Der Malteser Falke. Dashiell Hammett

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Der Malteser Falke - Dashiell  Hammett

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war zärtlich, sein aufgebrachter Blick aber wanderte zu dem Schreibtisch, der seinem Kompagnon gehört hatte. Er bleckte ungeduldig die Zähne und drehte das Kinn zur Seite, um ihrem Hut auszuweichen. »Hast du Miles’ Bruder benachrichtigt?«

      »Ja, er war heute Morgen da.« Die Worte wurden von ihrem Schluchzen und seinem Sakko erstickt.

      Erneut verzog er das Gesicht und warf einen verstohlenen Blick auf seine Armbanduhr. Er umschlang Iva mit dem linken Arm, die Hand ruhte auf ihrer linken Schulter. Die Manschette war so weit hochgerutscht, dass die Uhr frei lag. Zehn nach zehn.

      Iva regte sich in seinen Armen und hob erneut das Gesicht. Ihre runden blauen Augen schwammen in Tränen und waren von weißen Ringen umgeben, der Mund schimmerte feucht.

      »Ach, Sam«, stöhnte sie. »Hast du ihn erschossen?«

      Spade fiel die Kinnlade herunter. Seine Augen traten hervor. Er ließ sie los und wich einen Schritt zurück. Mit finsterem Blick räusperte er sich.

      Sie hielt noch immer die Arme erhoben, aus denen er sich gelöst hatte. Angst trübte ihren Blick, die Augen waren halb geschlossen, die Brauen eng zusammengezogen. Ihre feuchten, roten Lippen bebten.

      Spade stieß lachend eine einzelne Silbe aus: »Ha!« Dann trat er zum Fenster. Dort stand er mit dem Rücken zu ihr und blickte durch den Vorhang in den Hof, bis sie ein paar Schritte auf ihn zumachte. Rasch wandte er sich ab und setzte sich an seinen Schreibtisch. Er stützte die Ellbogen auf, legte das Kinn auf die Fäuste und betrachtete sie. Die gelblichen Augen funkelten zwischen zusammengekniffenen Lidern.

      »Wer hat dir diese grandiose Idee in den Kopf gesetzt?«, fragte er eisig.

      »Ich dachte …« Ihre Hand flog zum Mund, und erneut stiegen ihr Tränen in die Augen. Sie kam zu ihm zum Schreibtisch – leichtfüßig und sicher in schwarzen, unglaublich hohen, unglaublich kleinen Pumps. »Sei nett zu mir, Sam«, sagte sie unterwürfig.

      Er lachte ihr ins Gesicht – seine Augen funkelten noch immer. »Du hast meinen Mann erschossen, Sam, aber bitte sei nett zu mir.« Er klatschte in die Hände. »Herr im Himmel!«

      Daraufhin schluchzte sie laut auf und presste sich ein weißes Taschentuch ans Gesicht.

      Er stand auf und stellte sich hinter sie. Er legte die Arme um sie und küsste ihren Hals zwischen Ohr und Mantelkragen. »Schon gut, Iva, nicht weinen.« Sein Gesicht war ausdruckslos. Als das Schluchzen verebbte, berührten seine Lippen ihr Ohr. »Du hättest heute nicht herkommen dürfen, Liebling«, murmelte er. »Es war nicht klug. Du darfst nicht lange bleiben. Fahr lieber wieder nach Hause.«

      Sie drehte sich in seinen Armen um, sah ihn an und fragte: »Kommst du heute Abend vorbei?«

      Sanft schüttelte er den Kopf. »Heute nicht.«

      »Aber bald?«

      »Ja.«

      »Wie bald?«

      »Sobald ich kann.«

      Er küsste sie auf den Mund, führte sie zur Tür, sagte »Wiedersehen, Iva«, schob sie mit einer Verbeugung hinaus, schloss die Tür und kehrte an seinen Schreibtisch zurück.

      Er nahm Tabak und Zigarettenpapier aus der Westentasche, doch er drehte sich keine Zigarette. Er saß da, den Tabak in der einen, die Blättchen in der anderen Hand, und betrachtete nachdenklich den Schreibtisch seines toten Kompagnons.

