Klein-Doritt. Charles Dickens

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Klein-Doritt - Charles Dickens

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dünkt mich?« sagte der Doppelgänger und kostete, als ob er in den Docks wäre.

      »Ihre Gesundheit.«

      Er trank einen Schluck.

      »Eure Gesundheit!«

      Er trank einen zweiten Schluck.

      »Seine Gesundheit!«

      Er trank einen dritten Schluck.

      »Und die Gesundheit aller Freunde rings um St. Paul.«

      Er leerte das Glas und schob es auf den Tisch, nachdem er dem alten feierlichen Toast Folge gegeben, und nahm das Kästchen auf. Es war ein eisernes Kästchen von ungefähr zwei Fuß im Geviert, das er ziemlich leicht unter dem Arme trug. Jeremiah beobachtete sein Tun mit eifersüchtigen Blicken, drückte auf das Kästchen, um zu sehen, ob er es auch festhalte, bat ihn, doch ja recht pünktlich seine Sache zu besorgen, und ging dann auf den Zehen hinweg, um ihm die Tür zu öffnen. Affery, die diese Absicht ahnte, war schon auf der Treppe. Das übrige war so gewöhnlich und so natürlich, daß sie, während sie auf der Treppe stand, das Öffnen der Tür hören, die Nachtluft fühlen und die Sterne draußen sehen konnte.

      Aber nun kam der merkwürdigste Teil des Traumes. Sie fürchtete sich so sehr vor ihrem Gatten, daß sie, als sie so auf der Treppe stand, sich nicht imstande fühlte, in ihr Zimmer zurückzugehen (was so leicht gewesen, ehe er die Tür schloß), sondern, starr auf einen Punkt sehend, stehenblieb. Deshalb kam er, als er mit dem Licht die Treppe heraufging, um sich zu Bett zu begeben, gerade auf sie zu. Er sah verwundert aus, sagte jedoch nicht ein Wort. Er schaute sie fest an und ließ keinen Blick von ihr, während er weiterging; und sie trat, weil sie sich seinem Einfluß nicht entziehen konnte, immer weiter zurück. Auf diese Weise ging sie beständig rückwärts, während er vorwärts ging, bis sie endlich in ihrem Zimmer ankamen. Sie waren aber kaum dort, als Mr. Flintwinch sie am Halse packte und schüttelte, bis sie schwarz im Gesicht war.

      »Nun, Affery, Frau! – Affery!« sagte Mr. Flintwinch. »Wovon hast du geträumt? Wach auf, wach auf! Was gibt es?«

      »Was es gibt, Jeremiay?« keuchte Mrs. Flintwinch, die Augen rollend.

      »Nun, Affery, Frau! – Affery! Du bist während des Schlafes aus dem Bett gefallen, meine Liebe! Ich komme herauf, nachdem ich unten etwas eingeschlafen war, und finde dich, in dein Tuch eingehüllt, vom Alp gepeinigt. Affery, Frau«, sagte Mr. Flintwinch mit einem freundlichen Grinsen in seinem ausdrucksvollen Gesicht, »wenn du je wieder einen Traum der Art hast, so ist es mir ein Zeichen, daß du Arznei brauchst. Und ich werde dir welche geben, Alte – ja, ich werde dir welche geben!«

      Mrs. Flintwinch dankte ihm und kroch ins Bett.

      Als die Glocken der Stadt am Montagmorgen neun schlugen, wurde Mrs. Clennam von Jeremiah Flintwinch, dem Mann mit dem niedergeschlagenen Blick, vor ihren großen Schreibtisch gerollt. Nachdem sie diesen aufgeschlossen und geöffnet und sich vor dem Pult zurechtgerückt, entfernte sich Jeremiah – wahrscheinlich, um sich mit einem noch wirksameren Spitzbubenblick anzutun –, und ihr Sohn erschien.

      »Geht es Ihnen heute morgen etwas besser, Mutter?«

      Sie schüttelte den Kopf mit derselben ernsten Miene der Selbstherrlichkeit, die sie am vorhergehenden Abend, als vom Wetter die Rede war, gezeigt hatte. »Ich werde nie mehr besser werden, Arthur. Es ist ein Glück für mich, daß ich meinen Zustand kenne und ihn zu tragen weiß.«

      Wie sie so dasaß, die Hände getrennt auf dem Pult und den hohen Schreibtisch vor sich, sah es aus, als ob sie auf einer tonlosen Kirchenorgel spielte. Auf ihren Sohn machte es diesen Eindruck (und nicht erst heute, sondern schon vor Jahren war ihm dieser Gedanke gekommen), als er sich neben sie setzte.

