Tod auf der Finca. Alex Conrad
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„Du weißt aber schon, dass …“, setzte Joan an, als das Telefon klingelte und er abhob.
Carmen kannte fast jeden seiner Gesichtsausdrücke und das energisch vorgeschobene Kinn mit leicht gespitzten Lippen, während er zuhörte, deutete auf einen Einsatz hin. Sie stand auf und ging bereits an die Tür.
„Sind gleich da.“ Joan legte den Hörer auf.
Carmen hielt ihm die Tür auf. „Was gibt es?“
„Schreie aus einer Wohnung. Die Nachbarin hat angerufen. Kollegen der Eingreiftruppe sind auch schon unterwegs.“
Gemeinsam rannten sie die Treppen hinunter in die Tiefgarage zum Einsatzwagen und zogen die Schutzwesten an.
Joan setzte sich ans Steuer und während er aus der Garage fuhr, rief Carmen die Leitstelle an und bat um die Telefonnummer der Nachbarin, die angerufen hatte.
Auf Joans Fahrkünste konnte sie sich verlassen, weshalb Carmen sich auf das Telefonat konzentrierte.
Als die Nachbarin ans Telefon ging, stellte sich Carmen kurz vor und fragte: „Wie oft gab es bisher nebenan Streit?“
„In der letzten Zeit wurde es schon häufiger mal laut, aber nicht so wie heute.“
„Was ist anders?“
„Immer wieder Schreie, aber dann einer, so schrill, das habe ich noch nie gehört.“
Carmens Kopf wurde gegen die Scheibe gedrückt, als Joan rasant um eine Kurve fuhr. Sie konzentrierte sich erneut. „Und dann?“
„Ja, danach war alles leiser.“
„Noch eine Frage: Leben Kinder in der Wohnung?“
„Nein.“
„Danke“, sagte Carmen hastig, als Joan abrupt bremste und auf dem Bürgersteig vor einem sechsstöckigen Haus parkte. Vor ihnen standen bereits zwei Einsatzwagen der uniformierten Kollegen, die sich gerade am Hauseingang besprachen.
„Und?“, fragte Joan, während sie beide zu den Kollegen liefen.
„Zum Glück keine Kinder.“ Carmen wandte sich an den Brigadeführer. „Die Nachbarin rief an, als es einen besonders schrillen Schrei gab, danach wurde zwar immer noch geschrien, aber leiser. Wir gehen vom Mann und seiner Frau aus. Von ihr stammte wahrscheinlich der Schrei.“
„Alle Szenarien sind denkbar“, ergänzte Joan.
Der Brigadeführer nickte und ging mit vier Männern voran ins Treppenhaus. Weitere Männer und Frauen aus dem zweiten Einsatzwagen liefen um das Haus, um mögliche Fluchtwege abzusperren.
Der vorsorglich gerufene Rettungswagen hielt auf der Straße.
Vor der Wohnungstür im dritten Stock blieben Carmen und Joan seitlich mit der Waffe im Anschlag stehen.
Neben dem Brigadeführer hatten zwei Kollegen mit einem Rammbock vor der Tür Stellung bezogen.
Der Brigadeführer hämmerte an die Tür. „Aufmachen, Polizei!“
Keine Reaktion.
Erneut forderte er auf, die Tür zu öffnen.
Die Geräusche, die aus der Wohnung drangen, konnte Carmen nicht wirklich zuordnen: Ein Möbelstück, was gezogen wurde, oder ein Körper, den jemand über den Boden schleifte?
Egal, sie konzentrierte sich auf das Angriffszeichen.
Die Tür sprang unter dem Stoß der Ramme sofort weit auf und Carmen stürmte mit Joan an der Seite den uniformierten Kollegen hinterher.
Eine frische Blutspur führte vom Eingangsbereich in das Wohnzimmer. Wahrscheinlich hatte das Opfer zuvor versucht, die Wohnung zu verlassen, war aber nur bis in den langen Flur gekommen.
Am Ende des Ganges stand ein großer Garderobenschrank zwischen den offen stehenden Türen von Wohnzimmer und Küche. Davor lag seitlich ein Badezimmer, in das einer der Kollegen nun vorsichtig ging.
Aus Wohnzimmer, Küche und Bad kam jeweils der Ruf: „Gesichert!“
Zwei weitere Zimmer gab es noch. Der Brigadeführer setzte gerade die ersten Handzeichen an seine Kollegen, als Carmen aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm.
Blutbesudelt mit einem Messer in der Hand stürmte der Mann aus dem Schrank und rannte ins Wohnzimmer auf den Balkon zu.
„Stehen bleiben!“ Carmen hechtete dem Mann hinterher.
Noch bevor Joan oder die Kollegen bei ihr waren, hatte sie den Mann erreicht, stürzte sich in seinen Rücken, riss ihn zu Boden. Mit dem rechten Fuß trat sie ihm das Messer aus der Hand, das über den Fliesenboden schlitterte.
Joan zog ruckartig beide Arme des Mannes zu sich und legte ihm Handfesseln an.
„Opfer im Schlafzimmer!“, rief der Brigadeführer und funkte den unten wartenden Notarzt an.
***
Endlich ging die Schicht zu Ende und Roberto brachte die letzten Schlachtabfälle des Tages nach draußen.
Felipe lehnte an der Wand der Halle und rauchte. „Lust auf ein Feierabendbier?“
Warum eigentlich nicht? Während er Felipe zunickte, griff er in den Container. „Ah! Mist.“ Hastig zog Roberto seine Hand zurück. Blut lief aus dem Riss in seinem Handschuh. Einer der scharfkantigen Schneidezähne hatte ihm den Daumenballen aufgeschlitzt. Er drückte mit der anderen Hand dagegen.
„Soll ich den Arzt rufen?“ Felipe kam zu ihm. „Sieht übel aus.“
„Bis zum Betriebsarzt schaffe ich es noch selbst. Kannst du hier den Rest machen?“
„Geh schon.“ Felipe nickte. „Und danach brauchst du erst recht ein Bier. Ich warte auf dem Parkplatz.“
Mit vier Stichen hatte der Arzt die Wunde genäht. „Tetanus ist noch aktuell?“
„Ja. Die letzte Impfung war vor zwei Jahren.“
Der Arzt legte einen Verband an. „Ich gebe dir noch Schmerzmittel und Antibiotika mit.“ Er ging zum Schreibtisch und holte aus der Schublade zwei Medikamentenpackungen. „Krankschreiben werde ich dich auch für eine gute Woche.“
„Geht es nicht auch ohne?“ Schon am nächsten Wochenende fand die Hochzeit statt, zu der er nach Mallorca reisen wollte. Die entfernte Cousine war ihm vollkommen egal, aber er hoffte, in einem persönlichen Gespräch seinen Opa doch noch überzeugen zu können. Da kam es nicht gut beim Arbeitgeber, wenn er kurz vorher oder gar währenddessen krankgeschrieben war.
Über den Brillenrand sah ihn der Arzt an. „Machen wir es folgendermaßen. Da heute Freitag ist, kommst du am Montagmorgen vor Schichtbeginn zu mir und ich sehe mir die Wunde an. Verheilt sie gut und zeigt keine Entzündung, kannst du arbeiten.“
„Prima.“ Erleichtert nahm Roberto die Medikamente entgegen und verabschiedete sich.