Im Dienst der Zuversicht. Franz Ferstl
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Ein weiterer Abschnitt befasst sich mit der derzeitigen Praxis der Auswahl und der Ausbildung der Bewerber zum Ständigen Diakonat. Die Weihe von Frauen zu Ständigen Diakoninnen sollte nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die Ordination von Frauen wird inzwischen nicht nur von Theologinnen und Theologen gefordert, sondern auch von einigen Bischöfen für möglich gehalten. Nach meiner Meinung – und der Meinung fast aller Ständigen Diakone – wäre sie zweifelsohne eine Antwort auf die Zeichen der Zeit. Das Kapitel geht im Folgenden der Frage nach, was das Besondere, die Identität des Diakons und seine gelebte Spiritualität ausmacht.
In den folgenden Abschnitten wird – ausgehend von der derzeitigen Struktur von Pfarren und anderen gemeinschaftlichen sozialen Gefügen – aufgezeigt, welchen Stellenwert ein „diakonischer“ Schwerpunkt für die Lebendigkeit und Anziehungskraft der Kirche haben kann. Eigentlich ist es zu wenig, von einer diakonischen Ausrichtung der Kirche zu sprechen – die Kirche selbst ist „Diakonie“, das heißt Zeichen und Sakrament der Liebe Gottes. Als Ausblick auf die weitere Entwicklung des erst 50 Jahre jungen Ständigen Diakonats kommen u. a. Personen zu Wort, die eine Vision für einen Diakonat der Zukunft haben. Dazu gehört wesentlich, was Papst Franziskus der diakonischen Kirche mit auf den Weg gibt.
Als roten Faden für die Dokumentation der Geschichte, die Reflexion der Entwicklung und die Ausgestaltung des Ständigen Diakonats in Österreich und der Weltkirche habe ich das Bild der versickerten Quelle gewählt. Das Verschwinden des Ständigen Diakonats im fünften Jahrhundert und die Neuentdeckung dieser Quelle durch das Zweite Vatikanum ist für mich ein ermutigendes Bild für die Entwicklung des Diakonats in der Kirche heute. Gerade in Zeiten, in denen der Klimawandel neue Wüsten entstehen lässt und die Menschen zur Schöpfungsverantwortung aufgerufen sind, sind wir eingeladen, den geistlichen Quellen nachzugehen, diese für die Gegenwart zusammenfließen zu lassen und fruchtbar zu machen. Das Wiederentdecken dieser Quellen ist wesentlich für eine Kirche, die nicht nur für sich selbst sorgt, sondern ihren Auftrag des Hineinwirkens in die Gesellschaft erfüllt. Dazu braucht es einen klaren Blick auf das, was diese neu entdeckte Quelle fruchtbar machte und wodurch sie neu lebendig werden kann. Das Bild der Quelle bietet sich an, um Gewachsenes zu dokumentieren, Vorhandenes zu reflektieren und Richtung und Wege in die Zukunft aufzuzeigen.
Das Zeugnis für die Lebendigkeit dieser Quelle verdanke ich den vielen Begegnungen mit meinen Mitbrüdern im Diakonat und deren Familien, den Bischöfen und Priestern, die mich auf diesem Weg begleitet haben. Ich danke den Freunden und Familien, denen ich als Diakon auf dem Weg des Glaubens und in der Vorbereitung und Feier der Sakramente die liebende Zuwendung Gottes vermitteln durfte. Ich danke meinen Mitbrüdern aus den Diözesen Österreichs und im deutschsprachigen Raum, mit denen ich im Austausch beschenkt und motiviert wurde, meine Erfahrungen wie Quellwasser zu sammeln und sie Freunden und auch Kritikern des Diakonats in Buchform zur Verfügung zu stellen. Ermutigt erlebe ich mich durch das lebendige Beispiel und das diakonale Wirken von Papst Franziskus, dem es ein Herzensanliegen ist, die innere Not der Menschen in der heutigen Zeit aufzudecken und seine Mitarbeiter im pastoralen Dienst für ein persönliches Verschenken ihrer selbst als Zeugen der selbstlosen Liebe Gottes zu motivieren. Was könnte besser für unseren Dienst werben als sein Beispiel, als er als Papst bei der Fußwaschung an jungen Menschen im Gefängnis die Diakonenstola als „Wahrzeichen“ trug? Dieser Rückenwind durch Papst Franziskus ermutigt mich und viele Diakone, unsere Erfahrungen und Visionen von einer diakonalen Kirche mit anderen zu teilen.
