Mit gläubigem Herzen und wachem Geist. Reinhold Stecher

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Mit gläubigem Herzen und wachem Geist - Reinhold Stecher

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es würden wahrscheinlich marktwirtschaftliche Regelungen genügen, nach denen man das bezahlen muss, was man an Schaden anrichtet. Und wenn dann der Transport von Alteisen, das möglichst frisch von Deutschland nach Italien kommen muss, so teuer wird wie ein Goldtransport, dann wird man sich in einer beweglichen Wirtschaft sicher etwas einfallen lassen. Und dann kommt vielleicht wieder eine Zeit, in der man in Tirol einige Lärmschutzfenster abbauen kann. Aber vorläufig brauchen wir sie.

      Auch das Lärmschutzfenster könnte als Symbol für unsere Zeit gelten und regt zum Nachdenken an. Die Notwendigkeit solcher Fenster und ähnlicher Einrichtungen ist doch so etwas wie ein Menetekel, das darauf hinweist, wie sehr unsere Welt in Unordnung geraten ist …

       Blauer Himmel hinter Gittern

      Nicht alle Fensterformen, die es in unserem Land gibt, kann man ästhetisch-gefällig symbolisieren. Ich weiß um eine Fensterform, durch die ich monatelang geschaut habe, und die mir unvergesslicher geblieben ist als so manches prächtige Panoramafenster in einem Gipfelrestaurant: das kleine vergitterte Fenster einer Gefängniszelle. Aber ich möchte nicht so sehr bei seiner beklemmenden Kleinheit und dem abweisenden Gitter und der Unerreichbarkeit hoch über der Pritsche stehenbleiben, sondern bei dem blauen Stück Himmel hinter dem schwarzen Schmiedeeisen, an dem hie und da eine verlorene Wolke vorbeigezogen ist.

      Für viele Menschen in unserem Land gibt es die seelische Situation der Gefängniszelle, der Isolation, des Sich-eingesperrt-Fühlens, der schmerzlichen Begrenztheit, des Nichtausbrechen-Könnens. Psychotherapeuten, Ärzte, Sozialhelfer, Seelsorger und Eheberater wissen davon ein Lied zu singen. Die Epoche der größten äußeren Freiheit in unserer Gesellschaft hat keineswegs die höchste innere Freiheit mitgebracht. Viele leben hinter den Gitterfenstern ihrer Belastungen, die nicht so einfach zu erreichen und zu durchsägen sind. Und das Gefühl, beengt, behindert, vereinsamt und bedrückt zu sein, geistert durch viele Seelen. Und gerade in diesen Bereichen ist das Helfenkönnen nicht so perfektioniert wie etwa in jenen Leiden, die unsere hochentwickelte Chirurgie lindern und beseitigen kann. Die Operation an den Gitterstäben der Seele erweist sich oft als noch schwieriger als an Hüftgelenken und Karzinomen.

      Sie sind also da, die Gitterfenster.

      Ich will nicht sagen, dass wir sie unbedingt brauchen. Zumindest haben wir nicht diesen Eindruck. (Vielleicht brauchen wir sie manchmal als heilsame Erfahrung aller Grenzen des Machbaren.)

      Aber was wir brauchen, das ist das kleine, blaue Stück Himmel hinter den dunklen Gittern der „conditio humana“, der Situation der Armseligkeit, diesen kleinen blauen Fleck, zu dem ich wie viele andere Einzelhäftlinge wochenlang hinaufgestarrt habe. Und hie und da die weiße Wolke, die vorüberzieht, das uralte Sinnbild göttlicher Gegenwart. Sie macht das Gitterfenster zur Luke der Hoffnung, so wie jene Luke, durch die Noah in der Arche die Taube fliegen ließ.

      Das möchte ich all denen wünschen, die hinter den kleineren oder größeren Gittern der Freudlosigkeit sitzen: dass für jeden ein Stück heiteres Blau sichtbar wird, zu dem das Herz durch die Gitter hindurch ins Grenzenlos-Tröstliche fliegen kann – und die weiße Wolke, die eine Freiheit verheißt, jenseits aller Kerkergitter dieser Welt.

       Das Bogenfenster

      Unter den Burgruinen Südtirols, die in ihrer ursprünglichen Bausubstanz erhalten geblieben sind, zeigt die von Boymont, hoch über St. Pauls, eine Besonderheit. Das oberste Stockwerk des Bergfrieds zeigt ein großes, die ganze Breite des Turms überspannendes Bogenfenster. Schon der Burgenkenner Propst Weingartner hat darauf hingewiesen, dass dies bei einer Burg des 13. Jahrhunderts eine Seltenheit sei und andere Sehnsüchte verrate als nur das Bedürfnis nach Sicherheit und Repräsentanz. Vom Bogenfenster von Boymont geht der Blick weit übers Land, über die Weinberge bis zum Latemar, den Rosengarten und die blauen Fassanerberge.

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       Abend im Etschtal – Wehrburg bei Prissian

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