Dr. Norden Bestseller Box 14 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Dann ging er zu Stefanie zurück, nahm ihre Hand und zog sie mit sich.
»Es lohnt sich nicht, über sie zu sprechen«, sagte er tonlos. »Sie hatte in Peters Leben keine Bedeutung und in meinem auch nicht. Wenn du willst, werde ich dir später erzählen, wer sie und wie sie ist. Was sie damit bezweckt hat, weiß ich nicht. Aber nun weiß ich, daß sie nicht mal vor dem Tod Respekt hat.« Er legte seinen Arm um sie. »Du frierst, Liebes«, fuhr er mit weicher Stimme fort. »Wir fahren jetzt heim.«
Als sie im Wagen saßen, lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter. Er war da. Er gab ihr Kraft. Ihr Leben war mit seinem untrennbar verbunden. Sie brauchten es nicht in Worten auszudrücken. Sie wußten es. Peter stand nicht zwischen ihnen. Er blieb in ihnen lebendig.
*
Siegfried Weber hatte an diesem Vormittag das Konto seiner Tochter ausgeglichen, ohne eine Miene zu verziehen.
»Das wäre also erledigt«, sagte er zu Gitta, als sie die Bank verließen.
»Ich danke dir, Vater«, sagte sie demütig.
Er lachte blechern auf. »Ich habe festgestellt, daß dein Konto erst in den letzten Wochen überzogen worden ist«, sagte er. »Das kannst du Julian wohl nicht in die Schuhe schieben. Aber ich will darüber nicht streiten. Du suchst dir jetzt eine Stellung und verdienst dir deinen Lebensunterhalt, genauso, wie ihn dein Bruder für seine Familie verdient. Aber wenn du in der Gosse landest, brauchst du nicht nach mir zu rufen. Ich gebe dir jetzt noch fünftausend Euro als Starthilfe. Sieh zu, was du daraus machst.«
»Können wir nicht wenigstens noch zusammen essen?« fragte sie.
»Nein, ich habe noch etwas zu erledigen. Da ist das Geld. Du bist mir einiges schuldig, Gitta. Vielleicht steigst du vorerst mal auf einen billigeren Wagen um, oder noch besser, du gehst zu Fuß. Wenn du die Wohnung verkaufst, könnte das viel einbringen. Streng mal dein Spatzenhirn an.«
»Das nennt man väterliche Liebe«, sagte sie, den Umschlag mit dem Geld in ihre Handtasche schiebend.
»Du bist dreißig Jahre alt, vergiß das nicht. Du hast immer auf meine Kosten gelebt. Und du bist immer nur gekommen, wenn du mein Geld gebraucht hast. Meinen Rat hast du nie angenommen.«
»Du hast ja deine Enkel«, rief sie ihm höhnisch nach, als er ging.
»Gott sei Dank«, rief er zurück, und dann stampfte er davon. Er fuhr zum Friedhof. Er fragte bei der Verwaltung nach Peter Reinholds Grab.
Er ging den langen Weg mit schweren Schritten, und er sah dann den Kranz im Abfallkorb liegen, der noch nicht geleert worden war.
Seine Lippen preßten sich aufeinander. Er schaute sich um, ob niemand in der Nähe war. Dann riß er die Schleife von dem Kranz und knüllte sie zusammen, schob sie in seine Manteltasche und blickte aus gemessener Entfernung auf das rosenbedeckte Grab.
»Tote sind zum Schweigen verdammt«, murmelte er vor sich hin, als er gesenkten Hauptes den Weg zurückging.
Gitta saß indessen in einem Café und überlegte bei einem Mokka, was sie nun tun könnte. Die Wohnung verkaufen? Ja, dreihunderttausend Euro konnte sie bringen – mit dem Inventar vielleicht sogar mehr.
Man konnte damit etwas anfangen. Vielleicht sollte sie eine Boutique aufmachen? Ach was, dachte sie, es gibt andere Möglichkeiten. Und dann fuhr sie zu einem Makler.
