HAUSER - IMMER FESTE DRUFF!. Andreas Zwengel
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Читать онлайн книгу HAUSER - IMMER FESTE DRUFF! - Andreas Zwengel страница 3
»Der große Detektiv. Wenn die Öffentlichkeit dich so sehen könnte, würden viele Kriminelle sorgloser zur Arbeit gehen.«
Hauser brummelte Unverständliches. Kriminalistische Kompetenz und moralische Integrität waren ihm zwar nicht völlig fremd, aber die gängigen Laster des modernen Lebens standen ihm eindeutig näher. Er kämpfte sich von seinem Futon hoch und machte pappende Laute mit seiner Zunge, die immer wieder am Gaumen festklebte.
»Alkohol bekommt dir einfach nicht, Hauser. Du solltest bei deinen Gewohnheiten bleiben.«
»Das klingt aber sehr nach Verharmlosung sogenannter weicher Drogen«, antwortete Hauser und stemmte sich mühsam auf die Beine, wo ihn der Drehschwindel in Empfang nahm.
»Wir haben es eilig, willst du dich noch umziehen?«
Hauser schüttelte den Kopf, was diesem überhaupt nicht guttat. »Wieso? Irgendeinen Sinn muss es doch haben, in seinen Klamotten zu schlafen.« Er knöpfte die Weste über dem buntbedruckten Hemd zu, dessen Enden er nachlässig in den Hosenbund seiner Jeans stopfte. Unsicher schritt er ins Badezimmer, wo er sich notdürftig auffrischte. Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare und fühlte sich gekämmt. Dies stellte weitaus mehr Zuwendung dar, als er für gewöhnlich seiner Frisur widmete. Sein Äußeres wirkte wie aus der Zeit gefallen. Der Schnauzbart und die Un-Frisur gehörten in die Siebziger, die Kleidung wirkte wie aus mehreren Epochen zusammengepuzzelt und nichts davon passte ins einundzwanzigste Jahrhundert.
Auf dem Weg zur Tür zog er sein Jackett über und griff nach seinem Beutel. Eine Umhängetasche, die er stets bei sich trug. Trotz der überschaubaren Größe befanden sich in ihr immer die Sachen, die er gerade benötigte. Sie war mit unzähligen Aufnähern übersät und mit Notizzetteln gefüllt, die für Hauser eine Art Ersatzgedächtnis bildeten.
»Wo fahren wir eigentlich hin?«, fragte Hauser, kaum dass sie in Lessings Mercedes Platz genommen hatten.
»Zum Revier natürlich, wo vor zehn Minuten die Pressekonferenz beginnen sollte. Die ersten Journalisten waren heute Morgen schon vor mir da und werden immer ungeduldiger. Die Verdächtigen sind ebenfalls erschienen, gemeinsam mit ihren Anwälten. Das wird eine heiße Angelegenheit.«
»Aha.«
»Was bedeutet Aha?«
»Nichts weiter«, sagte Hauser und sah aus dem Fenster. Die Stadt war lange vor ihm erwacht und lief bereits auf Hochtouren. Aber das tat sie eigentlich immer, abgesehen von ein oder zwei Stunden vor dem Morgengrauen, die man benötigte, um schnell feucht durchzuwischen. »Aber ich bedanke mich für die Wertschätzung meiner Arbeit.«
»Wovon redest du bitte?«
»Na, die Pressekonferenz! Ich sage, ich kenne den Täter und ihr trommelt sofort die Meute zusammen. Das ist doch nicht selbstverständlich, oder?«
Lessing blickte starr geradeaus und begann langsam den Kopf zu schütteln. »Mann-Mann-Mann, Hauser, du weißt es wirklich nicht mehr?«
»Was meinst du?«
»Die Pressekonferenz war sicher nicht unsere Idee. Du hast letzte Nacht in deinem besoffenen Kopf so ziemlich jeden Frankfurter Journalisten angerufen und für heute Morgen ins Revier bestellt.«
»Warum sollte ich so was tun?«
»Das weiß der Herr allein. Jedenfalls haben genug Medienvertreter deine Einladung angenommen und stapeln sich nun im Revier. Muss ich erwähnen, dass meine Chefin dir den Kopf abreißen möchte?«
Hauser verneinte. Kathrin Bornemann war die einzige Frau, der er einen solchen Gewaltakt zutraute. Wer so schnell in diesem Beruf aufstieg, ohne seine körperlichen Attribute einzusetzen, der konnte gar nicht anders als knallhart sein.
