Maigret, Lognon und die Gangster. Georges Simenon

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Maigret, Lognon und die Gangster - Georges  Simenon Georges Simenon

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Ringe, die Nase war spitz, und unaufhörlich legte sie die Hand links auf ihre Brust, wie jemand mit einer Herzkrankheit.

      »Ich habe lieber nichts angerührt, so können Sie sich selbst überzeugen …«

      Die Wohnung war winzig: Esszimmer, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und Bad, alles beengt, mit Türen, die man wegen der Möbel nicht richtig öffnen konnte. Auf dem Bett lag zusammengerollt ein schwarzer Kater.

      Madame Lognon hatte Maigret ins Esszimmer geführt, ganz offensichtlich wurde das Wohnzimmer nicht benutzt. Die Schubladen des Buffets enthielten kein Besteck, sondern Papiere, Notizhefte, Fotos, völlig durcheinandergewühlt; auf dem Fußboden lagen Briefe.

      »Ich glaube«, sagte er und zögerte, seine Pfeife anzustecken, »Sie beginnen besser mit dem Anfang. Eben, am Telefon, da war die Rede von Gangstern.«

      Vorher jedoch sagte sie im Tonfall eines Menschen, der längst ergeben ist ins Leiden:

      »Rauchen Sie nur Ihre Pfeife.«

      »Danke.«

      »Sehen Sie, seit Dienstag früh …«

      »Also seit vorgestern?«

      »Ja. Diese Woche hat Lognon Nachtdienst. Dienstag früh ist er kurz nach sechs hier gewesen, wie gewöhnlich. Aber anstatt gleich ins Bett zu gehen nach dem Essen, ist er mehr als eine Stunde lang in der Wohnung herumgelaufen, mir wurde davon ganz schwindlig.«

      »Wirkte er besorgt?«

      »Sie wissen ja, er ist äußerst gewissenhaft, Herr Kommissar. Ich sage es ihm ständig, er ist zu gewissenhaft, er ruiniert sich die Gesundheit, und niemand ist ihm dankbar. Ich bitte um Verzeihung, ich spreche sehr offen, aber Sie müssen zugeben, man hat ihn nie gebührend gewürdigt. Er ist ein Mann, der nur an seinen Dienst denkt, der sich aufreibt …«

      »Also, Dienstag früh …«

      »Um acht ist er hinunter, auf den Markt. Ich schäme mich dafür, aber ich bin eine gebrechliche Frau, sozusagen zu gar nichts gut, doch es ist nicht meine Schuld. Der Doktor verbietet mir das Treppensteigen, deshalb muss Lognon gehen und das Nötige besorgen. So was ist keine Aufgabe für einen Mann wie ihn, ich weiß. Jedes Mal, wenn …«

      »Dienstag früh?«

      »Er war einkaufen. Dann hat er gesagt, er müsse kurz ins Büro, es daure wohl nicht lange, und schlafen wollte er am Nachmittag.«

      »Er hat nichts gesagt über den Fall, um den es ging?«

      »Er sagt nie etwas davon. Wenn ich ihm versehentlich doch mal eine Frage stelle, dann antwortet er, ihn binde das Berufsgeheimnis.«

      »Danach war er nicht wieder hier?«

      »Doch, gegen elf.«

      »Am selben Tag?«

      »Ja, Dienstag, vormittags gegen elf.

      »War er immer noch nervös?«

      »Ich weiß nicht, ob er nervös war oder ob es an seiner Erkältung lag, er hatte nämlich Schnupfen. Ich habe gesagt, er müsse sich schonen. Er hat geantwortet, er werde sich später schonen, wenn er Zeit hat, jetzt müsse er wieder weg, aber er komme zum Abendessen nach Hause.«

      »Ist er gekommen?«

      »Einen Moment! Mein Gott! Jetzt muss ich dran denken! Was, wenn ich ihn nie wiedersehe! Und ich habe ihm noch Vorwürfe gemacht, ich habe gesagt, er kümmere sich nicht um seine Frau, immer nur um seine Arbeit …«

      Maigret wartete ergeben, auf diesem unbequemen Stuhl mit viel zu gerader Lehne, doch er wagte nicht zu kippeln, denn der wirkte nicht solide.

