Sophienlust Box 15 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Sophienlust Box 15 – Familienroman - Patricia Vandenberg страница 11
Doch Jochen hatte schon zu viel gesehen. »Corinna!« Seine Stimme klang rau und heiß. Er rutschte neben sie und schob seinen Zeigefinger unter ihr Kinn. Dann hob er langsam ihr Gesicht zu sich empor. Da traf ihn das sehnsüchtige Flehen in ihren Augen wie ein körperlicher Schlag. Sie konnte zwar ihren Worten befehlen, nicht aber ihren Augen. Er zog sie an sich, langsam und behutsam und blickte ihr dabei unverwandt in die Augen.
Bewegungslos ließ sie es geschehen. Erst als sie ihm ganz nahe war, schob sie ihre Hände in seinen Nacken. Bei dieser Berührung begann er vor Sehnsucht und Glück zu zittern. Seine Lippen suchten ihren Mund. Es wurde ein heißer, glühender Kuss, der sie in einen Abgrund des Vergessens schleuderte. Die ganze, seit Jahren angestaute Sehnsucht wurde nun endlich frei.
Jochen war sich nicht bewusst, dass er Corinna zwischen seinen Küssen immer wieder seine Liebe beteuerte. »Ich liebe dich! Ich liebe dich so sehr, dass ich sterbe, wenn du nicht bei mir bleibst.«
Als sich die beiden endlich voneinander lösten, schienen aus ihnen zwei andere Menschen geworden zu sein. Corinna hatte die Vergangenheit endlich überwunden. Sie schmiegte sich in Jochens Arme und lehnte ihren Nacken an seine Schulter. Als sie miteinander anstießen, blickten sie sich in die Augen. »Auf unser Glück, Corinna«, flüsterte er – und sie nickte strahlend.
»Ich glaube, ich war sehr dumm«, sagte sie aus ihren Gedanken heraus.
Doch Jochen streichelte beruhigend ihr Haar. »Du hast dich ungerechterweise schuldig gefühlt, Liebste, und dir damit dein eigenes Glück verbaut.«
Mit strahlenden Augen wandte sie sich zu ihm um. »Wie gut du mich verstehst!« Dann fragte sie zögernd: »Du bist also nicht der Meinung, dass ich treulos an Fred handle, wenn ich dich jetzt liebe?« Fast ein wenig ängstlich forschten ihre schönen Augen in seinem Gesicht.
Mit einer überzärtlichen Geste hauchte er ihr einen behutsamen Kuss ins Haar. »Corinna, du kannst doch nicht ewig der Vergangenheit nachlaufen. Einmal musst du sie überwinden. Du und dein Kind, ihr habt ein Recht auf ein neues Glück, auf Geborgenheit und Verständnis.«
»Das klingt so schön«, flüsterte sie. »Ich weiß erst seit dieser Stunde, wie sehr ich mich danach gesehnt habe.« Es war eine ganz andere Corinna, die jetzt aus ihr sprach. Eine aufgeschlossene, zärtliche und warmherzige Frau. Wie ein kleines Mädchen legte sie ihre Wange an seine Brust. Ein glückliches Lächeln umspielte ihre Lippen. »Ich liebe dich auch, Jochen!« Sie sagte es zum ersten Mal, und es machte ihn selig.
»Heißt das, dass du dich auch für die Zukunft rückhaltlos zu mir bekennst?«, fragte er mit belegter Stimme.
Corinna nickte lächelnd. »Ja, und ich bin glücklich darüber. Mir ist, als hätte jemand eine Zentnerlast von meinen Schultern genommen. Weißt du, ich hielt es einfach für meine Pflicht, meinem Mann ein Leben lang die Treue zu halten.«
»Und du fühlst dich auch verpflichtet, seine Absturzstelle zu besuchen«, fügte Jochen hinzu.
Sie schaute ihn an. »Ja, so ist es.«
»Glaubst du nicht auch, dass Fred wünschen würde, dass ihr glücklich seid, du und Bärbel?« Seine Augen waren jetzt sehr ernst.
Sie dachte einen Moment nach. Dann nickte sie. »Doch, Jochen, das glaube ich jetzt auch. Das Leben geht weiter. Es hat keinen Zweck, die alten Wunden immer wieder aufzureißen.«
Dafür küsste er sie. »Danke, Liebste. Erst jetzt freue ich mich auf unsere gemeinsame Zukunft. Ich verspreche dir, dich glücklich zu machen.«
Jetzt entschloss sich Corinna zu einem Schritt, der ihm bewies, dass es ihr ernst war mit dem, was sie versprochen hatte. Sie schlug ihm von sich aus vor, auf den Aufstieg zur Absturzstelle ihres Mannes zu verzichten.
