Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 16

Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant Gesammelte Werke bei Null Papier

Скачать книгу

ge­kehr­te Le­ben, die­ses ewi­ge Zu­rück­grei­fen auf sein ei­ge­nes Herz et­was Un­be­kann­tes. Ihr lebt nach au­ßen, und alle eure Ge­dan­ken flat­tern in den Wind. Ich lebe al­lein, dar­um kann ich dir nur von mir er­zäh­len. Wenn du mir aber ant­wor­test, dann sprich mir auch ein we­nig von dir, da­mit ich mich auch in dei­ne Lage ver­set­zen kann, wie du dich mor­gen in die mei­ne wirst ver­set­zen kön­nen.

      Aber nie wirst du den Vers von Sain­te-Beu­ve ganz ver­ste­hen:

       »Im sel­ben Haus ge­bo­ren wer­den, le­ben

       Und ster­ben…«

      Tau­send Küs­se. Dei­ne alte Freun­din

      Ade­lai­de.

      *

      Die Her­ren­ge­sell­schaft war zu Ende, und da­mit be­gann das end­lo­se Zi­gar­ren­rau­chen und das un­auf­hör­li­che Li­queur­trin­ken im Rau­che. Die Köp­fe wa­ren von dem vie­len Durchein­an­der von Spei­sen und Ge­trän­ken nicht mehr ganz klar, und eine schlaf­fe Ver­dau­ungs­ru­he herrsch­te.

      Man kam auf den Ma­gne­tis­mus zu spre­chen, auf die Wun­der­ku­ren Do­na­tos und die Er­fah­run­gen des Dr. Char­cot. Und mit ei­nem Male be­gan­nen die­se bla­sier­ten, lä­cheln­den, je­der Re­li­gi­on ab­hol­den Le­be­män­ner, sich die merk­wür­digs­ten Ge­schich­ten zu er­zäh­len, lau­ter un­glaub­li­che aber wah­re Be­ge­ben­hei­ten, wie sie ver­si­cher­ten; sie fie­len plötz­lich wie­der in die aber­gläu­bi­sche­s­ten Vor­stel­lun­gen zu­rück, klam­mer­ten sich an die­sen letz­ten Rest des Ge­heim­nis­ses an und beug­ten sich dem Ma­gne­tis­mus, den sie im Na­men der Wis­sen­schaft ver­tei­dig­ten…

      Nur ei­ner lä­chel­te hart­nä­ckig; er war ein über­mü­ti­ger Ge­sell und großer Schür­zen­jä­ger; sein Un­glau­ben war so fest ein­ge­wur­zelt, dass er nicht ein­mal zu­las­sen woll­te, dass über die­sen Ge­gen­stand ge­re­det wur­de.

      – Un­sinn! Un­sinn! Un­sinn! rief er höh­nisch da­zwi­schen. Über Do­na­to ist gar­nicht erst zu re­den, er ist ganz ein­fach ein schä­bi­ger Quack­sal­ber. Und Herr Char­cot, der ja ein nam­haf­ter Arzt sein soll, macht mir im­mer den Ein­druck ei­nes Fa­bu­lis­ten vom Schlag Ed­gar Poes: er denkt über be­son­de­re Fäl­le von Ver­rückt­heit so lan­ge nach, bis er sel­ber ver­rückt wird… Er hat Ner­ven­zu­stän­de kon­sta­tiert, die un­er­klär­lich und je­den­falls noch un­er­klärt sind; er lebt in je­nem Un­be­kann­ten, das tag­täg­lich un­sern Witz her­aus­for­dert, und da er nicht im­mer al­les ver­steht, was er sieht, macht er viel­leicht von den re­li­gi­ösen Er­klä­run­gen des Ge­heim­nis­vol­len einen zu aus­gie­bi­gen Ge­brauch. Au­ßer­dem möch­te ich ihn selbst ein­mal hö­ren; das ist et­was ganz andres, als was Sie mir hier nach­er­zäh­len.

      Die­se Wor­te des Ungläu­bi­gen rie­fen un­ter den An­we­sen­den eine mit­lei­di­ge Be­we­gung her­vor, als ob er in ei­ner Ge­sell­schaft von Mön­chen Läs­ter­li­ches ge­sagt hät­te.

      – Je­den­falls hat es frü­her Wun­der ge­ge­ben! be­kräf­tig­te ei­ner der Her­ren.

      – Das leug­ne ich. Sonst müss­te es ja auch heu­te noch wel­che ge­ben.

      Da brach­te nun je­der ein Be­weis­stück vor, fan­tas­ti­sche Vorah­nun­gen und Mit­tei­lun­gen von See­len durch wei­te Räu­me, ge­hei­me Ein­flüs­se ei­nes We­sens auf das an­de­re u. s. w. Und die­se Tat­sa­chen wur­den be­teu­ert und für un­be­streit­bar er­klärt, wäh­rend der hart­nä­cki­ge Leug­ner im­mer noch sein »Un­sinn! Un­sinn! Un­sinn!« da­zwi­schen schrie.

