So macht MANN das. Bernhard Fanger

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So macht MANN das - Bernhard Fanger

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      2 2 https://www.avantgarde-experts.de/de/magazin/quo-vadis-arbeiten-in-deutschland-2019/

      A man's world

      »It's a man's man's man's world!«, singt der US-amerikanische Musiker James Brown 1966 zum ersten und beileibe nicht letzten Mal. In seiner Welt waren Männer stark, ideenreich, ergriffen Initiative und übernahmen die Führung: Eine Krise gab's nicht. Dafür klare Rollenverteilungen. Der Mann ging in die Arbeit, die Frau war überwiegend zu Hause. Natürlich gilt das nicht pauschal – in der DDR oder bei Selbständigen war es durchaus auch anders – aber in der Tendenz sehr wohl. Solange ein Mann brav sein Geld verdiente und damit für die Familie sorgte, war er »ein guter Mann«. Doch die Rollenbilder haben sich gewandelt, und die Anforderungen an den Mann sind damit nicht niedriger geworden. Heute soll er darüber hinaus empathisch sein, gut aussehen, sportlich sein, Humor haben, sich durchsetzen können und an der Hausarbeit und Erziehung der Kinder aktiv und ohne vorherige Aufforderung beteiligen.

      Viel Platz für Schwäche, für Fehler ist da nicht. Viele Männer resignieren, haben keine Energie mehr für sich selbst und verfallen in Apathie und Selbstmitleid. Burnout oder Suchtverhalten sind dann die extremeren Folgen. Zumindest aber kommen Selbstzweifel: »Wann ist ein Mann ein Mann?« fragt der deutsche Liedermacher Herbert Grönemeyer und beschreibt diese Zerrissenheit nicht weniger selbstironisch. »Männer haben's schwer, nehmen's leicht / Außen hart und innen ganz weich / Werden als Kind schon auf Mann geeicht«. Der deutsche Mann hat es schwer, und er nimmt es auch gerne schwer.

      Es fehlt ihnen der Mut, etwas Neues zu starten und altbekanntes Terrain zu verlassen, denn sie sind voller Ängste. Sie fürchten bei einem Neustart insbesondere:

       Statusverlust und sozialen Abstieg: Das ist ein Faktor, den alle spüren und sich nur wenige in diesem Ausmaß und Bedeutung eingestehen. Denn er widerspricht dem Selbstbild von Stärke und Unabhängigkeit. Unabhängigkeit von der Strahlkraft eines Unternehmens oder dem Status einer Position. Ganz viele Männer definieren sich aber über ihre Position im Unternehmen. Denn die Frage »Und was machst Du so?« muss unbedingt so beantwortet werden können, dass das Gegenüber ein Mindestmaß an Interesse und Respekt zeigt.

       Finanzielle Verpflichtungen, weil das Gehalt typischerweise die Hypotheken für das Haus und die Ausbildungskosten der Kinder zahlt. Im Durchschnitt gilt: Männer tragen in konventionellen Mann/Frau Haushalten, mit oder ohne Kinder, etwa zwei Drittel zum Budget bei. Gerade für Führungskräfte ist das ein noch deutlich stärkerer Faktor. In der Gehaltsregion über 5000 € monatliches Nettoeinkommen finden sich 3,2% der deutschen Männer, aber nur 0,4% der deutschen Frauen1. Ich will hier nicht die vielfältigen Gründe dafür diskutieren, aber Realität ist, dass gerade in Familien von Gutverdienern der Lebensstandard in der Regel sehr stark vom Gehalt des Mannes abhängt.

       Unsicherheit über die Meinung oder das Urteil der Partnerin und der Familie: Wir Männer beziehen einen hohen Teil unseres Selbstwerts und Selbstvertrauens aus der beruflichen Tätigkeit. In der Regel wirst Du nach Deinem Beruf oder Deinem Arbeitgeber gefragt, bevor sich jemand nach Deinen Hobbys erkundigt. So ist auch oftmals unsere Rolle und unsere Anerkennung durch Partner und Familie über die berufliche Stellung definiert.

