Dr. Norden Bestseller Box 12 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Ich kann Ihnen einen Tip geben, wenn Sie ein bißchen nett sind«, sagte er. »Ich heiße Sepp. Da drüben wird es manchen langweilig. Meine Freunde und ich sorgen schon für Abwechslung.«
»Das ist aber nett«, sagte Fee geistesgegenwärtig. »Wie können wir uns denn verständigen?«
»Ich bin morgens immer zwischen sieben und zehn Uhr drüben. Das pendelt sich schon ein«, erwiderte er. »Hoffe, daß wir uns bald treffen.«
Das ist ja eine tolle Sache, dachte Fee, aber sie war doch heilfroh, daß sie unbeschadet dieses Grundstück verlassen konnte.
»Auf bald, Sepp«, sagte sie.
»Will ich doch sehr hoffen.«
Gut, daß Daniel das nicht hört, dachte sie. Nun war sie doppelt gespannt, was sie von Franzi erfahren würde.
Franzi hatte ungefähr eine Viertelstunde zwischen Hangen und Bangen verbracht, dann erschien Dr. Urban.
Er sah keineswegs furchterregend aus, ein sehr alter Herr nach Franzis Ansicht. In väterlichem Ton redete er mit ihr, mitleidvoll und gütig.
»Wir werden es ganz kurz und schmerzlos machen, kleines Fräulein«, sagte er. »Sie brauchen gar keine Angst zu haben. Hier sind Sie gut aufgehoben.«
Und dann sprach er in salbungsvollem Ton weiter.
»Wie kann man denn so was Hübsches einfach im Stich lassen? Das ist doch eine schlimme Welt. Ist es nicht gut, daß es immer noch verständnisvolle Menschen gibt, die einem über die Schwierigkeiten hinweghelfen?«
»Ja, ich finde das sehr gut«, sagte Franzi stockend und wünschte doch nichts so sehr, wie wieder draußen zu sein aus diesem Haus.
»Ich war schon bei einem Arzt«, sagte sie schnell. »Ich möchte mich nicht mehr untersuchen lassen.«
»Ja, da kommen wir aber nicht drumherum. Darauf besteht die Anna. Muß alles seine Ordnung haben. Wir brauchen ja einen Garantieschein, kleines Fräulein.«
Jetzt kommt alles heraus, dachte Franzi, und ihr Herz begann angstvoll zu klopfen, als Dr. Urban sie untersuchte.
Aber er runzelte nur die Stirn und schüttelte den Kopf.
»Liebe Güte, Sie sind wohl noch von gestern«, sagte er konsterniert. »Keine Schwangerschaft feststellbar. Denken Sie etwa, daß der Klapperstorch die Kinder bringt? Es gibt ja Mädchen, die meinen, daß sie von einem Kuß schwanger werden, aber Anna würde so was nicht gefallen, kleines Fräulein. Da handeln wir uns beide Schwierigkeiten ein.«
»Ich bekomme kein Baby?« tat Franzi erstaunt.
»Soll ich Sie einmal gründlich aufklären?« fragte er freundlich. »Wie alt sind Sie eigentlich?«
»Zwanzig«, erwiderte sie wahrheitsgemäß.
»Und Sie haben einen festen Freund?«
»Ja, was man so fest nennt«, erwiderte sie.
»Glaubt wohl auch noch an den Klapperstorch?« fragte Dr. Urban gutmütig.
Franzi konnte ihm nicht böse sein. Sie wäre bereit gewesen zu schwören, daß er ein ehrlicher Mensch war.
»Haben Sie hier schon was bezahlt?« fragte er nun.
Franzi nickte. »Zweihundert Mark.«
»Na ja, eigentlich kommen Sie noch ganz gut weg«, murmelte er. »Aber wenn ich Anna jetzt sage, daß
kein Baby zu erwarten ist, könnte sie mißtrauisch werden.«
»Warum?« fragte Franzi naiv.
