Liebe, List und Leidenschaft. Sigrid-Maria Größing

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Liebe, List und Leidenschaft - Sigrid-Maria Größing

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den er überzeugen konnte, die Kinderehe zu annullieren, damit er als freier Mann im März 1491 nach Westen ziehen konnte, um Anne mit oder ohne deren Zustimmung zu seiner Frau zu machen. Anne erkannte ihre aussichtslose Lage, denn ihr Ehemann Maximilian machte keine Anstalten, ihr zu Hilfe zu kommen. Da das hilflose Mädchen zunächst von den französischen Truppen unter Hausarrest gestellt wurde, willigte es schließlich in ein Treffen mit Karl ein. Ohne viel Federlesens wurde ein Hochzeitstermin festgelegt, nachdem man Polheim eine Depesche übergeben hatte, in der Maximilian mitgeteilt wurde, dass seine Frau die Gemahlin des französischen Königs werden sollte. Maximilians Tochter Margarete, die offizielle Noch-Ehefrau Karls, wurde ohne große Formalitäten nach Hause geschickt. Der Schwiegersohn heiratete die Gemahlin des Schwiegervaters! Von einem legalen Vorgehen konnte zu diesem Zeitpunkt keine Rede sein.

      Karl VIII., alles andere als ein Riese von einem Mann, riskierte viel, um sich in Europa einen Namen zu machen. Dabei wurde er in lang anhaltende Kämpfe in Italien verwickelt, die für ihn positiv verliefen, solange die übrigen Mächte hinter ihm standen. Als sich aber das Bündniskarussell drehte und die einstigen Freunde zu Feinden wurden, konnte er seine Eroberungen nicht auf Dauer halten.

      Auch nach Frankreich zurückgekehrt, lachte ihm nicht das große Glück, denn der Tod war ein unerbittlicher Gast im Königshaus. Alle Kinder des Königspaares starben im Kleinkindalter – eine Tragödie für die Eltern. Karl selbst sollte ebenfalls kein langes Leben beschieden sein. Als hätte er geahnt, dass er mit nur 27 Jahren sterben würde, hatte er seine Nachfolge überraschend früh geregelt. Die Bretagne sollte nach seinem Tod wieder an Anne zurückfallen, damit es unter der dortigen Bevölkerung nicht zu Unruhen käme. Allerdings wurde verfügt, dass Anne, sollte sie wieder heiraten, nur dem neuen französischen König die Hand zur Ehe reichen durfte. Damit bliebe die Bretagne auf alle Fälle bei Frankreich! Es war eine ausgeklügelte, raffinierte Idee, die zum Tragen kam: Ludwig XII., einen Cousin Karls, der der nächste König auf dem Throne Frankreichs werden sollte, lockte die Bretagne.

      Kaum hatte Karl VIII., der sich an einem tiefliegenden Steintürsturz den Kopf so unglücklich angestoßen hatte, dass er Tage später an einer Hirnblutung starb, das Zeitliche gesegnet, wandte sich sein Cousin Ludwig, der seit 1476 verheiratet war, mit der Bitte an den Papst, seine Ehe zu annullieren. Als Grund gab er an, dass er die Verbindung unter Zwang eingegangen war und die Ehe niemals vollzogen hatte. Als Beweis führte er seine Kinderlosigkeit an, seine Gemahlin weigerte sich allerdings, den Keuschheitstest vollziehen zu lassen. Ludwig XII. fand auch ohne Beweise bei Papst Alexander VI. ein offenes Ohr, denn der Heilige Vater hatte die Absicht, seinen Kardinalssohn Cesare mit Charlotte d’Albret, einer französischen Prinzessin, zu verheiraten, die immerhin die Schwester des Königs von Navarra war. Möglichst rasch wurde daher, nachdem der Papst hatte wissen lassen, dass er die Scheidung des Königs aussprechen würde, ein neuerlicher Ehevertrag geschlossen, in dem das Schicksal der Bretagne aufs Neue geregelt wurde. Der älteste Sohn von Ludwig XII. und Anne de Bretagne sollte Dauphin von Frankreich werden und der zweite die Bretagne erben. Immerhin hatte die 21-jährige Witwe, die Ludwig zum Altar führte, schon sechs Kindern das Leben geschenkt, weshalb zu hoffen war, dass sich auch mit ihm reichlicher Kindersegen einstellen würde.

      Die Hochzeitsglocken läuteten für den frisch geschiedenen König von Frankreich und Anne de Bretagne am 8. Januar 1499 in Nantes. Obwohl die Bretonin zum zweiten Mal einen König von Frankreich geheiratet hatte, wurde sie nochmals zur Königin gekrönt. Sie schenkte ihrem Gemahl zwei Söhne, beide waren aber nicht lebensfähig, im Gegensatz zu den Töchtern Claude, die schon im Kindesalter mit Franz von Angoulême verlobt wurde, der später als Franz I. König von Frankreich werden sollte, und Renée, die den Sohn der Lucrezia Borgia heiratete. Auf diese Weise wurde eine Verbindung zu Papst Alexander hergestellt, der die Ehe zwischen Ludwig XII. und Anne ermöglicht hatte.

