HAUSER - IMMER FESTE DRUFF!. Andreas Zwengel

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HAUSER - IMMER FESTE DRUFF! - Andreas Zwengel Hauser

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begann, die vollgekritzelten Zettel und Fetzen nach ihrer Bedeutung für diesen Fall zu sortieren. Leider enthielten sie keinen einzigen Hinweis auf den Täter.

      Lessing kam mit einer gestresst wirkenden Frau zurück. Kriminaloberrätin Kathrin Bornemann war seine Vorgesetzte bei der Kriminalinspektion 60. Lessing arbeitete dort im Bereich Organisiertes Verbrechen. Dass er sich gerade mit einem Mordfall beschäftigen musste, verdankte er einzig und allein seiner Bekanntschaft mit Hauser. Worüber er einiges empfinden mochte, aber Dankbarkeit gehörte sicher nicht dazu. Hausers Telefonstreich, wenn man es so nennen wollte, hatte hohe Wellen geschlagen, sodass sich die Kriminaloberrätin nicht freiwillig zum zuständigen Polizeirevier für den Fall Ludlow begeben hatte, um dort Schadensbegrenzung zu betreiben.

      Bornemann trug ihr mittellanges, blondes Haar fest am Hinterkopf zusammengezurrt. Auch ruckartige Bewegungen und schlechtes Wetter konnten dieser Frisur nichts anhaben. Hauser und Lessing hatten sie noch nie mit offenem Haar gesehen und wahrscheinlich war der Kreis derjenigen, denen das vergönnt war, sehr überschaubar. Ihre sehr schönen, aber auch strengen Gesichtszüge blieben meist unbewegt. Man hätte sie sicher hinter ihrem Rücken Eiskönigin genannt, wenn das nicht so ein klischeehafter Ausdruck wäre. Viele männliche Kollegen und Gegner hielten sie für lesbisch. Meistens aus gekränkter Eitelkeit, weil Bornemann so unempfänglich für den vermeintlichen Charme dieser Kerle war. Die Kleidung an dem asketischen und gestählten Körper tat ein Übriges. Sie trug ausschließlich dunkle Hosenanzüge und wirkte darin wie ein Manager mit Marathonambitionen. Kathrin Bornemann hatte ihren Ruf durch Härte, Fleiß, Unbestechlichkeit, Entschlossenheit, Mut, Beharrlichkeit und einer geradezu legendären Humorlosigkeit erlangt und damit die Latte für die männlichen Kollegen ziemlich hoch gelegt. Letztere Formulierung gebrauchte sie bewusst.

      Sie kannte Hausers Namen nur von den horrenden Rechnungen, die er für seine Dienste ausstellte. Zweifelnd betrachtete sie seine Kleidung, den unmodischen Schnauzbart, den halb schläfrigen, halb zugedröhnten Gesichtsausdruck. Der Detektiv ließ die Musterung über sich ergehen und drehte dabei mit dem Daumen einen schwarzen Ring an seinem Zeigefinger.

      Bornemann musterte den Schmuck. »Onyx?«

      »Nein, das ist ein Stimmungsring«, brummte Hauser.

      »Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl, was Ihren Experten betrifft«, sagte Bornemann an ihren Untergebenen gewandt. »Wir werden die Presse nicht mehr los. Sorgen Sie dafür, dass er seinen Text beherrscht.«

      Die Experten stritten noch darüber, ob sie ihre Gefühle besonders gut verbergen konnte oder einfach keine hatte. Jemand wie Hauser war bestens dafür geeignet, den Beweis für die Existenz von Gefühlen aus ihr herauszukitzeln.

      Lessing sah ihr nach, bis er sicher sein konnte, dass sie sich außer Hörweite befand. »Kannst du dich inzwischen an den Namen des Täters erinnern? Es wäre nämlich genau der richtige Augenblick dafür.«

      Hauser verzog das Gesicht. »Warum redest du nicht noch lauter? Ich glaube, der Mayerbach konnte dich hinten an seinem Schreibtisch nicht hören!«

      »Doch, jedes Wort«, kam es vergnügt aus der Ecke.

      Lessing packte Hauser am Arm und zerrte ihn über den Gang. »Wenn du die Sache versaust, wirst du berühmter, als du es je sein wolltest. Vielleicht fällt dir ja etwas ein, wenn du den Leuten gegenüberstehst.« Der Hauptkommissar öffnete die Tür eines kleinen Besprechungsraumes und schob ihn hinein.

