Sophienlust Paket 4 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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»Bleibst du wenigstens zum Abendessen?«, bat Lilo bedrückt.
Er nahm ihre Einladung an.
Siegfried Werner kam allerdings verspätet heim. Er war in bester Stimmung. »Zwei weitere tolle Werbeverträge habe ich auf Anhieb bekommen«, frohlockte er. »Zur Zeit klappt es wie am Schnürchen.«
Lilo ging in die Küche, um das Essen aufzutragen. Jochen machte sich wichtig und mischte sich in das Gespräch der Männer ein. Lilo hörte seine helle Kinderstimme ständig.
»Onkel Klaus war immer hier, morgens und abends«, verkündete Jochen, als sie mit dem Tablett ins Zimmer trat. »Einmal bin ich in der Nacht aufgewacht. Da war er auch da.«
Lilos Wangen wurden heiß.
Doch Siegfried Werner schien die Bemerkung des Jungen nicht in ihrer vollen Tragweite erfasst zu haben. Er blieb freundlich und aufgeschlossen. Dennoch verabschiedete sich Klaus Magnus besonders früh.
»Ihr versteht euch gut?«, fragte Siegfried, nachdem er abgefahren war.
»Ja, es verbindet uns allerlei. Er wollte damals Gabi heiraten. Und jetzt geht es um seinen Sohn.«
»Du magst ihn?«
»Ja, gewiss.« Ihre Stimme war nicht ganz sicher.
»Ich meine, es ist ein Glück, dass er gerade jetzt aufgetaucht ist.«
»Findest du?« Lilo fühlte plötzlich Angst. Etwas schien auf sie zuzukommen, dem sie nicht entfliehen konnte.
Ihr Mann fuhr fort:
»Die Zusammenarbeit mit Rita Hellmann ist die große Chance meines Lebens. Sie ist eine tolle Frau, und ich werde für sie eine fabelhafte Werbung aufziehen. Mir sind ganz neue Ideen gekommen.«
»Du hast immer gute Ideen gehabt, Siegfried.«
»Jetzt geht es erst richtig los, Lilo. In einem Jahr wird man sich darum reißen, mich als Werbeberater zu kriegen.«
»Willst du überhaupt so hoch hinaus? Wir haben doch immer unser gutes Auskommen gehabt.«
»Natürlich will ich. Seit ich Rita kenne, weiß ich, dass es ein anderes Leben gibt als das, das wir bis jetzt geführt haben.«
Es fiel ihr wie Schuppen von den Augen. »Du liebst sie?«, fragte sie leise.
Er wandte ihr das Gesicht zu, und sie konnte darin die Antwort lesen.
»Wir werden es in Ruhe besprechen, Lilo. Es braucht nichts überstürzt zu werden.«
Lilo schwieg. Sie dachte an Klaus Magnus und an Südafrika. Trotzdem empfand sie Furcht.
»Jochi lasse ich dir natürlich«, erklärte Siegfried hastig. »Das ist ganz klar. Finanziell sollst du auch keinen Nachteil haben. Ich werde dir dieses Haus überschreiben, damit du sicher bist. Außerdem zahle ich monatlich, was du für dich und den Jungen brauchst.«
»Das …, das habt ihr schon miteinander besprochen?«
»Nein, Lilo. Ich habe es mir auf der Rückfahrt überlegt. Aber ich würde die Scheidung nicht von dir verlangen, falls du dagegen bist.«
Sie schöpfte tief Atem. »Ich …, ich bin nicht dagegen, Siegfried.«
Er sah sie an und wartete darauf, dass sie mehr sagen würde. Doch ihr Mund blieb geschlossen. Sie wusste ja nicht einmal, wie sie wirklich zu Klaus Magnus stand. Vor allem kannte sie dessen Pläne nicht.
