Tod auf der Finca. Alex Conrad
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Eine leichte Brise trug die Salzluft vom Meer herüber und die Takelagen der Segelboote im Jachthafen klirrten leise.
Genussvoll biss sie in das Croissant. Kleine Krümel fielen auf ihre Uniformhose, die sie rasch wegwischte. Nachdem sie das letzte Stück aufgegessen und einen zweiten Kaffee bestellt hatte, nahm sie ihr Handy aus der Tasche. Die Wohnungssuche stand an erster Stelle.
„Hola, liebste meiner Ex-Frauen“, begrüßte sie Peter, als er den Anruf annahm.
„Und deine einzige“, gab Carmen lachend zurück. „Störe ich?“
„Das Lämmchen steht gerade wacklig auf und die Mutter kümmert sich rührend. Also werde ich im Moment nicht gebraucht.“
„War wohl eine schwierige Geburt, wenn die Besitzer sich einen Tierarzt leisten.“
„He, davon lebe ich schließlich. War eine Steißgeburt. Aber du rufst bestimmt nicht an, um dich von meinen Geburtserzählungen langweilen zu lassen.“
Sie sah ihn direkt vor sich, wie er stolz neben dem Lämmchen stand. „Ich suche eine Wohnung in Inca. Kannst du mir helfen?“
„Bist du Palma über oder treibt dich die Sehnsucht in meine Nähe?“
Carmen schüttelte den Kopf. Sie ahnte, dass in dem versteckten Scherz der Frage möglicherweise ein Körnchen Wahrheit steckte. Seit der Trennung war der Kontakt nie abgebrochen und sie hatte bereits mehrmals den Eindruck gehabt, Peter würde gerne einen erneuten Versuch miteinander wagen. Ausgesprochen hatte er es allerdings nicht. Unwillkürlich musste sie lächeln, bevor sie ihm von der Beförderung und der knappen Zeitspanne für einen möglichen Umzug erzählte.
Nachdem er sie beglückwünscht hatte, versprach er, sich umzuhören und am nächsten Tag zu melden.
Carmen warf noch einen Blick zum Meer. In Inca gäbe es keinen Pausenspaziergang am Wasser entlang. Wehmut überkam sie auch beim Gedanken, nicht mehr mit ihrem Kollegen Joan zusammenarbeiten zu können. Und er würde einen neuen Kollegen oder eine Kollegin an seine Seite bekommen … Dabei hatte er eine Beförderung eigentlich auch verdient.
***
„Was ziehst du denn für ein Gesicht?“, begrüßte sie Joan, als Carmen das gemeinsame Büro betrat.
Sie schloss die Tür und setzte sich ihm gegenüber vor seinen Schreibtisch. Auf dem Weg zur Dienststelle, nachdem sie sich umgezogen hatte, waren ihr so viele Dinge durch den Kopf gegangen, doch eine Lösung, wie sie Joan die Neuigkeit mitteilen sollte, hatte sie dabei nicht gefunden.
„Ähm, also …“ Sie knetete ihre Hände.
Joan sah sie auffordernd an.
„Ich gehe weg.“
„Wie? Wohin?“
Grinste er etwa? „Du weißt es schon“, stellte Carmen fest.
Joan sprang auf und ging um den Tisch. „Ja, und ich gratuliere dir.“
Bevor sie aufstehen konnte, hatte er sich zu ihr gebeugt und umarmte sie.
„Du bist nicht sauer?“
„Worauf? Dass du befördert bist und dich künftig mit der Landbevölkerung rumschlagen wirst?“ Lachend schüttelte er den Kopf. „Keine Beförderung wäre es mir wert, Palma zu verlassen. Nein, ernsthaft. Ich würde da auf dem Acker eingehen, ich brauche die Stadt, das Meer, Bars, Singlefrauen.“ Er zwinkerte ihr zu. „Ich hoffe nur, dass sie mir einen würdigen Nachfolger für dich an die Seite stellen, sonst werde ich doch noch wehmütig. Wobei … Wenn ich Glück habe, ist er oder sie ein wenig größer als du.“
Carmen tat, als würde sie einen Radiergummi nach ihm werfen. „Besser ein Meter fünfundsechzig geballte Kraft als ein Schlaffi von ein Meter und achtzig.“
***
Stöhnend schaltete Roberto den Wecker aus. Die letzten Stunden hatte er sich mehr oder weniger schlaflos von einer Seite auf die andere gedreht und sich immer wieder gefragt, warum er es nicht einfach lassen konnte.
