Die Pickwickier. Charles Dickens
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"Oh, ich versichere Ihnen, meine Mutter spielt es gleichfalls sehr gern", sagte Mr. Wardle. "Nicht wahr, Mutter?"
Die alte Dame hörte plötzlich viel besser und bejahte.
"Joe, Joe! – Verdammter Junge! Ah, da ist er ja! – Joe, die Spieltische!"
Der lethargische Jüngling stellte wortlos zwei –Spieltische auf, den einen für "Pope Joan", den andern für Whist. Die
Whistspieler waren Mr. Pickwick, die alte Dame, Mr. Miller und der dicke Gentleman, die übrigen setzten sich zum Gesellschaftsspiel nieder.
Am Whisttische herrschte der Ernst und die Stille, die der edlen Beschäftigung, der von Rechts wegen die Bezeichnung "Spiel" gar nicht beigelegt werden sollte, zukommt. Bei dem Gesellschaftsspiel am andern Tische dagegen ging es so laut und lustig zu, daß Mr. Miller in seinen Kombinationen abgelenkt wurde und mehrere Fehler machte, die in hohem Grade den Zorn des dicken Herrn erregten und die gute Laune der alten Dame entsprechend hoben.
"Da!" sagte Mr. Miller mit triumphierendem Blick, als er eben einen Stich machte. "Das hätte überhaupt nicht besser gespielt werden können – es war unmöglich, noch einen Stich mehr zu machen."
"Miller hätte den Buben stechen sollen, nicht wahr, Sir?" sagte die alte Dame.
Mr. Pickwick nickte bejahend.
"Hätte ich sollen?" fragte der Unglückliche mit einem triumphierenden Blick auf seinen Mitspieler.
"Allerdings hätten Sie sollen, Sir!" sagte der dicke Gentleman in zurechtweisendem Tone.
"Schade", erwiderte gedemütigt Mr. Miller.
"Bin es bei Ihnen schon gewohnt", brummte der dicke
Gentleman.
"Zwei Honneurs – macht acht für uns –", sagte Mr. Pickwick.
"Können Sie?" fragte die alte Dame.
"Jawohl", versetzte Mr. Pickwick. "Double, simple – und den Rubber!"
"So ein Glück ist mir noch nicht vorgekommen!" rief Mr. Miller.
"Bei den Karten!" meinte der dicke Gentleman.
Es folgte ein feierliches Schweigen; Mr. Pickwick war fröhlich aufgelegt, die alte Dame ernst, der dicke Gentleman verdrießlich und Mr. Miller verlegen.
"Ein zweiter Double", rief die alte Dame aus und markierte diesen Umstand dadurch, daß sie einen Sixpence und einen abgenutzten halben Penny unter den Leuchter schob.
"Ein Double, Sir", meldete Mr. Pickwick.
"Hab es schon gesehen, Sir", erwiderte der dicke Gentleman in scharfem Ton.
Ein zweites Spiel nahm denselben ungünstigen Verlauf durch ein Versehen Mr. Millers, über das der dicke Gentleman ganz außer sich geriet, so daß er seine Wut über das ganze Spiel kaum mehr zu unterdrücken vermochte. Nach Schluß der Partie zog er sich für genau eine Stunde und siebenundzwanzig Minuten in einen Winkel zurück, wo er seinen Ärger sich stumm austoben ließ. Endlich kam er wieder hervor und bot Mr. Pickwick eine Prise an, mit der Miene eines Mannes, der sich bezwungen hat und erlittenes Unrecht mit dem Mantel der christlichen Liebe bedeckt. Das Gehör der alten Dame hatte sich in der Zwischenzeit auch erheblich gebessert, und der unglückliche Mr. Miller fühlte sich so unbehaglich wie ein Delphin in einem Schilderhaus.