      Sie öffnete einige Schiebladen, sah mehrere Geschäftspapiere durch und legte sie dann wieder an ihren früheren Platz. Kein Muskel ihres strengen Gesichts verlor seine Spannung; es war deshalb auch für den Beobachter unmöglich, in das dunkle Labyrinth ihrer Gedanken zu dringen.

      »Soll ich von unsern Angelegenheiten sprechen, Mutter? Sind Sie geneigt, auf Geschäftssachen einzugehen?«

      »Ob ich geneigt bin? Vielmehr, bist du es? Dein Vater ist seit länger als einem Jahre tot. Ich war seit jenem Augenblick bereit und wartete, bis es dir beliebe.«

      »Es war noch so viel zu ordnen, ehe ich abreisen konnte; und als ich endlich freie Hand hatte, reiste ich ein wenig zur Erholung.«

      Sie wandte ihr Gesicht nach ihm hin, als ob sie seine letzten Worte nicht gehört oder verstanden.

      »Zur Erholung.«

      Sie blickte in dem düstern Zimmer umher und schien, nach der Bewegung ihrer Lippen zu urteilen, jene Worte zu wiederholen, als wollte sie diese Räume zu Zeugen auffordern, wie wenig sie daran teilhabe.

      »Und dann, Mutter, da Sie die einzige Testamentsvollstreckerin sind und die Sachen ordnen können, wie es Ihnen beliebt, so blieb mir wenig, oder ich möchte sagen, nichts zu tun übrig, bis Sie Zeit hätten, die Dinge zu Ihrer Zufriedenheit zu arrangieren.«

      »Die Rechnungen sind ausgefertigt«, versetzte sie, »ich habe sie hier. Die Urkunden sind alle geprüft und richtig befunden. Du kannst Einsicht davon nehmen, wann es dir beliebt, Arthur; jetzt, wenn du Lust hast.«

      »Es genügt, Mutter, wenn ich weiß, daß das Geschäft besorgt ist. Soll ich fortfahren?«

      »Warum nicht?« sagte sie in ihrer frostigen Weise.

      »Mutter, unser Haus hat in den letzten Jahren immer weniger Geschäfte gemacht, und unsre Handelsverbindungen nahmen bedeutend ab. Wir haben nie viel Vertrauen gezeigt oder uns auf viel eingelassen; wir haben die Leute nicht an uns gefesselt. Die Richtung, die wir einschlugen, war nicht die Richtung der Zeit, und wir blieben zuletzt weit zurück. Ich brauche nicht bei diesem Punkt zu verweilen, Mutter. Sie sind hinlänglich davon unterrichtet.«

      »Ich weiß, was du meinst«, antwortete sie in ihrem charakteristischen Ton.

      »Auch dieses alte Haus, in dem wir sprechen«, fuhr ihr Sohn fort, »ist ein Beispiel von dem, was ich sage. In meines Vaters früheren Zeiten, und zu seines Onkels Zeiten noch früher, war es ein Geschäftsplatz – wirklich ein Geschäftsplatz mit lebhaftem Verkehr. Jetzt ist es eine reine Anomalie, eine Ungereimtheit, außer der Zeit und völlig unzweckmäßig. Alle unsere Verbindungen gingen seit langer Zeit an das Kommissionsgeschäft von Rovingham; und obgleich man, um dieses zu kontrollieren und die Geldmittel meines Vaters gut zu verwalten, Ihr Urteil und Ihre Wachsamkeit lebhaft in Anspruch nahm, so hätten doch diese Eigenschaften den gleichen Einfluß auf meines Vaters Vermögen haben können, wenn Sie irgendeine Privatwohnung bezogen: das müssen Sie zugeben?«

      »Denkst du denn«, entgegnete sie, ohne auf seine Frage zu antworten, »daß ein Haus völlig zwecklos sei, Arthur, wenn es deine kränkliche und leidende – deine mit vollem Recht leidende – Mutter beherbergt?«

      »Ich sprach nur von geschäftlichen Beziehungen.«

      »Und in welcher Absicht?« »Ich komme schon darauf zu sprechen.«

      »Ich sehe voraus«, entgegnete sie und heftete ihre Augen auf ihn, »was es ist. Aber der Herr bewahre mich, daß ich unter irgendeiner Heimsuchung murre. Um meiner Sünden willen verdiene ich die bitterste Enttäuschung, und ich nehme sie gelassen

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