne Schwäche.
12
Mortimer an Karl Wilmont
London 4. Jun.
Wenn ich gerade aufgelegt wäre, über die wunderbaren Wege der Vorsehung Betrachtungen anzustellen, so hätt ich heute dazu die schönste Gelegenheit. Denn wahrlich, nichts ist so seltsam, keine Linie läuft in den wunderbarsten Verschränkungen so schief und krumm, um in sich selbst zurückzukehren, als es so oft die Begebenheiten und Vorfälle in dieser Welt tun. – Den Schilling den ich heut meinem Bedienten gebe, erhalt ich morgen vielleicht vom Lord Parton zurück, um ihn einem Bettler zu schenken. – Du bist begierig, welch Resultat endlich aus diesem Wirwarr folgen soll; nun so höre denn und erstaune. – (Erstaunst Du nicht, so gesteh ich, daß Du selbst ein erstaunenswürdiges Wesen bist.)
Wer hätte Dir wohl damals ins Ohr geraunt, als Du Deinen neulichen Brief an mich schriebst, in welchem von William Lovell die Rede war, daß Du an den achtbaren Gouverneur dieses hoffnungsvollen Eleven schriebest? Um ernsthaft zu sprechen: ich reise mit William nach Italien und Frankreich und kehre dann als ein zweimal gereister Mann in mein sehnsuchtsvolles Vaterland zurück, um auch hier mein Licht glänzen zu lassen. – Ich sehe die Gegenden noch einmal,