Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant Gesammelte Werke bei Null Papier

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nun ein­mal ein Ge­schäft dar­aus macht, mit al­ler Welt zu gehn, so fin­de ich es sehr lä­cher­lich, wenn sie sich jetzt ziert. In Rou­en nahm sie al­les mit, was kam, und wenn es ein Kut­scher war! Al­ler­dings, Ma­da­me, z. B. den Kut­scher von der Prä­fek­tur! Ich weiß es ge­nau; er kauf­te sei­nen Wein bei uns. Und heu­te, wo es sich dar­um han­delt, uns aus der Ver­le­gen­heit zu reis­sen, spielt sie die Sprö­de, die­se Rotz­na­se …! Ich fin­de mei­ner­seits, dass die­ser Of­fi­zier sich sehr an­stän­dig be­nimmt. Er hat je­den­falls län­ge­re Zeit schon fas­ten müs­sen; und da wä­ren wir drei Frau­en ihm doch je­den­falls noch lie­ber ge­we­sen. Aber nein; er be­gnügt sich mit die­sem Al­ler­welts-Mäd­chen. Er hat Rück­sicht ge­gen die ver­hei­ra­te­ten Da­men. Be­den­ken Sie nur, dass er der Herr ist. Er braucht nur zu sa­gen: »Ich will,« und sei­ne Sol­da­ten schlep­pen uns mit Ge­walt zu ihm hin.«

      Ein Schau­der durch­rie­sel­te die bei­den an­de­ren Da­men. Die Au­gen der hüb­schen Ma­da­me Carré-La­ma­don glänz­ten und sie war or­dent­lich blass ge­wor­den, als be­fän­de sie sich schon in der Ge­walt des Of­fi­ziers.

      Die Her­ren, wel­che sich et­was ab­seits be­spro­chen hat­ten, ka­men nä­her her­an. Loi­seau, ganz aus­ser sich, woll­te die­se »Elen­de« an Hän­den und Füs­sen ge­bun­den, dem Fein­de aus­lie­fern. Aber der Graf, der eine an­ge­bo­re­ne Di­plo­ma­ten-Na­tur be­sass, denn sei­ne Vor­fah­ren wa­ren durch drei Ge­ne­ra­tio­nen bei der Ge­sandt­schaft ge­we­sen, lieb­te nicht die Ge­walt. »Sie muss selbst die Ent­schei­dung tref­fen« sag­te er.

      Nun schmie­de­te man einen Plan.

      Die Da­men dräng­ten sich zu­sam­men, ihre Stim­men wur­den lei­se, und je­der gab in der all­ge­mei­nen Be­ra­tung sei­ne An­sicht kund. Es war üb­ri­gens sehr amüsant. Die­se Da­men fan­den die son­der­bars­ten Re­de­wen­dun­gen, die zar­tes­ten Aus­drücke, um die schmut­zigs­ten Din­ge zu sa­gen. Ein Un­ein­ge­weih­ter wür­de nichts ver­stan­den ha­ben; so vor­sich­tig deu­te­te man al­les an. Aber da die leich­te Scham­hül­le, wel­che jede Frau von Welt be­sitzt, nur die äus­se­re Ober­flä­che be­deckt, so ge­fie­len sie sich ei­gent­lich in die­sem när­ri­schen Aben­teu­er; es mach­te ih­nen im Grun­de des Her­zens rie­si­gen Spaß. Sie plau­der­ten von Lie­bes­sa­chen, mit den schnal­zen­den Lip­pen ei­nes Ko­ches, der ein le­cke­res Sou­per be­rei­tet.

      Ihre Mun­ter­keit kehr­te von selbst zu­rück, so scherz­haft er­schi­en ih­nen schliess­lich die gan­ze Ge­schich­te. Der Graf fand so­gar den Mut zu ei­ni­gen ris­kan­ten Wit­zen, die aber so fein ge­ge­ben wa­ren, dass al­les lä­chel­te.

      Loi­seau fand schon et­was der­be­re Aus­drücke, aber man war ihm nicht böse darob. Und der Ge­dan­ke, den sei­ne Frau so rück­sichts­los aus­ge­spro­chen hat­te: »Wenn es das Ge­schäft die­ses Mäd­chens nun ein­mal ist, warum macht sie hier eine Aus­nah­me?« be­herrsch­te sie alle. Die rei­zen­de Ma­da­me Carré-La­ma­don schi­en so­gar heim­lich zu den­ken, dass sie an je­ner ih­rer Stel­le hier am we­nigs­ten eine Aus­nah­me ma­chen wür­de.

      Man durch­dach­te sorg­fäl­tig den An­griffs­plan, wie bei ei­ner be­la­ger­ten Fes­tung. Je­der präg­te sich die Rol­le ein, die er zu spie­len hat­te, die Be­wei­se, die er vor­brin­gen woll­te, die Kunst­grif­fe, die er an­wen­den muss­te. Man ord­ne­te den An­griff, die Kamp­fes­mit­tel und den Sturm, um die­se le­ben­de Fes­te zu zwin­gen, den Feind auf­zu­neh­men.

      Nur Cor­nu­det hielt sich ab­seits; er stand die­ser Sa­che ganz fremd ge­gen­über.