Besonders danke ich meiner Frau Maria für ihre liebevolle und wachsame Unterstützung und wertschätzend-kritische Ermutigung, meinem Freund P. Franz Weber, Pastoraltheologe und Bischöflicher Beauftragter für die Diakone in der Diözese Innsbruck, für seine kompetente Begleitung und Beratung, für die theologische und pastorale Fundierung, die Erfahrungen, Einsichten und visionären Anfragen in seinem Schlusskapitel. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Tyrolia-Verlags danke ich für die professionelle Umsetzung des Projekts.
Wiener Neustadt, Pfingsten 2019 | Diakon Franz Ferstl |
* Wegen der einheitlichen Schreibweise findet sich in den hier zitierten Textauszügen der Werke und Dokumente, die vor 2006 entstanden sind, die neue Rechtschreibordnung.
1. VERSIEGTE QUELLEN FREILEGEN – DIAKONAT VON DER URKIRCHE BIS ZUM ZWEITEN VATIKANUM
Im Laufe der Kirchengeschichte haben sich viele geistliche Quellen aufgetan, andere wiederum sind versiegt. Aufgrund der Einsicht, dass durch eine steigende Zahl der Gläubigen die Versorgung der Armen nicht gesichert sei, wurden in der Gemeinde in Jerusalem nach Gebet und Wahl Männern nach dem Zeugnis die Hände aufgelegt und sie mit einer Sendung ausgestattet, damit allen die Frohbotschaft verkündet und bezeugt werden konnte.
In späterer Zeit haben die Nachfolger der Apostel Konzilien einberufen, um in wichtigen Glaubensfragen Klarheit zu schaffen und um sich von Irrwegen abzugrenzen. Sie haben Antworten auf die Nöte der Menschen gesucht und sich neu den Herausforderungen der Kirche in der Gesellschaft gestellt. Oft sind die durch Konzilien eingeleiteten Reformen aber durch geschichtliche Entwicklungen nicht zu Ende geführt und die mutig von den verantwortlichen Päpsten begonnenen Reformen nicht umgesetzt worden. Doch Gott schreibt die Geschichte seiner Kirche auch auf krummen Zeilen und er wirkt durch die von ihm Erwählten das Heil aller Menschen. Es zeigt sich, dass es Gott darum geht, ob im Volk Gottes die Not der Menschen gesehen und von den vom Heiligen Geist bestellten Zeugen wahrgenommen und gewendet wird, und nicht in erster Linie um die Erhaltung von Strukturen und Einrichtungen.
Die Entwicklung des frühchristlichen Diakonats ist wesentlich mit der Bildung und Gestaltung der Strukturen der drei kirchlichen Ämter Bischof, Presbyter und Diakon in den ersten fünf Jahrhunderten verbunden. Der Diakonat hatte einen wichtigen Stellenwert in Verbindung mit dem Bischof, wurde später aber auf die Vorstufe zur Priesterweihe reduziert.
Das Augenmerk liegt nicht auf der Selbsterhaltung eines Amtes, sondern auf der Erfüllung des Auftrages der Sendung in die Welt. Gott hört die Schreie der Menschen und sieht, was ihnen zum Heil fehlt. Überall, wo menschliche Macht über andere ausgenützt wird, steht Gott auf der Seite der Schwachen und Ausgegrenzten. Gott beruft Menschen, die die Not der Mitmenschen erkennen und durch ihre Berufung die Not wenden und Heil schenken, wie es das Magnifikat ausdrückt. Er beruft in seiner Kirche Menschen, Heilige und Sünder, um seinen Willen zu erfüllen und die Not der Menschen zu wenden. So ist auch das Auf und Ab des Diakonates sein Weg, um das Dienstamt nicht zur Selbstbestätigung, sondern zum Nutzen und zur Auferbauung des Volkes Gottes zu verstehen. Wie Gott durch Menschen auf die Hilfeschreie anderer Menschen antworten kann, ob das durch erweckte Heilige, die entstehenden Orden oder durch ein mutiges Zweites Vatikanum geschieht – die Wege und Zeiten eines Aufbruches dürfen wir Gott überlassen.
1.1 Diakonie und Diakone im Neuen Testament
Diakonia ist ein Wesensmerkmal und Kennzeichen aller Jünger Jesu. „Für die frühen christlichen Gemeinden war