Tod auf der Finca. Alex Conrad
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„Buenos días, Opa, hier ist Roberto.“
„Was willst du? Ich habe nicht viel Zeit. Eduardo wartet auf sein Futter.“
War ja klar, dass der Zuchteber wie immer Vorrang hatte. „Geht es ihm gut?“
„Du überraschst mich. Seit wann interessiert dich der Prachtbursche?“
Da wollte er einmal nett sein und schon stellte sein Opa das infrage. Roberto zog an der Zigarette. „Geht es dem Eber gut, geht es dir gut. Dachte ich.“
„Wir fühlen uns beide prächtig. Also, was willst du?“
Roberto drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. „Ich … also da ist so eine …“
„Warte einen Moment.“
Roberto hörte, wie sein Großvater zu jemandem sprach: „Nein und nochmals nein. Für deine Sauen gebe ich Eduardos Sperma nicht her. Solange du nicht reinrassig züchten willst, kannst du das vergessen … das ist nicht verhandelbar.“
Das musste der Nachbarzüchter Miquel sein, mit dem sein Opa seit einiger Zeit im Streit lag. Wie aus der Ferne vernahm Roberto die Stimme des anderen: „Cabezón!“ Und anschließend hörte er Schritte, als der andere sich anscheinend von seinem Großvater entfernte. Roberto musste dem Mann zustimmen, denn Sturkopf traf auf seinen Opa wirklich zu.
„So, da bin ich. Also, du brauchst wieder mal Geld“, sagte Antonio.
„Hilfst du mir?“
„Ich habe dir schon zu oft geholfen, doch jetzt ist damit Schluss. Selbst deine Eltern, würden sie noch leben, hätten dir schon längst den Geldhahn zugedreht.“
„Aber Opa, es ist wirklich das letzte Mal, bitte“, flehte Roberto.
„Nein! Und du solltest auch nicht auf ein üppiges Erbe spekulieren, denn ich werde demnächst mein Testament erstellen und alles dem Verein zum Erhalt der Rasse des mallorquinischen Schweins vermachen. Die werden sich dann auch anständig um Eduardo und seine Nachkommen kümmern.“
Diese Worte drückten Roberto direkt die Magensäure nach oben. Er schluckte und rieb mit der Handfläche über das Brustbein. „Ich bin doch dein Enkel … dein einziger.“
„Glaubst du, ich bin dement? Ich muss jetzt. Adios.“
Roberto setzte zu einer Erwiderung an, doch das Tuten zeigte an, dass sein Opa bereits aufgelegt hatte. Zwar konnte er ihn nicht enterben, zumal Roberto der einzige noch lebende nahe Verwandte war, … aber nur der Pflichtteil? „Verdammter Sturkopf!“
Nachdem er seine Schutzkleidung angezogen hatte, ging er in die Arbeitshalle und füllte die ersten Rollcontainer mit den Schweineteilen zur Weiterverarbeitung, die an andere Betriebe geliefert wurden. Was übrig blieb, warf er in den Container mit den Schlachtabfällen.
War man kein Zuchtschwein, durfte man zwar mindestens zwei Jahre durch die Eichenwälder toben, landete aber am Ende hier und die Keulen erfreuten irgendwann die Zungen der Gourmets, die sich diese Schinken leisten konnten. Nur zu Weihnachten kamen die Angestellten in den Genuss, wenn zur Betriebsfeier einige der Keulen für alle aufgeschnitten wurden.
Fast alles vom Schwein wurde genutzt und so blieben nur wenige nicht brauchbare Innereien und Knochen übrig. Selbst Nase und Ohren fanden Verwendung in Eintöpfen. Roberto warf einen der übrig gebliebenen Schädel samt Gebiss mit nur noch wenig Fleisch daran zu den Schlachtabfällen. Daraus ließ sich nun wirklich nichts mehr machen, besonders seit auch ganze Köpfe nicht mehr für die rustikale Bauernküche gefragt waren. Selbst Auskochen brachte keinen guten Ertrag an Knochenmark und die Futterfabriken wollten sie ebenfalls nicht zu Mehl verarbeiten, da es zu umständlich war, vorher die Zähne alle zu ziehen. Obwohl den kastrierten Ebern die Hauer erst gar nicht richtig wuchsen und falls doch, sie abgeschliffen wurden, waren die Schneidezähne nicht minder gefährlich. Roberto musste aufpassen, sich nicht an ihnen zu verletzen.