      Man war so in der Ver­tei­lung der Rol­len ver­tieft, dass man An­fang nicht be­merk­te, wie Fett-Kloss aus der Kir­che zu­rück­kam. Aber ein lei­ses »Pst« des Gra­fen warn­te sie noch recht­zei­tig. Bei ih­rem Er­schei­nen schwieg plötz­lich al­les still und eine ge­wis­se Ver­le­gen­heit hielt an­fangs je­den ab, sie an­zu­re­den. »War es hübsch bei der Tau­fe?« frag­te end­lich die Grä­fin, wel­che durch ihre Er­zie­hung mehr an die Dop­pel­zün­gig­keit des Sa­lons ge­wöhnt war.

      Fett-Kloss, noch ganz be­wegt, schil­der­te al­les, so­wohl die Ge­sich­ter als die Hal­tung der Ein­zel­nen; so­gar das In­ne­re der Kir­che. »Es tut ei­nem zu­wei­len so gut, zu be­ten,« füg­te sie hin­zu.

      Bis zum Früh­stück be­müh­ten sich die Da­men lie­bens­wür­dig ge­gen sie zu sein, um sie ver­trau­ens­se­li­ger und für ihre Vor­schlä­ge zu­gäng­li­cher zu ma­chen.

      Bei Tisch be­gann man so­fort die An­nä­he­rungs­ver­su­che. Zu­nächst führ­te man ein all­ge­mei­nes Ge­spräch über den Op­fer­mut. Man führ­te Bei­spie­le aus al­ter Zeit an: Ju­dith und Ho­lo­fer­nes, dann, ohne rech­te Ver­an­las­sung Lu­cre­cia und Sex­tus; Kleo­pa­tra, die ihre zahl­rei­chen Fein­de einen nach dem an­de­ren in ih­rem Bett zu ih­ren Skla­ven um­wan­del­te. Dann tisch­te man eine Ge­schich­te auf, so fan­tas­tisch, wie sie nur im Ge­hirn die­ser un­wis­sen­den Mil­lio­näre ent­ste­hen konn­te, wo­nach näm­lich die Rö­me­rin­nen bei Ka­pua den Han­ni­bal und mit ihm sei­ne Lieu­ten­ants und die Scha­ren sei­ner Söld­ner in ih­ren Ar­men ein­ge­schlä­fert hät­ten. Man führ­te der Rei­he nach alle Frau­en an, die einen Ero­be­rer auf sei­ner Sie­ges­lauf­bahn ab­hiel­ten, ih­ren Leib zum Schlacht­feld mach­ten, ihn als Waf­fe, als Mit­tel der Herr­schaft ver­wen­de­ten und durch ihre he­ro­i­schen Lie­bes­op­fer die Welt von ei­nem ver­hass­ten schänd­li­chen We­sen be­frei­ten; die ihre Keusch­heit der Ra­che und der Pf­licht op­fer­ten.

      Man sprach so­gar mit ver­schlei­er­ten Aus­drücken von je­ner vor­neh­men Eng­län­de­rin, die sich eine furcht­ba­re an­ste­cken­de Krank­heit ein­imp­fen ließ um sie auf Bo­na­par­te zu über­tra­gen, der nur durch ein Wun­der der An­ste­ckung ent­ging, in­dem ihm zur Stun­de des ge­fähr­li­chen Ren­dez­vous plötz­lich die Man­nes­kraft fehl­te.

      Al­les die­ses er­zähl­te man in ganz leich­ter und zu­fäl­li­ger Wei­se; nur zu­wei­len brach man ab­sicht­lich in lau­ten Bei­fall aus, um zur Nach­ei­fe­rung an­zu­spor­nen. Man hät­te schliess­lich glau­ben sol­len, dass die ein­zi­ge Auf­ga­be der Frau hier auf Er­den, ein ewi­ges Op­fer ih­rer Per­son, eine be­stän­di­ge Hin­ga­be an die Lau­nen der Sol­da­tes­ka sei.

      Die bei­den Or­dens­schwes­tern schie­nen nichts zu ver­ste­hen; sie wa­ren in tie­fe Ge­dan­ken ver­sun­ken. Fett-Kloss sag­te nichts.

      Man ließ ihr den Nach­mit­tag über Zeit zum Nach­den­ken. Aber statt sie, wie bis­her »Ma­da­me« zu nen­nen, sag­te man jetzt »mein Fräu­lein« zu ihr, ohne dass man sich selbst über den Grund dazu Re­chen­schaft gab. Aber es war, als hät­te man die Ach­tung vor ihr um einen Grad her­un­ter­set­zen, ihr das Ge­fühl ih­rer Schan­de nä­her le­gen wol­len.

      In dem Au­gen­blick, wo die Sup­pe auf­ge­tra­gen wur­de, er­schi­en Herr Fol­len­vie. »Der preus­si­sche Of­fi­zier lässt Fräu­lein Eli­sa­beth Rous­set fra­gen, ob sie ihre An­sicht noch nicht ge­än­dert hat?« wie­der­hol­te er sei­ne ste­hen­de Phra­se.

      »Nein, mein Herr,« ant­wor­te­te Fett-Kloss tro­cken. Aber

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