Elfenzeit 4: Eislava. Verena Themsen
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Er hatte den kalten Strom verlassen und war in ein Gewässer geraten, das nicht mehr aus normalem Wasser bestand, sondern aus einem Stoff, in dem er atmen konnte. Wann war das geschehen?
Da war dieses Prickeln, als würde sich jedes einzelne Härchen aufstellen … dieses kurze Gefühl des Schwebens, noch stärker als es ohnehin im Wasser geschieht … der Übergang! Ich muss ihn durch Zufall getroffen haben und in die Anderswelt übergetreten sein. Ich bin in einer Wasserdomäne.
Und trotzdem fühlte es sich falsch an, ungewöhnlich. Als sei etwas Fremdes dabei. Das war nicht Crain, sondern eine der vielen Regionen des Nordens. Manches mochte sich dort anders anfühlen.
Rian! Vielleicht ist sie auch hier?
Der Gedanke setzte seinen Körper unter Spannung. Er drehte sich wieder zurück, suchte nach irgendeinem Anzeichen der Anwesenheit anderer. Da … Spuren im hellen Sand. Jemand hatte nicht weit von ihm am Grund gestanden. Der Sand trieb in Wirbeln darum herum, als seien diejenigen eben erst wieder aufgebrochen, vielleicht während Davids Übergang.
Er schwamm auf die Stelle zu, und tatsächlich nahm er vor sich eine Bewegung wahr, die ihn innerlich aufjubeln ließ. Er sah gerade noch die letzte der Gestalten in einem nahen Tangwald verschwinden. Obwohl sie zügig schwamm, wirkten ihre Bewegungen nicht so, als fühlte sie sich verfolgt. David zog seinen Dolch und verstärkte seine Beinbewegungen. Er überlegte kurz, sich in ein Wasserwesen zu verwandeln – doch das war gar nicht notwendig.
Wellen von Energie durchliefen seinen Körper, als die Runen auf dem Heft des Dolchs mit seinem Körper in Kontakt kamen, und vertrieben den letzten Rest von Taubheit daraus. Mit neu erwachter Kraft trieb er seinen Körper Rian und ihren Entführern nach, in den Tangwald hinein. Die Bewegungen der langen Pflanzenstränge und der aufgewirbelte Sand zeigten ihm deutlich, welche Richtung die Gruppe genommen hatte, und er folgte ihnen mit ausdauernden Schwimmbewegungen. Wo immer ihm Pflanzen in den Weg kamen, schnitt er sich hindurch, wie mit einer Machete im Dschungel.
Nach einer Weile bemerkte er, dass der Boden unregelmäßiger wurde. Erneut tauchten zwischen dem Tang die seltsam geformte Felsen aus löchrigem Gestein auf, und sie wuchsen immer höher hinauf. Schließlich zog sich der Tangwald zurück und machte den Felsen Platz. Für einen Augenblick konnte David die fremden Wasserwesen wieder vor sich sehen. In ihrer Mitte leuchtete Rians heller Haarschopf kurz auf, ehe sie um das nächste Felsgebilde herum verschwand und er nur noch die beiden Wesen sah, die das Ende der Gruppe bildeten.
Ihre dunkle, blauschimmernde Schuppenhaut erinnerte ein wenig an den Kelpie aus Alberichs Rheinhöhle, doch das war die einzige Übereinstimmung. Weder Schleierhäute noch Mähnen waren an ihnen zu sehen, und statt tellerähnlicher Hände und Füße hatten sie schlanke Finger mit Schwimmhäuten sowie an den Enden ihrer Beine kräftige Fischflossen. Ihre extrem kurzen und dicken Hälse waren von eine Krause aus Hautfalten umgeben.
Sie trugen nichts an ihren Körpern, was sie beim Schwimmen hätte hindern können. Lediglich einen Gurt hatte jeder von ihnen über den Rücken geschlungen, in dem mehrere kurze Speere steckten, die vollständig aus Metall gearbeitet waren. Einen solchen Speer hielt jeder von ihnen in der Hand.
Noch während David sie betrachtete, verschwanden auch die letzten beiden der Wasserwesen um den Felsen herum. Wären die Wesen allein gewesen, hätten sie David längst abgehängt. Rian behinderte sie jedoch, sodass er den Anschluss halten und sogar zusehends aufholte. Das war erforderlich, denn nun bewegten sie sich durch ein Felsenlabyrinth. Die Brocken und Nadeln weiteten sich nach oben hin aus, berührten sich, bildeten Brücken oder Tunnel, zusätzlich zu den Löchern, die teilweise in ihr poröses Material gewaschen waren und gewundene Durchgänge darstellten.