      Effie Perine öffnete die Tür und kam herein. Ihre braunen Augen wirkten beunruhigt, doch ihre Stimme war arglos. Sie fragte: »Und?«

      Spade antwortete nicht. Sein nachdenklicher Blick ruhte noch immer auf dem Schreibtisch seines Kompagnons.

      Die junge Frau runzelte die Stirn und kam zu ihm. »Und?«, wiederholte sie etwas lauter. »Wie bist du mit der Witwe verblieben?«

      »Sie glaubt, ich hätte Miles erschossen«, sagte er. Nur seine Lippen bewegten sich.

      »Damit du sie heiraten kannst?«

      Darauf gab Spade keine Antwort.

      Die junge Frau griff nach dem Hut auf seinem Kopf und legte ihn auf den Schreibtisch. Dann beugte sie sich vor und nahm ihm Tabak und Zigarettenpapier aus den reglosen Fingern.

      »Die Polizei glaubt, ich hätte Thursby erschossen«, sagte er.

      »Wer ist das?«, fragte sie, zog ein Blättchen aus der Packung und bröselte Tabak hinein.

      »Und du? Wen habe ich deiner Meinung nach erschossen?«

      Als sie nicht antwortete, sagte er: »Thursby ist der Mann, den Miles für die kleine Wonderly beschatten sollte.«

      Ihre schlanken Finger drehten die Zigarette zu Ende. Dann leckte sie über den Rand, strich sie glatt, zwirbelte sie auf einer Seite zusammen und steckte sie Spade in den Mund. Er sagte: »Danke, Schätzchen«, legte einen Arm um ihre schmale Taille, lehnte die Wange müde an ihre Hüfte und schloss die Augen.

      »Wirst du Iva jetzt heiraten?«, fragte sie und sah hinab auf sein dunkelblondes Haar.

      »Sei nicht albern«, brummte er. Die nicht angezündete Zigarette wippte mit jeder Bewegung seiner Lippen auf und ab.

      »Sie findet das gar nicht albern. Wie sollte sie auch – so wie du es mit ihr getrieben hast.«

      Er seufzte. »Ich wünschte bei Gott, ich wäre ihr nie begegnet.«

      »Jetzt vielleicht.« Ein Hauch von Boshaftigkeit schwang in der Stimme der jungen Frau mit. »Aber es gab auch andere Zeiten.«

      »Ich weiß einfach nicht, wie ich mit Frauen reden oder umgehen soll, außer auf diese Art«, brummte er. »Außerdem konnte ich Miles nicht leiden.«

      »Das stimmt nicht, Sam«, antwortete sie. »Du weißt, dass ich sie für eine blöde Kuh halte, aber ich wäre liebend gern eine Kuh, wenn ich dafür eine Figur wie sie haben könnte.«

      Spade rieb ungeduldig das Gesicht an ihrer Hüfte, sagte aber nichts.

      Effie Perine biss sich auf die Lippen, runzelte die Stirn und beugte sich hinunter, um sein Gesicht besser sehen zu können. »Hältst du es für denkbar, dass sie ihn umgelegt hat?«

      Spade setzte sich kerzengerade auf und nahm den Arm von ihrer Taille. Er lächelte sie an. In seinem Ausdruck zeigte sich nichts weiter als Belustigung. Er ließ sein Feuerzeug aufschnappen und hielt die Flamme an das Ende seiner Zigarette. »Du bist ein Engel«, sagte er zärtlich durch den Rauch, »ein reizender Engel mit einem Spatzenhirn.«

      Sie lächelte schief. »Ach ja? Nehmen wir mal an, deine Iva wäre noch nicht sehr lange zu Hause gewesen, als ich um drei Uhr bei ihr aufgekreuzt bin, um die Trauerbotschaft zu überbringen.«

      »Sehr interessant!« Seine Augen waren wachsam geworden, doch er lächelte noch immer.

      »Sie hat mich draußen warten lassen, bis sie sich ausgezogen oder zu Ende ausgezogen hatte. Ich hab gesehen, dass sie ihre Kleider auf einen Stuhl geworfen hatte. Hut und Mantel lagen zuunterst. Ihre Unterwäsche ganz oben war noch warm. Sie hat behauptet, sie hätte geschlafen, aber das stimmte nicht. Das Bett war zerwühlt, aber es

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