Das Weiße Haus am Meer. Hannes Nygaard
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Читать онлайн книгу Das Weiße Haus am Meer - Hannes Nygaard страница 4
Der Mann mit den schütteren silbernen Haaren, der Hornbrille und dem dunkelgrauen Anzug nickte bedeutungsvoll.
»Möller-Reichenbach«, stellte er sich vor. »Bundespräsidialamt. Ich komme vom Referat Z 4, der Abteilung für Zentrale Angelegenheiten. Wir sind zuständig für alle Protokollfragen. Bei allen berechtigten Überlegungen hinsichtlich der Sicherheit ist stets drauf zu achten, dass der äußere Rahmen gewahrt bleibt. Es handelt sich um einen hochrangigen Staatsgast …«
»Ich denke, es ist ein privater Besuch«, warf Lüder ein.
Möller-Reichenbach verdrehte kunstvoll die Augen. »Herr … äh … Ein amerikanischer Präsident ist nie Privatmann.« Dann sah er der Reihe nach alle Anwesenden an. »Ich bitte Sie, diesem Umstand bei all Ihren Überlegungen Rechnung zu tragen.«
»Insofern hat der Gast eine Vorentscheidung getroffen«, sagte Sabine Wuschig. »Er hat sein Wunschdomizil benannt.«
Möller-Reichenbach nickte hoheitsvoll. »Es gibt unsererseits Bedenken, ob eine solche Unterkunft den richtigen Rahmen bietet. Da es aber ein Wunsch der amerikanischen Seite ist, können wir uns dem nicht verschließen.«
»Sie wissen also schon, wo er logieren will?«, fragte Lüder.
»Logieren.« Möller-Reichenbach ließ die Vokabel aus den Mundwinkeln tropfen. Es hörte sich an, als spräche er von einem Obdachlosenasyl. »Der Präsident hat stets seine deutsche Herkunft betont.«
»Na ja«, mischte sich von Ravenstein ein. »Er sprach vom deutschen Blut, nicht von der Herkunft.«
»Eine unglückliche Formulierung«, erwiderte Möller-Reichenbach. »Wir schätzen andere.«
»Deutsches Blut«, wisperte Lüder Nathusius zu, »hat einen Beigeschmack.«
Der Leitende Kriminaldirektor legte einen Zeigefinger auf die Lippen und raunte: »Pssst.«
Sabine Wuschig hatte die Unterbrechung mitbekommen, ohne die Worte zu verstehen.
»Wer sind Sie eigentlich?«, wollte sie wissen und streckte ihre gepflegte Hand in Lüders Richtung aus. Bevor der antworten konnte, ergriff Nathusius das Wort.
»Mein Name ist Jochen Nathusius. Die Herren neben mir sind Dr. Jens Starke und Dr. Lüder Lüders. Wir kommen vom Landeskriminalamt Schleswig-Holstein.«
»Hier aus Kiel?«, fragte Möller-Reichenbach.
Nein, aus Büttjebüll, dachte Lüder, unterließ es aber, es laut auszusprechen.
»Nennen Sie bitte Ihre Funktionen«, bat Frau Wuschig.
»Kriminaldirektor Dr. Starke ist der Leiter des Polizeilichen Staatsschutzes, Kriminalrat Dr. Lüders sein engster Mitarbeiter. Er verfügt über Erfahrungen im Personenschutz.«
»Wen hat er beschützt?«, unterbrach ihn der ältere Mann im beigefarbenen Blouson, der bisher geschwiegen hatte.
»Unseren Ministerpräsidenten.«
»Es macht einen Unterschied, ob man einen Politiker eines kleinen Bundeslandes beschützt oder einen hochrangigen Staatspräsidenten, wenn nicht gar den bedeutendsten derzeitigen Politiker«, sagte der Mann und wirkte dabei eine Spur hochnäsig.
Nathusius ging nicht darauf ein und nannte seinen Vornamen. »Ich bin Leitender Kriminaldirektor und stellvertretender Leiter des LKA.«
»Insofern ist es gut, dass wir auch die lokalen Behörden mit im Boot haben«, sagte Frau Wuschig. »Wir werden auf Ihre Ortskenntnisse zugreifen.«
Lüder holte tief Luft. Ortskenntnisse. Sonst traute man den Kielern in dieser Runde offenbar nichts zu.