      End­lich stand er auf, warf sei­ne Zi­gar­re fort, steck­te die Hän­de in die Ta­schen und be­gann:

      – Nun wohl. Auch ich kann Ih­nen zwei Ge­schich­ten der Art er­zäh­len, die ich Ih­nen aber nach­her er­klä­ren wer­de. Die eine ist fol­gen­der­ma­ßen.

      Die Män­ner des klei­nen Strand­dor­fes Étre­tat sind sämt­lich Fi­scher und fah­ren je­des Jahr nach den Bän­ken von Ter­re-Neu­ve zum Stock­fisch­fang. Ei­nes Nachts nun wach­te das Kind ei­nes der Fi­scher plötz­lich auf und schrie: »De Vat­ter is im Mee ätun­ken!« Man be­ru­hig­te den Schrei­hals, aber bald wach­te er von Neu­em auf und heul­te, sein »Vat­ter wäre ätun­ken«. Ei­nen Mo­nat spa­ter wur­de nun wirk­lich be­kannt, dass der Va­ter von ei­ner Sturz­see er­fasst und von der Brücke ins Meer ge­schleu­dert wor­den wäre, wo er sei­nen Tod ge­fun­den hät­te. Da schrie nun al­les: »Ein Wun­der! Ein Wun­der!« und reg­te sich groß auf. Es wur­de nach­ge­rech­net, und es fand sich, dass der Un­fall und der Traum un­ge­fähr zu­sam­men­fie­len. Daraus wur­de dann ge­schlos­sen, dass bei­des in der­sel­ben Nacht und zur sel­ben Stun­de ge­sche­hen wäre. Das ist so ein Wun­der der Fern­wir­kung…

      Der Er­zäh­ler hielt inne.

      – Und wie er­klä­ren Sie das? frag­te ei­ner der Zu­hö­rer sehr er­regt.

      – Sehr gut, mei­ne Her­ren; ich habe das Ge­heim­nis ge­lüf­tet. Die Tat­sa­che hat­te mich al­ler­dings ver­blüfft und selbst leb­haft be­un­ru­higt; aber se­hen Sie, ich glau­be grund­sätz­lich an nichts. Wie die an­de­ren da­mit an­fan­gen zu glau­ben, so fan­ge ich da­mit an zu zwei­feln. Und wenn ich es auch gar­nicht be­grei­fe, so leug­ne ich doch ru­hig wei­ter fort, dass es eine Fern­wir­kung von See­len gibt, und ich bin ge­wiss, dass mein Scharf­sinn al­lein aus­reicht. Nun wohl, ich habe also ge­sucht und ge­sucht, bis ich es her­aus hat­te. Ich frag­te alle Wei­ber der ab­we­sen­den Fi­scher aus und über­zeug­te mich, dass kei­ne Wo­che ver­ging, wo nicht ei­nes von ih­nen oder ei­nes der Kin­der da­von träum­te, dass sein »Vat­ter im Meer ätun­ken« wäre, und dies beim Er­wa­chen aus­po­saun­te. Die be­stän­di­ge schreck­li­che Furcht vor die­sem Un­glück ließ sie stets da­von re­den, im­mer dar­an den­ken. Wenn nun eine die­ser häu­fi­gen Ah­nun­gen durch einen ganz ein­fa­chen Zu­fall mit ei­nem sol­chen Un­glücks­fal­le zu­sam­men­trifft, schreit al­les gleich: »Ein Wun­der!« – und alle an­de­ren Träu­me und Vorah­nun­gen, alle un­glück­li­chen Pro­phe­zei­un­gen, die sich nicht er­füllt ha­ben, wer­den ver­ges­sen. Ich selbst habe an die fünf­zig in der Erin­ne­rung, von de­nen der Ur­he­ber schon acht Tage spä­ter nichts mehr wuss­te. Wäre aber der Mann wirk­lich um­ge­kom­men, dann wäre das Ge­dächt­nis un­ver­se­hens er­wacht, und die einen hät­ten ein Wun­der Got­tes, die an­de­ren den Ma­gne­tis­mus ge­prie­sen.

      – Das ist al­les ganz rich­tig, was Sie da sa­gen, un­ter­brach ihn ei­ner der Rau­cher. Aber wie steht es mit Ih­rer an­de­ren Ge­schich­te?

      – Oh, mei­ne an­de­re Ge­schich­te ist ein hei­ke­les The­ma. Sie ist mir selbst be­geg­net, und dar­um miss­traue ich mei­ner ei­ge­nen An­sicht dar­über ein we­nig. Man kann nicht Rich­ter und Par­tei zu­gleich sein. Nun also, die Sa­che war fol­gen­de:

      – Un­ter mei­nen Be­kannt­schaf­ten, die ich hat­te, be­fand

Скачать книгу