Das Weiße Haus am Meer. Hannes Nygaard
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Читать онлайн книгу Das Weiße Haus am Meer - Hannes Nygaard страница 6
»Kann man ihr einen solchen Besuch zumuten?«, fragte Jens Starke.
»Das ist nicht die Frage. Ich sagte bereits: Wünsche des amerikanischen Präsidenten sind zu erfüllen«, meinte Möller-Reichenbach.
»Das klingt so, als sei die alte Dame nicht begeistert«, meinte Lüder. »Wer war Heinrich von Crummenthal? Irgendwie habe ich den Namen schon gehört.«
»Abgesehen von der Zugehörigkeit zur Familie und der damit verbundenen wirtschaftlichen Unabhängigkeit hat sich Heinrich von Crummenthal einen Namen als Kunsthistoriker gemacht. Auch seine Frau war auf diesem Sektor erfolgreich.«
»Na ja«, brummte Lüder. »Die erste Generation gründet ein Unternehmen, die zweite baut es aus, die dritte stabilisiert es, und die vierte studiert Kunstgeschichte.«
Sabine Wuschig klopfte mit der Spitze ihres Kugelschreibers auf die Tischplatte.
»Insofern haben wir ein erstes Informationsgespräch geführt. Wir werden in dieser Runde, gegebenenfalls ergänzt um weitere Expertise, die nächsten Schritte veranlassen. Ich denke, jeder von Ihnen weiß, was zu tun ist.«
»Abstimmungen mit zu vielen Beteiligten sind oft zäh«, stellte Kuckuck fest. »Ist die Präsenz der Landespolizei wirklich erforderlich?« Dabei streifte sein Blick Lüder.
»Ich denke schon«, erwiderte Frau Wuschig. »Sie hören von mir.«
Die drei Beamten machten sich auf den Weg zurück zum Landeskriminalamt.
»Ich fand das Treffen unbefriedigend«, sagte Lüder, als sie zu einem kurzen Resümee in Nathusius’ Büro zusammensaßen. »Die Aufregung in Berlin ist verständlich. Es handelt sich um eine Kurzschlussreaktion des US-Präsidenten, der keine Vorstellung davon hat, dass es eine gewisse Vorbereitung braucht, wenn er sich irgendwo einnistet. Natürlich muss für seine Sicherheit gesorgt werden. Das Protokollarische interessiert mich weniger. Ob er ein blaues Himmelbett benötigt, die Toilette in seiner Lieblingsfarbe gestrichen werden soll oder ob sein Pizzabäcker eingeflogen werden muss … Darum kann sich der Butler vom Bundespräsidialamt kümmern. Aber wie halten wir ihm die fern, die ihm ans Leder wollen?«
Nathusius hüstelte. »Herr Dr. Lüders. Sie haben manchmal eine gewöhnungsbedürftige Ausdrucksweise.«
»Ich passe mich nur Onkel Donald an. Der wird in vielen Medien als der pöbelnde Präsident bezeichnet. Das kann man mir nicht nachsagen.«
»Stimmt«, entgegnete Jochen Nathusius. »Sie sind kein Präsident.«
»Aber das Pöbeln …«, ergänzte Dr. Starke. »Wir wissen jetzt, wo er wohnen will. Es schien so, als hätte Berlin die Zustimmung der Eigentümerin erwirkt.«
»Ich fahre nach Timmendorfer Strand und sehe mir die Örtlichkeiten an«, schlug Lüder vor.
»Gut«, antwortete Dr. Starke.
»Ich werde mit dem Landespolizeidirektor und der Bundespolizei sprechen und Kontakt zum Ministerium halten«, erklärte Nathusius. »Sie«, dabei zeigte er auf Jens Starke, »stellen eine Taskforce zusammen, die sich Gedanken machen soll, was unsererseits machbar ist. Lassen Sie uns auch darüber nachdenken, was nicht machbar ist, aber trotzdem getan werden muss.«
Lüder kehrte in sein Büro zurück. Dort traf er auf Friedjof, den mehrfach behinderten Büroboten.
»Guten Tag«, sagte Friedjof leise.
»Mensch, Friedhof, was ist mit dir? Hat dein Lieblingsverein Holzbein Kiel wieder verloren?«
Friedjof schüttelte den Kopf. »Die halten einen guten Mittelplatz in der Zweiten Liga.«
»Da gehören sie auch hin. Das ist gut so«, sagte Lüder. »Im Haifischbecken Erste Liga werden sie nur zerschlagen. Viele Vereine, die zur Freude ihrer Anhänger den Aufstieg geschafft haben, mussten bitter Lehrgeld bezahlen und wurden dann in untere Ligen durchgereicht. Freuen wir uns, dass dein Holstein Kiel eine gute Rolle in der Zweiten Liga spielt.« Sind wir auch in der Zweiten Liga?, überlegte Lüder. Oder siedeln uns Leute wie Kuckuck vom BND oder die Vertreter der Berliner Ministerien in den Amateurklassen an?
»Wir haben außerdem den THW Kiel, eine erste Adresse im Handball.«
»THW – Technisches Hilfswerk. Und die spielen Handball«, sagte Friedjof leise.
Lüder lachte. »THW steht für Turnverein Hassee-Winterbek.«
»Hassee – da wohnst du doch«, stellte Friedjof fest. »Wie schön.«
Lüder stand auf und legte Friedjof freundschaftlich einen Arm um die Schulter. »Was ist mit dir? So kenne ich dich nicht.«
»Ach – nichts.«
»Friedhof!« Es klang nachdrücklich.
»Ich bin besorgt. Wegen Franzi.«
»So. Wer ist Franzi?«
»Meine Freundin. Wir wohnen seit zwei Wochen zusammen.«
»Mensch, alter Schwerenöter. Das ist ja großartig.« Lüder führte Friedjof zum Besucherstuhl und drückte ihn auf die Sitzfläche. Er selbst nahm auf der Schreibtischecke Platz.
»Franzi ist krank. Ein Infekt.«
»Das ist doch nicht weiter schlimm.«
»Ich mache mir aber Sorgen.« Er sah zu Lüder auf.
»Weshalb hast du das nicht erzählt – ich meine, mit Franzi?«
»Na – sie ist doch auch behindert. So wie ich.«
»Ja und? Du bist doch auch mein Freund.«
»Also …«, druckste Friedjof herum. »Sie hat das Downsyndrom. Und wenn wir beide unterwegs sind … Manche Leute gucken komisch.«
»Das sollte euch nicht stören.«
»Franzis Eltern sind okay. Sie haben nichts dagegen, dass wir zusammenwohnen, ich meine, so … so wie Mann und Frau.«
»Friedjof. Es zählt doch nur, dass ihr euch liebt.«
Friedjof nickte heftig. »Oha – doch. Das tun wir. Sie ist eine ganz Liebe. Und sie kocht gern. Am liebsten Pfannkuchen.«
»Mensch. Das ist eine wunderbare Neuigkeit. Weißt du was? Wir laden euch zum Essen bei uns ein.«
»Ehrlich?« Friedjof strahlte.
»Natürlich. Aber erst, nachdem der amerikanische Präsident wieder weg ist.«
»Was?« Der Bürobote musterte Lüder mit offenem Mund. »Der ist auch bei euch eingeladen?«
Lüder lachte laut auf. »Um Gottes willen. Der ist nirgendwo willkommen. Im Unterschied zu euch. Nun sieh zu, dass du deine Runde abschließt. Dann machst du heute etwas früher