Lessing wirkte erstaunlich fröhlich, während er den Wagen von Bockenheim aus durch den Stadtverkehr lenkte. Er befand sich sogar in Plauderlaune. »Das war erstklassige Arbeit bisher. Wir mussten den Leichnam im Krematorium in letzter Sekunde vor der Einäscherung bewahren, aber inzwischen hat die Gerichtsmedizin deinen Verdacht bestätigt. Es war kein Unfall.«
Hauser nickte geschmeichelt, während er sich gleichzeitig angestrengt die Schläfen massierte. Er fürchtete die Frage, die Lessing auch prompt stellte.
»Wer hat den alten Ludlow erledigt? Jetzt kannst du mir ja sagen, wer der Täter ist. Nur, damit ich später nicht zu überrascht aus der Wäsche gucke«, sagte Lessing fröhlich.
»Hab ich den Namen bei meinem Anruf nicht genannt?«
»Dann würde ich wohl nicht fragen«, antwortete Lessing mit aufkeimendem Misstrauen in seiner Stimme.
»Sorry, erst wenn mein Honorar genehmigt wurde«, versuchte Hauser Zeit zu schinden.
Erfolglos, wie sich sofort zeigte. Lessing hielt mit quietschenden Reifen in einer Parklücke, von der Hauser geschworen hätte, dass sie kleiner als der Mercedes sei.
»Den Namen, Hauser! Jetzt sofort!« Die Stimme des Hauptkommissars klang scharf genug, um geschmeidig durch Stahl zu schneiden.
»Er wird mir schon noch einfallen.«
»OH-MEIN-GOTT!«, stieß Lessing stakkatoartig hervor.
Als sie vor dem ungewöhnlich beschaulichen Polizeirevier am östlichen Stadtrand hielten, wurde der Mercedes sofort von den Vertretern der Presse umringt. Die meisten von ihnen hielten sich nur zum Rauchen im Freien auf, aber sie erkannten den ermittelnden Beamten sofort. Kameras zoomten auf Hauser, Mikrofone wurden ihm ins Gesicht gestreckt. Werbung in eigener Sache konnte einem Privatdetektiv nicht schaden und so setzte Hauser sein charmantestes Lächeln auf.
»Warum haben Sie es getan?«, erkundigte sich der erste Journalist.
»Kannten Sie das Opfer?«, wollte der zweite wissen.
»Hat die Ehefrau Sie für den Mord bezahlt?« Die Gesichter begannen vor Hauser zu verschwimmen und wurden zu einer brüllenden Masse jenseits seiner Wahrnehmungsgeschwindigkeit.
»Oder der Sohn?« Wieder der erste.
»Oder Boris Schneider?«
»Brauchten Sie das Geld für Drogen?«
»Oder für Kleidung?«
Lessing schob Hauser grinsend ins Gebäude, die Szene hatte seine Stimmung ein wenig aufgehellt. Der Detektiv dagegen glaubte, in seinen Strandalbtraum zurückversetzt zu sein und ersehnte ein erneutes Erwachen.
»Hey, Hauser, du hattest ja gestern Abend im Asbest ganz schön einen sitzen. Betrunken kennt man dich gar nicht«, polterte Mayerbach, ein älterer Polizist, mit dem Hauser früher einmal in einem Drogenfall zu tun gehabt hatte. Allerdings nicht beruflich. Zumindest er nicht, Mayerbach schon. Das Frankfurter Original hatte innerhalb der Stadt schon mehrmals die Dienststelle gewechselt, sodass sich ihre Wege immer mal wieder kreuzten.
»Mach‘s dir bequem, ich hole Bornemann«, sagte Lessing und drückte ihn auf einen Stuhl.
Hauser zog seine Lesebrille aus der Westentasche, setzte sie auf und wühlte in seinem Beutel nach Informationen. Er betrachtete Bierdeckel, die Serviette eines Fastfood-Restaurants, mehrere abgerissene Zeitungsränder, das Flugblatt einer Demonstration,