       Selbstzweifel: Wer sind wir, wenn wir nicht mehr arbeiten? Wer sind wir, wenn wir anders arbeiten? Wenn wir aus dem Rattenrennen aussteigen? Wenn wir zu denen gehören, die wir bisher vielleicht eher abfällig beurteilt haben? Wenn wir, statt ständig getrieben und beschäftigt zu sein, zur Ruhe kommen? Was übrigens, entgegen landläufiger Meinung, sehr unangenehm sein kann. Denn wir müssen uns dann mit uns selbst auseinandersetzen! Dazu später mehr.

       Einsamkeit: Es würde uns die berufliche Heimat fehlen, das Netzwerk und auch die Welt der Vielbeschäftigten und Vielflieger mit Sprüchen in der Flughafen-Lounge wie »Du auch hier?«, »Wohin geht's denn heute?«… Man wäre nicht mehr Teil des Spiels. Und würde, was ich aus eigener Erfahrung und den Erzählungen vieler Kollegen kenne, sogar die politischen Positionen, Kämpfe und Scheinkämpfe vermissen. Den Surrogaten für ein wirkliches Leben.

      Statt durchsetzungsstark und agil, wird der »Tiger«, wenn er nach Hause kommt, oft zum Bettvorleger. Häusliche Pflichten, die Kinder und die Partnerin fordern Zeit und Zuwendung. Soziale Begegnungen werden zunehmend zu Verpflichtungen, die lustlos abgearbeitet werden.

      Wenn es dann einmal nicht mehr ganz rundläuft, wenn die Karriere ins Stocken gerät oder wenn familiäre Probleme auftauchen, ist es oft nicht weit bis zum Absturz oder einer Erkrankung. Dazu sagte mir ein renommierter Münchner Arbeitsrechtler: »Über ein Drittel meiner Fälle laufen so: Burnout oder Erkrankung, dann Mobbing, zum Beispiel Versetzung auf eine minderwertige Position, Prozess vor dem Arbeitsgericht und schließlich Abfindung. Die Leute wissen meist gar nicht, wie ihnen geschieht. Sie haben Jahrzehnte immer nur geleistet und stehen plötzlich vor einem Scherbenhaufen. Die Enttäuschung ist dann riesig.«

      Gerade Männer mit hoher Wettbewerbs- und Statusmotivation haben vor diesem scheinbaren Gesichtsverlust eine Heidenangst. Nämlich sich so zu zeigen, wie sie sind. Vor der Außenwelt, aber auch vor sich selbst. Lange haben Sie gelernt, immer stark zu sein, nicht aufzugeben, Erfolge und materielle Güter anzuhäufen. Bekommt dieses Bild Risse, wachsen Ängste und Selbstzweifel, wird die glatte Oberfläche langsam aber zunehmend brüchig. Diese Zweifel und auch das eigene Nicht-Perfektsein anzunehmen, ist extrem schwierig. Vor allem, wenn man jahrzehntelang – so wie ich auch – eine Fassade aufrechterhielt und glaubte, Anerkennung über Leistung, Zielerreichung und »Gefallen-wollen« erhalten zu müssen.

      Bei mir kam – wie bei den meisten Männern – erschwerend hinzu, dass ich es nicht gewohnt war, Hilfe von anderen zu erbitten oder gar einzufordern. Auch wenn ich mehrere hundert Mitarbeiter hatte und Budgets im neunstelligen Bereich: Mein Anspruch an mich war, es selber am besten zu wissen und zu können. Nicht aufzugeben und auch immer noch für andere in die Bresche zu springen, obwohl ich selbst Hilfe gebraucht hätte.

      Dann wieder neu anzufangen, als Amateur sozusagen, der bestimmt nicht alles im Griff hat, erfordert Mut und ist für viele ein großes Hindernis für einen Neustart. Schließlich kennt man Sprüche wie: »Schuster bleib bei deinen Leisten.« Also lieber in der gut vertrauten Misere auszuhalten, als etwas Neues zu wagen.

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