Um die nächste Biegung entdeckte er die Gruppe. Es erleichterte David zu sehen, dass Rian sich bewegte. Sie war weder bewusstlos noch gefesselt. Im nächsten Moment erkannte er, dass ihre Bewegungen ruhig und gleichmäßig waren. Die Wesen, zwischen denen sie schwamm, berührten sie nicht einmal.
Rian schwamm freiwillig mit!
Seine Verwirrung ließ David einen Moment in den eigenen Bewegungen innehalten, und da waren sie auch schon in der Dunkelheit eines Felstunnels verschwunden. So schnell er konnte folgte er ihnen.
Als David den Tunnel verließ, hatte die Umgebung sich unmerklich verändert. Hier und da wuchsen wieder Tangpflanzen, zwischen denen sich bunt schillernde Fischschwärme herumtrieben, und der Boden glitzerte, als wäre der Sand mit Quarzen und Gneis durchmischt. Die noch immer vorhandenen Felsnadeln wirkten bearbeitet, als habe jemand ihnen Formen gegeben und Löcher hineingetrieben. Und ungefähr hundert Schwimmstöße vor ihm schwang sich ein Gebilde in die lichterfüllte Höhe, das wirkte, als hätte jemand aus mehreren zusammengewachsenen Felsnadeln ein Schloss geschaffen.
Unzählige dünne Steinspitzen erhoben sich daraus wie Türmchen, und die Wände glitzerten in allen Farben, als wäre Edelsteinstaub darauf verteilt worden. Löcher, die zu regelmäßig waren, um Auswaschungen zu sein, führten in das Innere des Felsenschlosses, in dem ein blau-grünes Leuchten die Hohlräume erfüllte. Die Gruppe hielt auf das Schloss zu.
David hatte auf einmal das Gefühl, beobachtet zu werden. Wann immer er sich umschaute, entdeckte er niemanden, vielleicht die letzten Wirbel von Schwanzflossen der eifrigen Fische.
Jetzt, da das Ziel so nahe war, nahm die Gruppe zügig an Tempo zu. Selbst Rians Schwimmbewegungen waren kräftiger geworden, und David wurde immer verwirrter.
Was geht hier vor sich?
Dicht vor dem Schloss verlangsamte die Gruppe kurz, als wisse sie nicht genau, welchen der zahlreichen Eingänge sie nutzen sollte. Dann steuerten sie auf eines der größeren Löcher zu. David folgte, so schnell er konnte.
Die hinter dem Loch gelegene Höhlung reichte in alle Richtungen tief in das Gestein hinein. Wände und Decke waren rund ausgeformt, zu gleichmäßig, als dass es auf natürliche Weise hätte entstanden sein können, und der Boden war absolut eben. Hier bewiesen Rians Entführer, dass die Flossen ihrer Beine ebenso stabil wie Füße waren, denn sie hatten sich rings um die Elfe niedergelassen, die Speere auf sie gerichtet. Aus dem hinteren Teil der Höhle schossen jetzt weitere Wesen auf sie zu, blitzende Speere in den Händen.
Ohne zu zögern streckte David seinen Dolch vor und stieß auf das erste Wesen zu.
2.
Von Schafen und Wölfen
Glitzernder Kristallstaub tanzte durch die Luft des Gangs in der Zitadelle der Königin Bandorchu, gelöst durch einige kleine Windwirbel, die über die Deckenstuckaturen fegten. Rings um Ainfar sank er zu Boden, während der Elf das grünhäutige, von braunen Linien durchzogene Gesicht nach oben gewendet hielt und mit kleinen Bewegungen seiner schlanken Finger die Wirbel dorthin steuerte, wo ihre Arbeit benötigt wurde. Seine in labyrinthartige Knoten verflochtenen Locken wurden vom Staub belagert und verwandelten den Raum um sein Gesicht in eine schimmernde Aureole, wann immer durch eine Kopfbewegung etwas Licht dorthin gelangte. Doch die Gedanken, die er während seiner Arbeit wälzte, waren düster.
Wer bin ich? Warum bin ich hier?
Ununterbrochen wehte draußen vor der Burg der Wind, der die Schreckenswolken über den grellen Himmel des Schattenlandes trieb, und fegte feinen Kristallstaub von den umgebenden Spiegelhügeln hinunter in das Tal. Dort sammelte er sich rings um die Dunkle Zitadelle und drang durch jede Ritze herein, um sich auf Flächen und in Spalten abzusetzen. Einer von Ainfars Aufträgen war es, in den unteren Wohnebenen des Schlosses gegen diese dauerhafte Invasion