Als die Sonne nicht unterging. Sigrid-Maria Größing

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Als die Sonne nicht unterging - Sigrid-Maria Größing

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Das schönste Krönungsgeschenk für die Königin von Ungarn

       Bei seinem Begräbnis wurde Leopold II. vom belgischen Volk geschmäht

       Anbetungswürdiger Heiliger oder wüster Scharlatan?

       Die Zarenmörder kannten keine Gnade

       Niederösterreich wurde ihnen schon vor Jahrhunderten zur Heimat

       Wanderer zwischen zwei Welten

      Vorwort

      Das vorliegende Buch soll wie viele meiner bisherigen Bücher dem Leser die Möglichkeit geben, Einblick in die Vielfältigkeit der Geschichte zu bekommen. Das Hauptaugenmerk meiner Darstellungen in den Miniaturen habe ich auch hier auf die menschliche Seite der Geschichte gelegt, da viele Ereignisse und Begebenheiten zwangsläufig mit dem Befinden der handelnden Personen in unmittelbarer Verbindung stehen.

      Ich habe meinen Blickwinkel auf die Geschichte schon seit längerer Zeit erweitert, sodass ich mich nicht mehr nur mit der Vergangenheit des Hauses Habsburg beschäftige, sondern auch die Geschichte der anderen europäischen Länder in meine Darstellungen miteinbeziehe.

      Das Buch kam durch meine allsonntäglichen Artikel in der »Krone bunt« zustande, wo ich angehalten bin, meine Erzählungen auf eine bestimmte Anzahl von Zeichen zu beschränken. Dadurch haben alle Geschichten ungefähr die gleiche Länge.

      Was will dieses Buch? Es soll in erster Linie unterhalten, dem Leser einen kurzen Überblick über die Ereignisse in längst vergangener Zeit geben und anregen, sich auf den entsprechenden Gebieten weiterzubilden. Es soll gleichsam ein Lesebuch für Erwachsene sein, nicht belehrend, sondern unterhaltend. Durch diese kurzen Abrisse sowohl der österreichischen als auch der europäischen Geschichte habe ich den Versuch unternommen, dem Leser zu zeigen, wie interessant und abwechslungsreich die Geschichte sein kann und dass es eigentlich nicht nötig ist, erfundene Abenteuerromane zu lesen. Unsere Geschichte bietet die gleiche Spannung, nur dass sich alles wirklich einmal zugetragen hat. Die Weltgeschichte ist ein wahrer bunter Krimi!

      Ich wünsche den Lesern meines Buches »Als die Sonne nicht unterging« viel Vergnügen und einige schöne Stunden – auch nach Sonnenuntergang. Lassen Sie sich in längst vergangene Zeiten entführen!

Sigrid-Maria Größing Großgmain, im November 2011

      Was Marco Polo wirklich gesehen hatte, wusste nur er

      Als der berühmte venezianische Handelsreisende auf dem Totenbett lag, sollte er die Wahrheit seiner phantastischen Erzählungen beschwören, da man all das kaum glauben konnte, was er von seinen Reisen berichtete. Seine Antwort den Zweiflern gegenüber, die einen Widerruf Marco Polos verlangten, mutete beinahe ironisch an: »Ich habe nicht die Hälfte dessen erzählt, was ich gesehen habe!« Dabei war so mancher, der des Lesens in der damaligen Zeit kundig war – Marco Polo war um das Jahr 1254 auf der dalmatinischen Insel Korčula geboren worden –, in der Lage, die vielfältigen und aufregenden Abenteuer des Juwelierssohnes nachzulesen, denn schon zu seinen Lebzeiten waren ungefähr hundertfünfzig Handschriften mit seinen Erzählungen im Umlauf. Ob es wirklich so war, dass der berühmte Autor von Ritterromanen Rustichello da Pisa, der angeblich mit Marco Polo zusammen in Gefangenschaft geraten war, Polo dazu überredet hatte, ihm seine Abenteuer zu diktieren, ist so ungewiss wie die Abenteuer selber, deren Aufzeichnungen unter dem Titel »Die Wunder der Welt« erschienen sind.