Jochen war überwältigt vor Dankbarkeit. Sekundenlang konnte er nichts sagen, doch seine Augen dankten ihr mit tausend Zärtlichkeiten. Dann holte er die Karte. Gemeinsam suchten sie nun eine andere Tour für den nächsten Tag aus. Dann hatte Jochen eine Idee. »Darf ich dich um etwas bitten?«, fragte er.
Sie nickte mit einem zärtlichen Blick.
Er ergriff ihre Hände. »Bitte, lass uns morgen wieder hierher zurückkehren. In die Hütte, in der wir uns gefunden haben.« Besorgt ruhten seine Augen auf ihrem Gesicht. Doch der glückliche Ausdruck darin verscheuchte augenblicklich all seine Zweifel.
»Das ist eine Bitte, die ich liebend gern erfülle. Ich wüsste keinen Ort, an den ich lieber zurückkehrte.« Sie betrachtete sein Gesicht, sein dichtes, gewelltes Haar und seine kräftigen Hände. Alles an ihm gefiel ihr, besonders aber seine Zuverlässigkeit und Ruhe. Er war ein Fels, auf den man bauen konnte. Zärtlich zeichnete sie mit dem Finger sein markant geschnittenes Profil nach. Das kräftige Kinn und die etwas gebogene Nase passten zu dem derben Knochenbau seines Körpers. Aber trotzdem oder vielleicht gerade deshalb war er ein Mann, der den Frauen gefiel. Doch Corinna wusste, dass er nie eine andere Frau außer ihr angeschaut hatte. Und dieses Wissen machte sie unendlich glücklich.
*
Die Panik, die nach dem Ausbruch von Bärbels Krankheit auf Sophienlust herrschte, war berechtigt. Das Mädchen hatte noch zwei weitere Kinder angesteckt. Doch bei den übrigen waren zum Glück keinerlei Anzeichen einer Erkrankung zu entdecken.
Angesteckt worden waren die beiden Mädchen, die am meisten mit Bärbel gespielt hatten. Das waren Vicky und die dreijährige Heidi. Letztere hatte das besondere Mitgefühl der Kinder von Sophienlust. Nicht nur, weil sie der Liebling aller war, sondern auch, weil sie die Jüngste war.
Frau Dr. Frey hatte alle Mädchen sofort isolieren lassen. Sie lagen nun in dem großen Zimmer bei Bärbel.
Mit einer gewissen Scheu machten sämtliche Kinder um die Isolierstation einen großen Bogen. Denise und Frau Rennert hatten ihnen eingeschärft, wie gefährlich es sei, mit den Kranken in Berührung zu kommen. Nur durch die vergitterten Fenster des ebenerdigen Zimmers durften die anderen Kinder mit den Kranken sprechen. Doch das war vorerst noch nicht möglich, da die drei Patientinnen das Bett noch nicht verlassen durften.
Bei Bärbel war die Krankheit am stärksten zum Ausbruch gekommen. Anja untersuchte das Kind fast stündlich und registrierte jede noch so kleine Änderung.
Stefan Frey telefonierte jeden Morgen und jeden Abend mit seiner Frau und diskutierte mit ihr das Krankheitsbild der drei Patientinnen. Bei einem dieser Gespräche schlug er ihr wieder vor, sie in der Pflege der Patienten abzulösen. »Ich sorge mich ernstlich um dich, Anja. Du mutest dir zu viel zu. Es kann Wochen dauern, bis du die Kinder aus der Isolierung entlassen kannst.«
»Ich weiß, Stefan«, antwortete Anja. »Es freut mich auch, dass du dir so viel Gedanken machst. Aber schau, es sind nun mal meine Kinder!« Sie betonte das »meine« besonders. »Deshalb fühle ich mich auch allein für sie verantwortlich. Es muss mir gelingen, die drei durchzubringen. Das musst du doch verstehen, wenn schon nicht als mein Mann, dann als Arzt.«
Dr. Stefan Frey schmunzelte. Anja hatte mit so viel Nachdruck gesprochen. Er konnte sie verstehen,