»Du bist sehr großzügig, Lilo.«
»Wenn du glaubst, dass du mit einer anderen Frau glücklicher werden kannst … Es wäre nicht fair, dir im Weg zu stehen. Von Jochen würde ich mich allerdings nie trennen.«
Siegfried nahm ihre Hand. »Man kriegt eine Scheidung heute schnell durch, wenn man die richtigen Anwälte nimmt. Viel Aufsehen wird es nicht erregen. Wir sind hier sowieso nicht sehr bekannt.«
Lilo befreite ihre Hand. »Ich verstehe mich auf solche Dinge nicht. Das möchte ich dir überlassen.«
So redete sie, sachlich und vernünftig, bis die Scheidung eine beschlossene Sache war.
Als sie schlafen gingen, legten sie sich ganz selbstverständlich nebeneinander in ihre Betten. Siegfried strich über Lilos Wange, ehe er seine Lampe ausschaltete.
»Ich habe nicht nach Jochen geschaut«, erinnerte sich Lilo.
»Lass nur. Er schläft bestimmt.«
Lilo fühlte sich seltsam erschöpft nach dem inhaltsschweren Gespräch mit ihrem Mann. So stand sie nicht mehr auf.
Drüben aber, im Kinderzimmer, aus dem das zweite Bett inzwischen entfernt worden war, saß Jochen hellwach im Bett und weinte bitterlich. Es war zum ersten Mal in seinem Leben, dass er mit seinem Kummer allein blieb. Er konnte weder seinen Vater noch seine Mutter zu Hilfe rufen, denn gerade sie war es, die ihn in diese schreckliche Angst gestürzt hatte.
Jochen war wach geworden, als Klaus Magnus abgefahren war, und hatte beschlossen, noch ein wenig zu den Eltern ins Wohnzimmer zu gehen. So war er Zeuge der schicksalhaften Aussprache zwischen seinen Eltern geworden. Hatte er auch nicht alles begreifen können, so war ihm doch klar geworden, dass etwas Schreckliches geschehen sollte.
In seiner Schulklasse war ein Mädchen, Anja, dessen Eltern geschieden waren. Deshalb wusste Jochen sehr genau, was eine Scheidung bedeutete. Bei Anja war es so, dass die Eltern sich wegen des Kindes nicht einigen konnten. So wurde das kleine Mädchen ständig zwischen Vater und Mutter hin und her gezerrt. Sie kam in der Schule nicht richtig mit und war ein nervöses, kontaktarmes Kind geworden. Bei jeder Gelegenheit fing sie bitterlich zu weinen an.
»Geschiedene Eltern zanken sich immer«, hatte Anja einmal gesagt. »Um das Silberbesteck von der Patentante, ums Geld und meistens um mich. Am liebsten möchte ich weglaufen und nie mehr wiederkommen.«
Scheidung – das war für Jochen also ein Schreckgespenst. Niemals hätte er sich träumen lassen, dass seine eigenen Eltern an etwas so Schlimmes denken könnten. Doch er hatte es selbst gehört. Zwar waren sie nett miteinander gewesen, aber das Zanken und Streiten kam wohl erst später, wenn sie nicht mehr zusammen wohnten.
In seiner Angst bekam Jochen unendliche Sehnsucht nach Klaus. Mit ihm hätte er wenigstens über die Sache reden können. Aber Klaus war in Sophienlust und gehörte nicht mehr richtig zur Familie, weil er einen neuen Vater bekommen hatte.
Als der Mond so hoch stand, dass es im Kinderzimmer hell wurde, war Jochens Entschluss gefasst. Er würde dasselbe tun wie Klaus. Sie würden sicherlich auch ihm sagen können, was er tun sollte.
Jochen suchte seine Sachen zusammen, zog sich an und öffnete vorsichtig die Tür seines Zimmers. Im Haus war es still. Treppe und Diele wurden vom Mondlicht matt erhellt. Einmal knackte eine Stufe. Erschrocken blieb der Bub stehen und hielt den Atem an. Doch es rührte sich nichts.
In der Küche musste Jochen sich einen Stuhl holen, um den Türschlüssel