»Weil nur welche herkommen, die es genau wissen«, erwiderte er leise. »Sie glaubt nicht daran, daß es noch so viel Unschuld gibt. Sind Sie einverstanden, wenn ich sage, daß es höchstens sechs Wochen sind?«
Franzi nickte befangen. Erklären konnte sie sich nicht, warum er es so drehen wollte.
»Es ist besser so für Sie und für mich«, sagte er leise. »Kommen Sie nicht wieder hierher zurück, Fräuleinchen. Sie brauchen es ja auch nicht. Ein bißchen Verstand habe ich schon noch.«
Er ging hinaus, weil er Schritte gehört hatte. Nach ein paar Minuten kam er mit Anna Renz zurück.
»Na, es ist ja alles in bester Ordnung«, sagte Anna Renz. »Dann kommen Sie in sechs Wochen wieder. Es wird Ihnen hier gefallen. Sie werden keinem Gerede ausgesetzt.«
Franzi konnte gehen. Mit einem Händedruck wurde sie verabschiedet. Wenn man ganz unbefangen herkam, konnte man wirklich nicht mißtrauisch werden.
Franzi schaute sich mehrmals um, bevor sie zu Fee Norden in den Wagen stieg, aber sie konnte niemanden sehen.
»Uff«, stöhnte sie auf, »das war heikel! Bin ich froh, daß ich heil davongekommen bin, aber die zwei Hunderter bin ich los, Frau Doktor.«
»Die können wir verschmerzen, wenn Sie etwas in Erfahrung gebracht haben, Franzi«, sagte Fee.
»Ja, eigentlich muß man da immer doppelt denken«, sagte Franzi. »Einen Strick könnte man der Renz daraus nicht drehen. Sie ist nur bemüht, einem eine Abtreibung auszureden. Aber dieser Dr. Urban ist eigentlich ganz nett. Schon ein bißchen senil. Er hat gleich durchschaut, daß ich noch nichts mit einem Mann gehabt habe, aber er meinte, daß es gut wäre, wenn Frau Renz das nicht wüßte. Ich kann nicht glauben, daß er nur für Geld etwas Unrechtes tut. Dann wäre er nicht so nett gewesen. Ob sie ihn irgendwie in der Hand hat?«
»Vielleicht«, sagte Fee. »Haben Sie sonst etwas gehört oder gesehen?«
»Gesehen nichts, aber gehört schon. Da scheint gerade jemand ein Kind zu bekommen. Die Frau hat fürchterlich gestöhnt. Ist das eigentlich immer so schlimm, Frau Doktor?«
»Es kommt auf die Einstellung und vor allem auf die Vorbereitung an, Franzi. Erzählen Sie mir bitte, wie das Haus eingerichtet ist.«
»Bestens, kann man nur sagen. Ganz modern und sehr sauber, da gibt es nichts zu mäkeln. Und raffiniert ist die Frau Renz schon, das möchte ich sagen.«
»Wieso meinen Sie das, Franzi?«
»Sie redet so geschickt drumrum, daß man sie nicht festnageln kann. Wenn die was auf dem Kerbholz hat, kann man es ihr bestimmt schwer nachweisen. Die müßte man schon auf frischer Tat ertappen.« Sie machte eine kleine Pause und fuhr dann mit trockenem Humor fort: »Aber ich kann mir doch kein uneheliches Kind zulegen, um dahinterzukommen.«
»Nein, das bestimmt nicht«, sagte Fee lächelnd. »Man müßte ein Mädchen finden, das in solcher Lage ist, ihr Kind aber ganz gewiß nicht hergeben will.«
Franzi atmete schneller. »Da wüßte ich schon eins«, sagte sie, »die Christel Jakob vom Lebensmittelgeschäft. Das ist auch eine ganz Stille, die nichts sagen würde. Sie könnten sich da auch raushalten, wenn ich mit ihr rede. Es würde halt noch mal etwas kosten, denn diese Frau Renz macht bestimmt keine Zugeständnisse, wenn einer mal nicht zahlen