Konfuzianismus und Taoismus. Max Weber

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Konfuzianismus und Taoismus - Max Weber

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       Impressum Veröffentlicht im heptagon Verlag Berlin 2012 ISBN: 978-3-934616-53-0 www.heptagon.de Der Text ist ursprünglich erschienen auf der CD-ROM: »Max Weber: Das Werk, herausgegeben von Thomas Müller. Berlin 2000.« Die zu Grunde liegende Textausgabe ist erschienen als: »Konfuzianismus und Taoismus«, in: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Bd. I. S. 276-536. Tübingen 1920. Die originalen Seitenzahlen der Printausgabe sind als pagelist hinterlegt, wir ermöglichen somit das Zitieren in wissenschaftlichen Arbeiten. Wenn Ihr Reader dieses Attribut unterstützt, können Sie also die Originalseitenzahlen im E-Book einblenden.

      Es handelt sich um eine leicht umgearbeitete Fassung des gleichnamigen Aufsatzes, der als erster Teil unter »Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen« erstmalig veröffentlicht wurde, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. Band 41 (1916), S. 31-87 und S. 335-386. Stellen, die im Original in Anführungszeichen stehen, sind in dieser E-Book-Ausgabe kursiv gesetzt. Die Fußnoten Webers wurden übernommen.

      Soziologische Grundlagen.

      A: Stadt, Fürst und Gott.

      Geldwesen.1

      China war, in scharfem Gegensatz zu Japan, schon seit einer für uns vorhistorischen Zeit ein Land der großen ummauerten Städte. Nur Städte hatten einen kanonisierten Ortspatron mit Kult. Der Fürst war vornehmlich Stadtherr. Die Bezeichnung für Staat blieb in offiziellen Dokumenten auch der großen Teilstaaten: Eure Hauptstadt bzw. Meine bescheidene Stadt. Noch im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurde die endgültige Unterwerfung der Miao (1872) durch einen zwangsweisen Synoikismos, eine Zusammensiedlung in Städte, besiegelt, ganz wie im römischen Altertum bis gegen das 3. Jahrhundert. Im Effekt kam vor allem die Steuerpolitik der chinesischen Verwaltung auf eine sehr starke Begünstigung der Stadtinsassen auf Kosten des platten Landes hinaus.2 Ebenso war China von jeher die Stätte eines für die Bedarfsdeckung großer Gebiete unentbehrlichen Binnenhandels. Dennoch aber war, entsprechend der überragenden Bedeutung der agrarischen Produktion, bis in die Neuzeit hinein die Geldwirtschaft schwerlich je so entwickelt wie etwa im ptolemäischen Ägypten. Dafür ist schon – das allerdings teilweise nur als Verfallsprodukt zu verstehende – Geldsystem mit seinem fortwährend zeitlich und überdies von Ort zu Ort wechselnden Kursverhältnis des Kupferkurants zum Barrensilber – dessen Stempelung in den Händen der Gilden lag –, Beweis genug.3 Das chinesische Geldwesen4 bewahrt Züge äußerster Archaistik in Verbindung mit scheinbar modernen Bestandteilen. Das Zeichen für Reichtum bewahrt noch jetzt die alte Bedeutung Muschel (pei). Es scheint, daß noch 1578 Muschelgeldtribute aus Yünnan (einer Minenprovinz!) vorkamen. Für Münzen findet sich ein Zeichen, welches Schildkrötenschale bedeutet,5 Pu pe: Seidengeld, soll unter den Tschou existiert haben und die Leistung von Seide als Steuer hat sich in den verschiedensten Jahrhunderten gefunden. Perlen, Edelsteine, Zinn werden daneben als alte Träger von Geldfunktion genannt und noch der Usurpator Wang Mang (seit 7 n. Chr.) versuchte – vergeblich – eine Geldskala herzustellen, in welcher neben Gold, Silber, Kupfer auch Schildkrötenschalen und Muscheln als Zahlmittel fungierten, während umgekehrt der rationalistische Einiger des Reiches, Schi Hoang Ti, nur runde Münzen, aber – nach einer freilich nicht sehr verläßlichen Angabe – außer Kupfer- auch Goldmünzen (Y und Tsien) hatte schlagen lassen, alle andern Tausch- und Zahlmittel aber – vergeblich – verboten hatte. Silber scheint als Münzmetall erst spät (unter Wu-ti, Ende 2. Jahrhunderts vor Chr.) überhaupt aufzutreten, als Steuer (der Südprovinzen) erst 1035. Zweifellos zunächst aus technischen Gründen. Das Gold war Waschgold, die Kupfergewinnung ursprünglich technisch relativ leicht, Silber dagegen nur durch eigentlichen Bergbau zu gewinnen. Sowohl die Bergbautechnik aber als die Münztechnik der Chinesen ist auf ganz primitiver Stufe stehen geblieben. Die angeblich seit dem 12., wahrscheinlich seit dem 9. Jahrhundert vor Chr. geschaffenen Münzen – erst seit etwa 200 vor Chr. mit Schriftzeichen versehen – wurden gegossen, nicht geprägt. Sie waren daher sehr leicht nachahmbar und an Gehalt sehr verschieden – noch weit verschiedener als, bis zum 17. Jahrhundert, die europäischen Münzen (fast 10% bei englischen Kronen). 18 Stücke der gleichen Emission des 11. Jahrhunderts schwankten nach Biots Wägung zwischen 2,70 und 4,08 g, 6 Stücke der Emission von 620 nach Chr. gar zwischen 2,50 und 4,39 g Kupfer. Schon deshalb allein waren sie kein eindeutig brauchbarer Standard für den Verkehr. Die Goldvorräte wurden wesentlich durch Tatarenbeutegold plötzlich vermehrt, um schnell wieder zu sinken. Gold und Silber wurden daher früh sehr selten, – das Silber, trotzdem die Bergwerke an sich, bei entsprechender Technik, abbauwürdig geblieben wären.6 Kupfer blieb das Kurantgeld des Alltagsverkehrs. Der weit größere Edelmetallumlauf des Okzidents war den Annalisten insbesondere der Han-Zeit sehr wohl bekannt. Die großen, aus den Naturaltributen gespeisten Seidenkarawanen (jährlich eine große Zahl) brachten zwar okzidentales Gold in das Land. (Römische Münzen werden gefunden.) Doch das hörte mit dem Ende des Römerreichs auf und erst die Zeit des Mongolenreichs brachte wieder Besserung.

