Klein-Doritt. Charles Dickens

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Klein-Doritt - Charles Dickens

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einer gemeindelosen Kirche, die auf einen abenteuernden Belzoni8 zu warten schien, der sie ausgraben und ihre Geschichte entdecken würde; vorüber an schweigenden Warenhäusern und Quais, und dann und wann an einem engen Gäßchen, das nach dem Strom führte, wo ein armer kleiner Zettel »Fund im Wasser« an der feuchten Wand weinte; – so kam er endlich nach dem Haus, das er suchte. Ein altes Haus von Backstein, so dunkel, daß es beinahe ganz schwarz war, stand es ganz isoliert hinter einem Torweg. Davor befand sich ein viereckiger Hof, in dem ein oder zwei Sträuche und ein Grasfleck so üppig wucherten wie der Rost auf dem eisernen Gitter, das sie umschloß; dahinter sah man ein Gewirr von Dächern. Es war ein Doppelhaus mit langen, schmalen, schwer eingefaßten Fenstern. Vor vielen Jahren war es auf den Gedanken gekommen, sich nach der Seite zu neigen. Man stützte es jedoch und lehnte es auf ein halbes Dutzend riesiger Krücken: ein Spielplatz für die benachbarten Katzen, der jedoch, vom Wetter benagt, vom Rauch geschwärzt und von Unkraut überwuchert, in neuester Zeit keine Sicherheit mehr bot.

      »Nichts verändert«, sagte der Reisende, indem er stehenblieb und sich umsah. »Finster und elend wie immer. Ein Licht in meiner Mutter Zimmer, das nicht mehr ausgelöscht worden zu sein scheint, seit ich zweimal im Jahr von der Schule heimkam und meinen Koffer über das Pflaster zog. Ja, ja, ja!«

      Er ging auf die Tür zu, die eine Art vorspringender Baldachin aus Schnitzwerk – Gewinde von Tüchern und Kinderköpfen mit Wasser im Hirn – nach der einst sehr beliebten Form der Ornamentik schmückte. Er pochte. Bald hörte man einen schlürfenden Schritt auf dem steinernen Boden des Flurs, und die Tür wurde von einem alten, gebückten und ausgemergelten Mann mit durchdringendem Blick geöffnet.

      Er hatte ein Licht in der Hand und hielt es einen Augenblick in die Höhe, um seine scharfen Augen zu unterstützen. »Ah, Mr. Arthur«, sagte er ohne die geringste Bewegung, »sind Sie endlich da? Treten Sie ein.«

      Arthur trat ein und schloß die Tür.

      »Sie sind stärker und männlicher geworden«, sagte der alte Mann, indem er sich wieder umdrehte und, das Licht in die Höhe haltend, den Kopf schüttelte, »aber Sie sind doch, wie mich dünkt, noch nicht so groß wie Ihr Vater, auch nicht wie Ihre Mutter.«

      »Wie geht es meiner Mutter?«

      »Sie ist, wie sie jetzt immer ist! Sie hütet ihr Zimmer, wenn sie nicht gar bettlägrig ist, und war nicht fünfzehn Male in ebensoviel Jahren aus, Arthur.« Sie waren in ein ärmliches, ödes Speisezimmer getreten. Der alte Mann hatte den Leuchter auf den Tisch gestellt, und den rechten Ellbogen mit der linken Hand stützend, rieb er sich die ledernen Wangen, während er den Ankömmling betrachtete. Dieser bot ihm die Hand. Der alte Mann nahm sie ziemlich kalt und schien seine Wangen vorzuziehen; er kehrte auch, sobald er konnte, zu ihnen zurück.

      »Ich möchte bezweifeln, daß Ihre Mutter Ihre Heimkehr am Sabbat billigen werde, Arthur«, sagte er und schüttelte bedächtig den Kopf.

      »Sie wollen doch nicht, daß ich wieder fortgehen soll?«

      »O! ich, ich? Ich bin ja nicht der Herr vom Haus. Das möchte ich um keinen Preis haben. Ich stand viele Jahre lang vermittelnd zwischen Ihrem Vater und Ihrer Mutter. Ich möchte mir nicht anmaßen, die gleiche Stellung zwischen Ihnen und Ihrer Mutter einzunehmen.«

      »Wollen Sie ihr sagen, daß ich heimgekehrt bin.«

      »Jawohl, Arthur, jawohl. Gewiß. Ich will ihr sagen, daß Sie heimgekehrt sind. Wollen Sie gefälligst hier warten. Sie werden das Zimmer nicht verändert finden.« Er nahm ein zweites Licht aus einem Speiseschrank, zündete es an, ließ das erste auf dem Tisch und ging, seinen Auftrag zu besorgen. Er war ein kleiner, kahlhäuptiger alter Mann, in einem hochhinaufstehenden schwarzen Frack und schwarzer Weste, schwarzbraunen Hosen und langen Gamaschen von gleicher Farbe. Er konnte seiner Kleidung nach Kommis oder Diener sein und war beides in der Tat längere Zeit gewesen. Er besaß nichts von Schmuck als eine Uhr, die an einem alten schwarzen Bande in der Tiefe seiner Uhrtasche hing und von der ein angelaufener kupferner Schlüssel oben heraussah, um zu zeigen, wo die Uhr versenkt war. Sein Kopf war schief; er hatte ein einseitiges, krebsartiges Wesen, als ob sein Fundament zur selben Zeit nachgegeben, wie das des Hauses, und er in ähnlicher Weise gestützt werden müßte.