*
Die Tage reihten sich aneinander, das Wetter blieb wechselhaft. Eine Woche war schnell herum, und als am nächsten Samstagmorgen die Sonne schien, sagte Daniel Norden zu seiner Fee: »Jetzt überlegen wir nicht mehr lange und fahren los.«
»Wohin denn?« fragte sie. »Es taut überall. Weit fahren lohnt sich nicht. Dazu ist die Zeit zu kurz.«
»Meinst du nicht, daß Paps und Anne sich freuen würden, wenn wir sie mal ohne Ankündigung überraschen?« fragte er.
»Und wenn sie keinen Platz für uns haben?« fragte Fee.
»Dann fahren wir halt abends wieder zurück. Aber du glaubst doch selbst nicht, daß sie das zulassen würden.«
Danny, Felix und Anneka brauchten nur Opi und Omi zu hören, dann waren sie schon ganz kribbelig. Da nahmen sie es auch widerspruchslos in Kauf, daß sie angeschnallt auf dem Rücksitz ausharren mußten.
Wie groß war dann die Freude, als sie von Anne und Johannes in die Arme geschlossen wurden.
»Solche Überraschung lassen wir uns gefallen«, sagte Anne, und dann kam auch Mario herbei, der jetzt immer sehr vorsichtig aufpaßte, wenn unerwarteter Besuch kam, denn die Benthams waren ja immer noch auf der Insel, und er hatte noch nicht vergessen, was er sich mit Gitta eingehandelt hatte.
»Geht es wieder?« fragte Daniel seinen Schwiegervater.
»Es muß immer weitergehen, mein Junge«, erwiderte Dr. Cornelius. »Wir sind froh, euch hier zu haben. Es war eine gute Idee.«
Fee lauschte indessen schon, denn aus dem Haus klang Musik. Klavier und Geige mischten sich.
»David und Katja sind gestern aus Zürich gekommen«, sagte Anne lächelnd. »Wir sind alle wieder mal beisammen.«
»Und Christopher übt«, warf Dr. Cornelius ein.
Nun lauschte auch Daniel. »Es klingt aber schon sehr schön«, meinte er.
»Wir haben auch Erfolge zu verzeichnen«, gab ihm Johannes Cornelius zur Antwort. »In ein paar Monaten werden sie ein Konzert geben.«
»Und wir werden dabei sein, komme, was da wolle!« sagte Anne.
*
Auch diese Monate gingen vorbei. Ralph und Stefanie hatten in ihrer Arbeit Vergessen gesucht, und sich nur ein- oder zweimal in der Woche getroffen wie früher, als Peter noch bei ihnen war.
Professor Weissenberger hatte sich als väterlicher Freund erwiesen, und Ralph wußte inzwischen auch, daß er jener Mann war, der Stefanie damals in ihre Wohnung begleitet hatte. Wenn sie beisammen waren, sprachen sie über alles, was in der Vergangenheit gewesen war, auch über Gitta, die untergetaucht zu sein schien.
Sie hatte ihre Wohnung besser verkauft als gedacht, das Geld eingesteckt und ihre Koffer gepackt. Selbst ihr Vater wußte nicht, wo und wie sie jetzt lebte.
Für Ralph und Stefanie begann ein neuer Lebensabschnitt, als sie die Einladung zu dem Konzert bekamen, das auch für Christopher ein neuer Anfang werden sollte.
»Nun wird auch Vanessas Baby bald zur Welt kommen«, sagte Stefanie gedankenvoll, als sie die Einladung las. »Ich wünsche Christopher einen großen Erfolg.«
»Wir werden ja dabei sein, Stefanie«, sagte Ralph.
»Du willst das Konzert besuchen?« fragte sie.
»Wir werden es besuchen und Professor Weissenberger auch. Dr. Cornelius und seine Frau werden auch kommen, und ich hoffe, daß Daniel und Fee Norden nicht fehlen werden.«