Mittlerweile nahm das Gesellschaftsspiel am andern Tische desto munterer seinen Fortgang. Miß Isabella Wardle und Mr. Trundle bekamen "Ehestand", desgleichen Emilie und Mr. Snodgraß, und selbst Mr. Tupman und die alte Tante fanden sich zusammen. Mr. Wardle war die gute Laune selbst und handhabte "die Tafel" so spaßhaft, und die Damen strichen ihren Gewinn so eilig ein, daß an dem Tische fortwährend schallendes Gelächter herrschte. Eine alte Dame hatte stets ein halbes Dutzend Karten zu bezahlen, worüber jedesmal alles lachte, und sah sie dabei verdrießlich aus, so wurde nur noch lauter gewiehert. Als sie es schließlich bemerkte, heiterte sich ihre Miene allmählich auf, und sie lachte noch lauter als alle übrigen. Bekam die Tante »Ehestand", so kicherten die jungen Damen von neuem, und sie schien dann empfindlich werden zu wollen, bis sie Mr. Tupmans Händedruck unter dem Tische fühlte und ein heiteres Gesicht machte, als ob sie sagen wollte, daß sie wohl nicht gar so ferne vom Ehestand war, wie vielleicht gewisse Leute glauben mochten, worüber alle, und besonders Mr. Wardle, der immer dabei war, wenn es einen Spaß gab, abermals lachten. Mr. Snodgraß flüsterte Emilie unentwegt poetische Ergüsse ins Ohr, was einen alten Herrn zu vielen Anzüglichkeiten und Anspielungen auf Partnerschaft im Spiel und im Leben veranlaßte, worüber die Gesellschaft aufs neue in ein herzliches Gelächter ausbrach, namentlich die Ehehälfte des alten Herrn. Mr. Winkle paradierte mit Witzen, die in der Stadt uralt, aber auf dem Lande noch unbekannt waren, und da alle darüber lachten und sie köstlich fanden, tat er sich viel darauf zugute. Der wohlwollende Geistliche sah heiter zu, denn die vielen glücklichen Gesichter stimmten ihn fröhlich; wenn auch die Stimmung etwas lärmend war, so kam sie doch aus dem Herzen und nicht bloß von den Lippen, worin doch eigentlich die wahre Heiterkeit besteht.
Bei dieser fröhlichen Unterhaltung verstrich der Abend sehr schnell, und als die Gesellschaft nach dem zwar ländlichen, aber schmackhaften Abendessen einen Halbkreis am Kamin bildete, glaubte Mr. Pickwick sich in seinem ganzen Leben noch nie so glücklich und so befähigt gefühlt zu haben, den. Zauber der Gegenwart in vollen Zügen zu genießen.
"Sie entschuldigen, Sir, daß ich mir nach einer so kurzen Bekanntschaft eine Bemerkung erlaube", wandte er sich nach einer längeren Pause an den Geistlichen. "Ich sollte meinen, ein Mann wie Sie müßte in seiner Stellung als Diener des Evangeliums im Lauf der Jahre so manche der Aufzeichnung werte Szenen und Vorfälle erlebt haben."
"Allerdings ist mir schon vieles vorgekommen", erwiderte der Geistliche, "doch waren die meisten Ereignisse und Charaktere bei meinem beschränkten Wirkungskreise nicht außergewöhnlicher Art."
"Aber soviel ich weiß, haben Sie es doch der Mühe wert gefunden, sich einiges über John Edmunds zu notieren, oder?" fragte Mr. Wardle, der im Interesse seiner neuen Gäste eine Erzählung anzuregen suchte.
Der Geistliche nickte bejahend, wollte aber dem Gespräch eine andre Wendung geben, doch Mr. Pickwick ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, und nach einigen Zureden Mr. Wardles und der übrigen Herren und Damen begann der Geistliche ohne weitere Vorrede folgende Erzählung, die wir uns erlauben zu betiteln:
DIE RÜCKKEHR DES STRÄFLINGS
"Als ich mich – es sind jetzt bereits fünfundzwanzig Jahre – hier in diesem Dorfe niederließ, war ein Pächter, namens Edmunds, das verrufenste Subjekt in meinem Kirchenspiel. Er war ein mürrischer, bösartiger Mensch, arbeitsscheu und Ausschweifungen ergeben und dabei wild und grausam. Mit Ausnahme einiger weniger liederlicher Vagabunden, mit denen er herumstreichen und sich in den Bier- und Branntweinschenken zu betrinken pflegte, hatte er keinen einzigen Freund oder Bekannten. Niemand mochte gern mit ihm verkehren; viele fürchteten ihn, aber alle verabscheuten ihn, und so wurde er denn von jedermann gemieden.
Dieser Mann nun hatte ein Weib und einen Sohn, der zu der Zeit, als ich hierherkam, etwa zwölf Jahre alt sein mochte. Von den Leiden jener Frau, von der Sanftmut und Geduld, mit der sie sie ertrug, von den Kämpfen und Sorgen, unter denen sie den Knaben erzog, kann man sich schwer einen Begriff machen. Der Himmel möge mir verzeihen, wenn ich dem Manne Unrecht tue,