      Bis heute ist der Name Marco Polo unweigerlich mit einem der größten Abenteurer in der Geschichte verknüpft, obwohl schon sein Vater Niccolo und sein Onkel Maffeo sich jahrzehntelang im asiatischen Raum aufgehalten hatten, um als Juweliere und Händler zu großem Reichtum zu kommen. Sicherlich spielte neben den Geschäftsverbindungen, die sie auch mit dem Enkel des berüchtigten Dschingis Khan pflegten, Abenteuerlust und Wissbegier eine große Rolle. Denn sowohl Niccolo als auch Maffeo liefen stets Gefahr, irgendwo in der Weite des asiatischen Raumes, in dem keineswegs Sicherheit und Ordnung herrschten, ums Leben zu kommen. Und das, obwohl sie beste Beziehungen bis nach Peking hatten, wo der Khan ihnen persönlich drei goldene Täfelchen schenkte, durch die ihnen sicheres Geleit garantiert werden sollte. Der Khan war aber kein Wohltäter, der ihnen diese Schutztafeln ohne Gegengeschäft schenkte. Er forderte sie auf, ihm Öl aus dem Heiligen Grab in Jerusalem zu überbringen und Mönche zu schicken, die im Mongolenreich das Christentum predigen sollten. Natürlich versprachen die Polos, diesem Wunsch nachzukommen, ohne zu ahnen, dass dies leichter gesagt als getan war. Denn in der katholischen Kirche ging es zu dieser Zeit drunter und drüber, man konnte sich nach Ableben von Papst Clemens IV. im Jahr 1268 nicht entscheiden, wen man auf den Stuhl Petri berufen sollte. Daher verzögerte sich auch die Rückkehr der Männer, die nach einem kurzen Aufenthalt in Venedig wieder aufgebrochen waren, um dem Großkhan die versprochenen Raritäten zu überbringen. Sie waren nicht mehr zu zweit, ein neuer Reisebegleiter hatte sich hinzugesellt. Der erst siebzehnjährige Marco war begierig, mit dem Vater und Onkel die unbekannten Länder des Orients zu schauen. Nachdem die Männer in Jerusalem das Öl besorgt hatten, machten sie sich auf, um über Anatolien nach Osten zu ziehen, als sie plötzlich eine Botschaft des neuen Papstes Gregor X. erreichte, durch die sie aufgefordert wurden, noch einmal nach Jerusalem zurückzukehren, wo sich der Heilige Vater selber auf einem Kreuzzug aufhielt – ein Unterfangen in der damaligen Zeit, das nicht nur ungewöhnlich zeitraubend, sondern auch noch gefährlich war. Wie lange die Polos zurückritten, mit dem Segen des Papstes versehen in Begleitung von zwei Mönchen, die im riesigen China das Christentum verbreiten sollten, ist nicht bekannt.

      Dem jungen Marco Polo, der plötzlich wie ein Mann behandelt wurde, erschien das neue Leben auf Reisen wie ein Wunder. In seinen Reiseerzählungen schilderte er die Sitten und Gebräuche, die er in den muselmanischen Ländern kennenlernte, mit dem völlig anders gearteten Lebensstil. Sehr schnell lernte er sich anzupassen und die zunächst unverständlichen Sprachen zumindest andeutungsweise zu verstehen. Neben all dem Neuen, das auf ihn einstürmte, unterstützte er seinen Vater und den Onkel, wenn es darum ging, neue Handelsbeziehungen anzuknüpfen, denn mittlerweile handelten die Polos nicht mehr nur mit Pretiosen, sie hatten längst den Wert der Gewürze, der Seidenstoffe und des Elfenbeins entdeckt.

      Die zwei Missionare, die der Papst ausgewählt hatte, warfen sehr bald die Flinte ins Korn und kehrten nach Jerusalem zurück, während die Polos weiter gen Osten zogen und in Täbris einen längeren Aufenthalt nahmen. Was der junge Marco hier an Pracht, Düften und exotischen Reizen kennenlernte, verschlug ihm die Sinne. Niemals hatte er angenommen, dass es außer in Venedig kulturelle und zivilisatorische Einrichtungen gab. Hier wurde er eines Besseren belehrt, denn selbst die Oasenstädte am Rande der Wüste wurden durch künstlich angelegte Wasserleitungen versorgt. Es waren keineswegs wilde Horden, so wie er sich das vorgestellt hatte, denen er auf Schritt und Tritt begegnete, sondern durchaus ehrenwerte Händler und Kaufleute, mit denen der Vater gute Geschäfte machen konnte.

      Als man in die Gegend der Wüste Taklamakan kam, entschlossen sich die Polos gegen jeden wohlmeinenden Ratschlag, mitten durch diese schrecklichste aller Wüsten zu ziehen. Man tauschte die Pferde gegen Kamele und machte sich auf lebensgefährliche Tour. Marco Polo berichtete in seinen Aufzeichnungen, wie der Wind durch die Sanddünen pfiff, was den Eindruck erweckte, als wären es »Geister, die einen

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