      Obwohl Anne eine robuste Gesundheit hatte – immerhin überlebte sie die Geburten von vierzehn Kindern –, erkrankte sie im Jahre 1513 ernstlich. Da sie von schweren Koliken heimgesucht wurde, nahmen die Ärzte aufgrund der medizinischen Kenntnisse der Zeit an, dass sie an Nierensteinen litt. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versuchten sie, ihre Schmerzen zu lindern. Helfen konnte ihr niemand. Am 9. Januar 1514 schloss sie in Blois für immer die Augen. Ihren Leichnam überführte man nach Paris, wo auch ihr dritter Ehemann Ludwig ein Jahr später beigesetzt wurde, der freilich noch nicht mit seinem Ableben gerechnet hatte. Denn erst drei Monate zuvor hatte er Mary Tudor geheiratet, ein Mädchen, das 37 Jahre jünger war als er. Er hatte immer noch auf einen männlichen Erben gehofft.

      Als Seefahrer wurde er reich

      Schon bevor VASCO DA GAMA den Seeweg nach Indien um Afrika entdeckte, hatten sich Seefahrer bemüht, diese Route zu finden. Es galt, den Handel der arabischen Kaufleute und der Venezianer, die die begehrten Gewürze aus Indien nach Europa lieferten, auszuschalten.

      Die Seefahrt lag dem um das Jahr 1469 geborenen Vasco da Gama im Blut, denn schon seinen Vater Estevao da Gama hatte es immer wieder hinaus aufs Meer gezogen, um zu entdecken, was sich hinter dem geheimnisvollen Horizont verbarg. Da Estevao keine Geldsorgen kannte – die Familie stammte von altem Adel ab –, konnte er sich ein gewisses abenteuerliches Leben auch leisten. Mit seiner Frau zeugte er mindestens fünf Kinder, unter denen sich vor allem Vasco und Paulo da Gama einen Namen machen sollten.

      So wie es damals für Angehörige des Adels üblich war, hatte die Familie beste Beziehungen zum Orden der Christusritter und zum Ritterorden von Santiago, ohne allerdings geistliche Weihen empfangen zu haben. Auch der junge Vasco wurde im Alter von elf oder zwölf Jahren Novize, was ihn nicht daran hinderte, später ein durchaus weltliches Leben zu führen. Die Mitgliedschaft in den einzelnen Orden brachte finanziellen Gewinn, denn die Angehörigen waren an der Bewirtschaftung und Verwaltung der Güter beteiligt.

      Die Familie da Gama hatte ein außerordentlich gutes Verhältnis zu den portugiesischen Königen, sodass der junge Vasco, nachdem er an einem Vergeltungsschlag gegen französische Handelsschiffe teilgenommen hatte, schon bald seinen Plan, den Seeweg nach Indien ums Kap der Guten Hoffnung zu finden, seinem königlichen Freund Manuel I. vortragen konnte. Er stützte sich dabei auf die Erfahrungen seines Vaters, die dieser genau hatte aufzeichnen lassen. Gleichzeitig gelang es ihm, Bartholomäus Diaz dazu zu bewegen, ihn und seine Flotte zumindest bis zu den Kapverdischen Inseln zu begleiten. Diaz hatte schon die Südspitze Afrikas umsegelt und war bereit, dem jungen Seefahrer sein Wissen zur Verfügung zu stellen. Denn ob Vasco da Gama tatsächlich über ausreichende nautische Kenntnisse verfügte, ist nicht gesichert: Manche Chronisten behaupten, dass er nur aufgrund der hervorragenden Seeleute, die ihm der König zur Seite stellte, das Risiko wagen konnte.

      Als die gut ausgestattete Flotte am 8. Juli 1497 den Hafen Restolo verließ, waren 150 bis 170 Mann auf den einzelnen Schiffen verteilt. Das Schiff Vasco da Gamas, die Nau São Gabriel, fuhr als Flaggschiff voran. Wichtig für das gefährliche Unternehmen war, dass die Kapitäne der Schiffe genauestens über die Strömungs- und Windverhältnisse Bescheid wussten, wobei ihnen die Aufzeichnungen früherer Seefahrer äußerst hilfreich sein sollten.

      Vasco da Gama war ein besonnener Mann, der sich auf die Reise gut vorbereitet hatte. Sein Plan war, Afrika in einem weiten Bogen zu umfahren, um jene Meeresströmungen bestmöglich auszunützen, die ihn zunächst nach Süden tragen sollten. Als er das Kap der Guten Hoffnung hinter sich hatte, steuerte er Land an und gelangte am 7. April 1498, beinahe ein Dreivierteljahr nach seinem Aufbruch aus Portugal, nach Mombasa, wo seine Flotte nicht nur ungeheures Erstaunen, sondern auch Misstrauen und Ablehnung hervorrief. Denn die arabischen Kaufleute, die hier lebhaften Handel trieben, versuchten, das portugiesische Unternehmen zu Fall zu bringen. Durch einige Tricks gelang es Vasco da Gama, den Hafen ungeschoren wieder zu verlassen und nach Malindi zu gelangen, das sich in einer Art Konkurrenzkampf zu Mombasa befand. Deshalb begrüßte man hier die Portugiesen ungewöhnlich freundlich und stellte ihnen Verpflegung und Wasser in reichlicher Menge zur Verfügung. Und da man von Malindi aus den Seeweg nach Indien kannte, beauftragte der Sultan einen erfahrenen Navigator, Vasco da Gama auf dem gefährlichen Weg zu begleiten.

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