»Herr Kuckuck«, forderte Sabine Wuschig den älteren Mann auf.
»Kuckuck, Waldemar. Oberregierungsrat, Berlin. Wir vom BND verfügen über fundierte Erkenntnisse über die Gefährdungslage.«
»Dann lassen Sie uns daran teilhaben«, schlug Lüder vor.
»Das ist zu komplex, um es in zwei Sätzen unterzubringen.«
Ein sportlich wirkender Mann mit einem gepflegten Dreitagebart meldete sich zu Wort. »Mein Name ist Karsten Timmerloh. Ich bin Kriminaloberrat beim BKA und kann die Ausführungen des Kollegen vom BND hinsichtlich der Gefährdungslage ergänzen. Gleichzeitig soll ich die Bundespolizei entschuldigen. Sie ist für den Schutz unserer hochrangigen Persönlichkeiten zuständig und verfügt auch über Erfahrungen im Objektschutz. In der Kürze der Zeit von der Einladung bis jetzt haben es die Vertreter der Bundespolizei leider nicht geschafft hierherzukommen.«
»Das ist schade«, sagte Frau Wuschig. »Insofern müssen wir hier und heute auf das entscheidende Know-how verzichten. Wir werden die Bundespolizei aber auf jeden Fall einbinden.« Sie ließ ihre manikürte Hand ein wenig kreisen. »Herr Kuckuck oder Herr Timmerloh! Wer sagt etwas zu den potenziellen Gefährdern?«
Die beiden Angesprochenen setzten gleichzeitig an. Timmerloh hielt aber sofort inne und nickte dem BND-Mann zu. »Bitte.«
Kuckuck drückte das Kreuz durch, setzte sich kerzengerade hin und nahm seine Brille ab. »Wo soll ich anfangen? Es gibt eine lange Liste von Aktivisten, die es auf den Präsidenten abgesehen haben könnten. Könnten«, betonte er.
»Haben Sie konkrete Anhaltspunkte?«, wollte Lüder wissen. »Die halbe Welt ist gegen diesen Mann voreingenommen.«
»Man kann manches anders sehen«, mischte sich von Ravenstein ein, »ist deshalb aber noch lange kein Gewalttäter.«
»Soll ich etwas ausführen?« Kuckuck warf dem Mitarbeiter des Außenministeriums und Lüder einen bösen Blick zu.
»Bitte«, sagte Frau Wuschig sanft.
»Es sind die bekannten Problemfelder. Die Hinweise verdichten sich nach unseren Informationen auf bestimmte Gruppierungen, die wir für besonders gefährlich halten. Da wären die Kurden, die sich nach dem Rückzug der Amerikaner verraten fühlen. Aus der dortigen Region rekrutieren sich auch weitere Gefährder. Islamisten und ihre Terrorableger. Sie würden jede Gelegenheit nutzen, um wieder auf sich aufmerksam zu machen. Nach Nine-Eleven wäre ein Attentat auf den US-Präsidenten ein Paukenschlag, nachdem diesen Terrorinstitutionen an vielen Stellen der Boden entzogen wurde. Denken Sie an den Bedeutungsverlust, den der IS erleben musste. Wir kennen noch andere Gruppierungen. Das südamerikanische Drogenkartell hat eine offene Rechnung mit den USA. In Mittelamerika hat sich eine Untergrundorganisation etabliert, die sich für die angeblichen Menschenrechte der illegalen Einwanderer über die Grenze von Mexiko starkmacht. Die Politik der harten Hand – Stichwort Grenzzaun – hat viele Gegner hervorgebracht. Rund um den Globus fühlen sich viele berufen, auch zum Teil militant, für den sogenannten Klimaschutz einzutreten. Das sind nicht nur Kinder, ob aus Schweden oder anderswo, auch aus den pazifischen Ländern oder Südamerika, die fordern, dass sich auch die USA den Klimazielen der Europäer anschließen müssen. Gerade der US-Präsident steht für einen verheerenden Marsch direkt in die Katastrophe.«
Kuckuck unterbrach seine Ausführungen und nahm mit spitzen Fingern einen Schluck Kaffee zu sich.
»Die Liste lässt