Über Mut. Martin Kolozs

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Über Mut - Martin Kolozs

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dich jemand auf die rechte Wange schlägt, dann halte auch die linke hin, und schreibt dazu: „Die Gewaltfreiheit, die Jesus predigt und lebt, ist keine Botschaft für Angsthasen und Leisetreter. Denn Aggression und Beleidigung sollen nicht stillschweigend hingenommen werden. Dem gewalttätigen Gegenüber die andere Wange hinzuhalten ist vielmehr eine gewaltlose Provokation, die ihm die eigene Aggressivität bewusst machen will. Damit traut Jesus dem anderen zu, dass er erkennen kann, was gut und recht ist. (…) Die Gewaltfreiheit Jesu ist also keine feige Unterwerfung, sondern kommt aus einer inneren Stärke, die den Gewalttätigen zum Nachdenken und zur Umkehr veranlassen will.“6

      Leichter gesagt, als getan, möchte man daraufhin entgegnen und hat nicht einmal ganz unrecht damit, denn: Um wieviel schneller schmieden wir Rachepläne, als dass wir Frieden schließen mit unseren Feinden und leider auch mit uns selbst? Die Menschen sind so, lautet dafür eine beliebte Erklärung, die sich aber fast wie eine Entschuldigung anhört, wenn wir abermals und lautstark Wie du mir, so ich dir! rufen und jemandem mit barer Münze heimzahlen, was wir an Schlechtem von ihm erfahren haben. Das ist jedoch keine (Wieder-)Gutmachung, wie wir meinen, sondern nur verdoppeltes und vervielfachtes Leid, das wir auf diese Weise anrichten.

      Wenn die Verletzungen auf unserer Seele tatsächlich heilen sollen, so wird uns das nur mit Großmut gelingen, dem großherzigen Mut zur Vergebung.

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      Nun stelle ich mir die Frage, wie man als Christ (vielleicht als Mensch überhaupt) die Meinung vertreten kann, dass der angeordnete Tod eines Verbrechers den Ausgleich für dessen Tat, wie zum Beispiel einen Mord, bieten kann?

      Die am häufigsten gegebene Antwort darauf lautet: Wiedergutmachung bzw. ausgleichende Gerechtigkeit. Entgegnet man wiederum mit Vergebung, hört man oft: sich nicht versöhnen und/ oder nicht vergessen können.

      Auch Jesus hat mit seiner Ermahnung Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein! zwar Vergebung für eine gefallene Person (Ehebrecherin; Joh 8,2–11) eingefordert, aber mit seiner nachfolgenden Weisung Geh hin und sündige nicht mehr! eine Art Erinnerungskultur und nicht das Vergessen der Schuld verlangt, sowohl von der Sünderin selbst als auch von ihren Anklägern, Richtern und Beinahe-Henkern, die einsichtig ihrer eigenen Sündhaftigkeit keinen Stein geworfen haben.

      Vergeben passiert also auf Selbsteinsicht, Selbstkritik, Selbsterkenntnis usw., ohne zwingend sich versöhnen oder vergessen zu müssen. Gegen die Todesstrafe zu sein, ist also auch der tieferen Einsicht geschuldet, dass wir selbst Sünder sind, die ihrerseits auf Vergebung hoffen müssen.

      4Edgar A. Poe, Gesammelte Schriften, Bd. 4, Grausige und humoristische Erzählungen, S. 88–99

      5Melanie Wolfers, Die Kraft des Vergebens, S. 29

      6Ebd., S. 136f

      7Vatican News, 2. August 2018

      8Melanie Wolfers, Die Kraft des Vergebens, S. 45

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