      »Es war vielleicht nicht mal eine Viertelstunde, nachdem er weg war, gegen eins, da habe ich Schritte gehört im Treppenhaus. Ich dachte mir, es sei jemand für die Frau im sechsten Stock, unter uns gesagt, eine Person, die …«

      »Ja. Also Schritte im Treppenhaus …«

      »Sie haben auf meiner Etage Halt gemacht. Ich hatte mich gerade wieder hingelegt, der Doktor hat es mir so verordnet, nach dem Essen. Es hat an der Tür geklopft, aber ich habe nicht geantwortet. Lognon hat mir aufgetragen, dass ich niemals antworte, wenn die Leute nicht den Namen sagen. Man kann nicht arbeiten so wie er, ohne dass man sich Feinde macht, hab ich nicht recht? Ich war ganz überrascht, als ich hörte, wie die Tür aufgeht, dann Schritte im Flur, im Esszimmer. Sie waren zu zweit, zwei Männer haben hereingeschaut ins Schlafzimmer, und sie haben mich gesehen, im Bett.«

      »Konnten Sie die zwei beobachten?«

      »Ich habe sie aufgefordert zu gehen, habe gedroht, ich rufe die Polizei; ich habe sogar die Hand ausgestreckt zum Telefon, das steht auf dem Nachttisch.«

      »Und dann?«

      »Einer von beiden, der kleinere, zeigte mir seinen Revolver, er hat etwas gesagt in einer Sprache, die ich nicht kenne, es war wohl Englisch.«

      »Wie sahen die zwei aus?«

      »Ich weiß nicht, wie ich sagen soll. Sie waren sehr gut gekleidet. Beide rauchten eine Zigarette. Den Hut hatten sie aufbehalten. Sie schienen überrascht, dass sie nichts gefunden haben, irgendwas oder irgendwen.

      ›Falls es mein Mann ist, den Sie suchen …‹, habe ich gesagt.

      Die haben gar nicht zugehört. Der Größere hat eine Runde gemacht, durch die ganze Wohnung, und der andere hat auf mich aufgepasst. Ich weiß noch, sie haben unters Bett geguckt, in die Schränke.«

      »Die Möbel haben sie nicht durchgewühlt?«

      »Die zwei da nicht. Geblieben sind sie höchstens fünf Minuten, haben nichts gefragt, sind in aller Ruhe weggegangen, wie nach einem ganz gewöhnlichen Besuch. Natürlich bin ich schnell ans Fenster gelaufen, und ich habe gesehen, wie sie unten auf dem Gehsteig miteinander reden, neben einem großen schwarzen Auto. Der Größere ist eingestiegen, der andere ist weitergegangen bis zur Ecke Rue Caulaincourt. Ich glaube, er ist hinein in die Bar. Ich habe sofort meinen Mann angerufen, in seinem Büro.«

      »War er da?«

      »Ja. Er war gerade angekommen. Ich habe ihm alles berichtet, was passiert ist.«

      »War er überrascht?«

      »Schwer zu sagen. Am Telefon ist er immer seltsam.«

      »Sollten Sie ihm die beiden Männer beschreiben?«

      »Ja. Ich habe es auch gemacht.«

      »Machen Sie’s noch mal.«

      »Sie hatten alle beide sehr dunkle Haare, wie Italiener, aber ich bin sicher, Italienisch haben sie nicht gesprochen. Ich glaube, der Wichtigere war der Große, ein schöner Mann, wirklich, ein klein bisschen zu dick, ungefähr vierzig. Er wirkte, als käme er gerade vom Friseur.«

      »Und der Kleine?«

      »Viel gewöhnlicher, mit einer gebrochenen Nase und Ohren wie ein Boxer, einem Goldzahn ganz vorne. Er hatte einen perlgrauen Hut und einen grauen Mantel, der andere einen nagelneuen

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