      Die Wendung brachte erst der Verkehr mit den Abendländern in der Zeit nach der Eröffnung der mexikanisch-peruanischen Silberminen, von deren Ertrag ein erheblicher Teil als Gegenwert gegen Seide, Porzellan, Tee nach China floß. Die Silberentwertung im Verhältnis zu Gold (1368 = 4:1, 1574 = 8:1, 1635 = 10:1, 1737 = 20:1, 1840 = 18:1, 1850 = 14:1, 1882 = 18:1) hinderte nicht, daß die infolge des zunehmenden geldwirtschaftlichen Silberbedarfs steigende Schätzung des Silbers das Kupfer im Preis gegen Silber sinken ließ. Wie die Bergwerke, so war auch die Münzschaffung Regal der politischen Macht: schon unter den 9 halblegendären Behörden des Tschou-li findet sich der Münzmeister. Die Bergwerke wurden teils in Eigenregie mit Fronden,7 teils durch Private, aber unter Ankaufsmonopol der Regierung für die Ausbeute, betrieben;8 die hohen Transportkosten des Kupfers zur Münze in Peking – welche den Überschuß über den Staatsmünzbedarf verkaufte – verteuerten die Münzherstellung beträchtlich. Diese Kosten waren auch an sich gewaltig. Im 8. Jahrhundert (752 nach Ma-tuan-lin) produzierten 99 damals existierende Münzstätten angeblich jede jährlich 3300 Min (à 1000 Stück) Kupfermünzen. Jede bedurfte dazu 30 Arbeiter und verwendete 21.200 Kin (à 550 g) Kupfer, 3700 Blei, 500 Zinn. Der Kostenaufwand betrug auf 1000 Stück davon 750, also: 75%. Dazu trat der exorbitante Münzgewinn, welchen die (monopolisierte) Münze beanspruchte:9 nominell 25%, welcher allein schon den unausgesetzt durch alle Jahrhunderte laufenden Kampf gegen die überaus gewinnbringende Nachprägung hoffnungslos machte. Die Bergwerksdistrikte waren von feindlicher Invasion bedroht. Nicht selten kaufte die Regierung Kupfer für Münzzwecke vom Ausland (Japan) oder konfiszierte private Kupfervorräte, um den hohen Prägebedarf zu sichern. Zeitweilig wurden Regal und Eigenbetrieb auf alle Metallbergwerke überhaupt erstreckt. Die Silberminen zahlten eine sehr bedeutende Royalty (in Kwantung Mitte des 19. Jahrhunderts 20-33 1/3%, bei Verbindung mit Blei 55%) an die betreffenden Mandarinen, deren Haupteinnahmequellen dort diese – gegen eine Pauschalsumme an die Regierung ihnen überlassenen – Einkünfte bildeten. Die Goldminen (besonders in der Provinz Yünnan vorhanden) waren, ganz ebenso wie alle anderen, in kleinen Feldern für den Kleinbetrieb an Minenmeister (Handwerker) vergeben und zahlten je nach Ergiebigkeit bis zu 40% Royalty. Daß alle Minen technisch schlecht ausgebeutet wurden, wird noch aus dem 17. Jahrhundert berichtet: der Grund war – neben den Schwierigkeiten, welche die später zu erwähnende Geomantik machte10 – der allgemeine, später zu erörternde, in der politischen, ökonomischen und geistigen Struktur Chinas liegende Traditionalismus, der auch jede ernsthafte Münzreform immer wieder scheitern ließ. Von Münzverschlechterungen hören wir in der Annalistik schon in alter Zeit (Tschuang Wang und Tsu), auch davon, daß die Oktroyierung der verschlechterten Münzen für den Verkehr scheiterte. Die erste Goldmünzenverschlechterung – seitdem oft wiederholt – wird bereits von King Ti berichtet und auch von den starken Störungen des Handels, die sie herbeiführte, erzählt. Das Grundübel aber waren offenbar die schwankenden Münzmetall-Vorräte,11 unter der gerade der Norden, wo die Verteidigung gegen die Barbaren der Steppe zu führen war, ganz ungleich stärker litt als der mit metallenen Umlaufsmitteln von jeher weit reicher ausgestattete Süden, der Sitz des Handels. Die Finanzierung jedes Kriegs bedingte gewaltsame Münzreformen und Verwendung der Kupfer-Münzen

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