Der letzte Abend lief noch einmal vor ihm ab. Fahrig hatte er den Schuldschein unterschrieben.
„Hier, dein Geld“, hatte Amador gesagt und ihm die Geldscheine über den Tisch geschoben.
Roberto nahm es an sich und stopfte es in die Hosentasche, während Amador den Schuldschein in der Schublade des Schreibtisches einschloss.
„Du weißt, in einem Monat ist Zahltag und nicht nur für den Kredit von heute.“ Amador stand auf. „Und ich erwarte, dass du pünktlich hier bist. Mit dem Geld und den Zinsen.“
„Ja, ja.“ Roberto hastete aus dem kleinen Büro und ging zurück in den Raum mit den Pokertischen.
Alle Augen der Mitspieler waren auf ihn gerichtet, als er wieder Platz nahm. Der Tischgroupier, der Robertos Karten in der Zwischenzeit verwahrt hatte, schob sie ihm zu.
„Was ist nun, Roberto?“, fragte sein Gegenüber. „Gehst du mit oder machst du dir in die Hosen?“
Roberto zog die vier Fünfhunderter aus der Tasche. Sollte er? Noch einmal warf er einen Blick auf seine Karten: drei Damen und zwei Neuner. Ein wirklich gutes Full House. Er holte tief Luft, bevor er die zweitausend Euro in die Tischmitte legte. „Ich will sehen!“
Sein Gegenüber hatte langsam die Hand gesenkt, in der er die Karten gehalten hatte. „Full House auf Asse.“
Roberto hatte gewürgt, Kälte war ihm durch den Magen gezogen. Scheiße!
Bei der Erinnerung überkam ihn erneut ein Würgereiz. Es war eine verdammte Sucht. So wie ein Alkoholiker nach einem Schluck gierte, berauschte ihn die Erwartung, wenn sein Einsatz auf dem Tisch lag. Das Adrenalin flutete seinen Körper und alle Sinne richteten sich auf ein einziges Ziel: die nächsten Karten, der erneute mentale Wettkampf mit den Gegnern am Pokertisch. Der Säufer hatte später lediglich einen Kater zu beklagen, während er Schuldschein um Schuldschein bei Geldhaien unterschrieb und ein Ausweg in immer weitere Ferne rückte.
Mit schlurfenden Schritten ging er ins Badezimmer. Noch hatte er ein Bad. Wenn nicht bald Geld reinkäme, würde er spätestens in zwei Monaten die Miete nicht bezahlen können. Wie gerne wollte er mit allem aufhören, doch die Gier nach dem Adrenalin des Spiels zwang ihn nach wenigen Tagen erneut, die geheimen Plätze aufzusuchen, an denen die Gleichgesinnten ihrer Sucht nachgingen. Ein einziges gutes Spiel könnte alles drehen. Er wäre seine Schulden los und … Er schüttelte den Kopf. Nichts und … Er würde hingehen und die Spirale von Neuem in Gang setzen. Aber irgendwann musste er doch auch wieder Glück haben. Vor einem halben Jahr war er schuldenfrei gewesen – nach einem einzigen Abend und einem Gewinn von vierzehntausend Euro. Er brauchte bloß ein wenig Startkapital, dann …
***
Roberto parkte sein Auto vor der Schinkenfabrik. Noch hatte er zehn Minuten bis Arbeitsbeginn. Er öffnete das Fenster, schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen und steckte sie an. Genussvoll atmete er ein, während er das Handy aus der