„Du stierst auf die Zähne, als überlegst du, sie für die Zahnfee unters Kopfkissen zu packen.“ Sein Kollege Felipe stieß ihn lachend in die Seite.
„Ich bin nur vorsichtig.“ Mit Schwung schob er den Rollcontainer zum Ausgang.
„Na, du bist heute ja wieder mal gut gelaunt.“ Felipe ging neben ihm. „Du brauchst echt mal bald eine Freundin, dann bist du morgens zwar müde, aber dafür lassen dich die Hormone grinsen.“
Roberto blieb stehen. „Du willst mich bloß wieder verkuppeln. Das ging schon das letzte Mal schief.“
„Ich gebe ja zu, ich wusste nicht, dass Elena so schräg drauf ist und einen Kontrollwahn hat.“
„Das war nicht nur ein Wahn. Die ist besessen, so wie die mich gestalkt hat. Aber das Schlimmste war, wie sie mir diese Spionageapp auf mein Handy geladen hat, damit sie immer wusste, wo ich bin.“ Er schüttelte den Kopf. „Dann lieber allein.“ Elena hatte ihn mit einem Küchenmesser in der Hand erwartet, weil sie dachte, er würde sich im Rotlichtviertel von Zafra mit Frauen amüsieren. Dabei hatte er nur im Hinterzimmer gezockt. Gerade so hatte er es ihr aus der Hand reißen können. Auf die Polizei hatte er verzichtet, sonst hätte er erklären müssen, wo er gewesen war. Glücklicherweise war Elena kurz danach von ihrer Firma nach Madrid versetzt worden.
Felipe legte die Hand auf seine Schulter. „Ich mein ja nur.“ Er sah auf die Uhr. „Mittagspause.“
Zwei
Nachdenklich strich Carmen mit der flachen Hand über ihren Schreibtisch.
„Irgendwie habe ich das Gefühl, dass dich noch immer was bedrückt.“ Joan sah sie eindringlich an. „Komm, lass es raus. Viel Gelegenheit wirst du nicht mehr haben, mir dein Herz auszuschütten.“ Er nickte ihr aufmunternd zu.
Sie schluckte. Sollte sie Joan ausgerechnet jetzt, wo sie nur noch wenige Tage hier mit ihm zusammenarbeiten würde, von dem Angriff erzählen? Bisher hatte sie sich nicht wieder verfolgt gefühlt und bald wäre ihr Arbeitsfeld Inca und sie weg aus Palma. „Du wirst mir fehlen.“
„Du mir auch“, sagte Joan gepresst. „Aber das ist nicht alles, oder?“
Carmen überlegte kurz, wie sie ihre Gedanken am besten in Worte fassen konnte. „Weißt du, zuerst einmal gibt es da wohl einen Kollegen in Inca, der auch gut an der Reihe hätte sein können, und ich habe Angst, dass er sich übergangen fühlt und …“
„Stopp“, unterbrach Joan. „Du hast dich weder aktiv dorthin beworben noch irgendetwas getan, damit das passiert. Dein neuer Kollege wird das bestimmt ähnlich sehen oder hat er ein Bewerbungsschreiben eingereicht?“
„Soweit ich weiß nicht.“
„Na siehst du.“ Joan rollte mit seinem Bürostuhl vor ihren Tisch. „Was noch?“
„Die langen Dienstwege.“ Erneut strich Carmen mit der Handfläche über die Tischplatte. „Du weißt, wie eng wir hier mit dem jeweiligen Ermittlungsrichter zusammenarbeiten und wie unbürokratisch in den meisten Fällen unsere Anfragen an die Rechtsmedizin, die Ballistiker oder Informatiker bearbeitet werden. Wir haben mehr oder weniger freie Hand, es reicht ein Anruf, insbesondere wenn Julián die Koordination leitet. Da bekommen wir fast immer sofort das Okay und er kümmert sich, dass der Ermittlungsrichter alle erforderlichen Anordnungen