      »Wie schwach ich bin«, sagte Arthur, als dieser weggegangen, »daß ich Tränen über einen solchen Empfang weinen könnte! Ich, der nie etwas anderes erfahren, der nie etwas anderes erwartet hat.«

      Er konnte nicht nur, er tat es auch. Es war das augenblickliche Nachgeben eines Mannes, der von dem ersten Dämmern seiner Wahrnehmungen nur Enttäuschungen erlebt und doch noch nicht all sein hoffnungsvolles Sehnen aufgegeben. Er drängte diese Empfindung zurück, nahm das Licht und betrachtete sich das Zimmer. Die alten Möbel standen am alten Platze; die ägyptischen Plagen, durch die Londoner Plagen – Fliegen und Rauch – dunkler geworden, hingen noch unter Glas und Rahmen an der Wand. Dort der alte Flaschenschrank, der jedoch leer stand, mit Blei ausgeschlagen wie eine Art Sarg in Abteilungen; hier das alte dunkle Kabinett, gleichfalls leer, dessen Inhalt er in den Tagen der Strafe oft ganz allein gebildet, und das er damals als die wahre Pforte zu jenem Lebensquell betrachtet, zu dem ihn das Traktätchen in gesprengtem Galopp eilen gesehen. Dort stand auf dem Seitentisch die große Uhr mit dem strengen Gesicht, deren gemalte Augenbrauen ihn immer mit roher Schadenfreude zu betrachten schienen, wenn er mit seinen Arbeiten im Rückstande war, und die, wenn sie einmal in der Woche mit einem eisernen Schlüssel aufgezogen wurde, gewöhnlich mit boshafter Ahnung der Leiden, die sie ihm bringen würde, zu brummen schien. Aber hier kam der alte Mann wieder und sagte: »Arthur, ich will vorausgehen und Ihnen leuchten.«

      Arthur folgte ihm die Treppe hinauf, die grabsteinartig ziseliert war, in ein dunkles Schlafzimmer, dessen Boden sich allmählich so gesenkt hatte, daß der Kamin sich in einem Loch befand. Auf einem schwarzen, bahrenartigen Sofa in dieser Vertiefung, hinten mit einem großen, eckigen, schrägen Polster gestützt, gleich dem Bocke bei einer Hinrichtung in den guten alten Zeiten, saß die Mutter im Witwenkleid da.

      Sie und sein Vater hatten, soweit sein Gedächtnis zurückreichte, miteinander im Hader gelebt. Sprachlos inmitten des strengsten Schweigens dazusitzen und schüchtern von dem einen abgewandten Gesicht nach dem andern zu blicken, war die friedlichste Beschäftigung seiner Kindheit gewesen. Sie gab ihm einen glasigen Kuß und vier steife Finger in wollenem Handschuh. Nachdem diese Umarmung vorüber war, setzte er sich ihr gegenüber an den kleinen Tisch. Auf dem Kaminrost brannte ein Feuer, wie seit fünfzehn Jahren Tag und Nacht. An dem Haken des Kamins hing ein Kessel, wie seit fünfzehn Jahren Tag und Nacht. Ein kleines Häufchen kalter Asche lag auf dem Feuer und ein anderes kleines Häufchen war unter dem Rost zusammengekehrt, wie seit fünfzehn Jahren Tag und Nacht. In dem ungelüfteten Zimmer herrschte ein Geruch von schwarzer Farbe, den das Feuer seit fünfzehn Monaten aus dem Flor und dem Stoff des Witwenkleides und seit fünfzehn Jahren aus dem bahrenartigen Sofa gezogen.

      »Mutter, das ist eine große Veränderung gegen Ihr früheres rühriges Leben.«

      »Die Welt hat sich auf diesen engen Raum zusammengerückt, Arthur«, antwortete sie und sah im Zimmer umher. »Es ist gut für mich, daß ich nie mein Herz auf ihre leeren Eitelkeiten gerichtet.«

      Der alte Einfluß ihrer Gegenwart und ihre ernste strenge Stimme beherrschte ihren Sohn wieder in solchem Grade, daß er aufs neue den bangen Schauer und die Schüchternheit seiner Kindheit fühlte.

      »Verlassen Sie Ihr Zimmer nie, Mutter?«

      »Teils durch meine Rheumatismen, teils durch die dadurch entstandene Hinfälligkeit und nervöse Schwäche – der Name tut nichts zur Sache – habe ich den Gebrauch meiner Glieder eingebüßt. Ich verlasse niemals dieses Zimmer. Ich war nicht vor dieser Tür seit – sagen Sie ihm, wie lange«, versetzte sie, indem sie die letzten Worte über die Achsel hin sprach.

      »Nächste

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