      Da saßen sie, die Verdächtigen im Mordfall Ludlow. Dem Unfall mit Todesfolge, der seit wenigen Stunden als Mord gehandelt wurde. Von links: Rudolf Ludlow, der Sohn des Opfers. Ein gutaussehender junger Mann, der einen äußerst sympathischen Eindruck machte. Hauser konnte sich gut vorstellen, dass er Menschen beiderlei Geschlechts mühelos um den Finger wickelte. Neben ihm saß seine Stiefmutter Monique Ludlow, etwa zehn Jahre jünger als er. Ein hübsches Püppchen, das durchaus ein Anreiz sein konnte, als steinalter Mann viel Geld zu besitzen. Der dritte Verdächtige war ein riesiger Kerl, der mit hochrotem Kopf in sein Handy brüllte. Sein Name lautete Boris Schneider. Er war der Anwalt des alten Ludlow und ein Großteil der Presse hatte ihn längst verurteilt, weil er weder eine trauernde Witwe noch ein gebrochener Sohn war. Außerdem befanden sich in dem Raum noch drei Männer in identischen Anzügen, die Hauser schnell als die Anwälte der drei Parteien identifizierte. Sogar der Anwalt hatte einen Anwalt dabei.

      Hauser hatte mit ihnen allen innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden gesprochen, aber er konnte sich nicht mehr an den Inhalt dieser Gespräche erinnern. Außerdem versuchte er, sich seine Überraschung darüber nicht anmerken zu lassen, dass Rudolf Ludlow der Butler aus seiner Strandfantasie war und Monique die Badenixe, die er angelächelt hatte. Die junge Witwe schnüffelte und rümpfte die Nase. »Wonach riecht es hier? Sind Sie das?«, fragte sie Hauser.

      »Nein, meine Kleidung.«

      »Ziemlich herb«, urteilte sie.

      Lessing sah Hauser an. »Und?«

      »Nichts.«

      »Entschuldigen Sie uns bitte«, sagte der Hauptkommissar und führte Hauser wieder aus dem Raum heraus. »Also, das nenne ich mal eine gelungene Zeitverschwendung. Und was machen wir jetzt?«

      Eine junge Frau trat vor Hauser. Sie war Anfang oder Mitte zwanzig mit mittellangen, schwarzen Haaren und ausgesprochen hübsch auf eine ungekünstelte, naturbelassene Art. Ihr Anblick kam ihm irgendwie bekannt vor, aber da sein Gedächtnis ohnehin wie ein Sieb war, dachte er sich nichts dabei.

      Sie verpasste ihm ansatzlos eine schallende Ohrfeige. Hauser hielt sich die Wange und blickte die Frau irritiert an. »Sie sind ein altes Ferkel!«, stieß sie hervor und machte auf dem Absatz kehrt. Einige Fotografen riefen ihr hinterher, ob sie den Schlag nochmal wiederholen könne. Mayerbach hielt die aufdringliche Meute halbherzig zurück.

      »Kennst du sie?«, fragte Hauser den Polizisten und wies der Frau hinterher.

      »Na klar, das ist doch die Kleine, die dir gestern Abend einen Schnaps nach dem anderen ausgegeben hat«, gab der Polizist fröhlich Auskunft. »Ihr Name ist Melanie Beck. Sie ist Schneiders Sekretärin oder Assistentin. Du wolltest gestern unbedingt mit ihr sprechen.«

      »Das habe ich wohl auch getan«, murmelte Hauser und für einen Moment lichtete sich der zähe Nebel, den er sein Gedächtnis nannte. Er hatte mit der Sekretärin gefeiert. Der einzige Grund, der ihm dafür einfallen wollte, war, dass Melanie sich über die Ermittlung des Täters freute. Je nachdem, wie sie zu ihrem Chef stand, hatte sie sich entweder über den Beweis seiner Unschuld oder seine bevorstehende Verurteilung gefreut. Hauser fühlte sich mit einem Mal wie elektrisiert. Sie musste wissen, wer der Täter war, er hatte es ihr bestimmt erzählt. Und anschließend hatte er wohl noch etwas anderes getan, worüber sie immer noch verstimmt war. Rasch kritzelte Hauser eine Nachricht auf einen Zettel und drückte ihn Mayerbach in die Hand. »Hol sie zurück und gib ihr das.«

      Mayerbach lag auf der Zunge, dass er nicht Hausers Laufbursche war, doch er freute sich auf eine Fortsetzung der Begegnung, also zuckte er mit den Schultern und eilte der jungen Frau hinterher.

      Kathrin Bornemann erschien im Eingang des großen Konferenzraumes der Dienststelle, den man eilig für die Pressekonferenz vorbereitet hatte, indem von überall her Stühle und andere Sitzgelegenheiten herangeschafft worden waren. Bornemann winkte Lessing und Hauser energisch zu sich. Der Detektiv konnte sich nicht länger drücken, er musste sich der Presse stellen.

      Die vorderen Reihen bis zum Rednerpult waren von Reportern besetzt. In der letzten Reihe, direkt an einer Trennscheibe zu dem Großraumbüro, saßen die Verdächtigen und ihre Anwälte. Letztere hatten ihren Klienten zum jetzigen Zeitpunkt

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